Эдгар Аллан По

50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2


Скачать книгу

– Keine Abordnung!«

      »Nichts Neues! – Keine Abordnung!« fielen einige ein, andere riefen: »Fort mit der Blutfron!«

      Peter Thugi saß da wie ein Gerichteter, dem man das Leben zu schenken im Begriffe steht.

      Mit Hilfe seiner großen Verwandtschaft beschloß die Gemeinde, die Abordnung an den Regierungsrat zu schicken, und bestellte sie aus dem Glottermüller, zwei weiteren Anhängern des Alten, dem Garden und dem Bockjeälpler, der halb an Josi Blatter glaubte. Den Presi aber überging die Gemeinde in der Wahl.

      Bis die Abordnung über die Antwort der Regierung Bericht erstatte, solle Peter Thugi bei seinem Los behaftet sein.

      Ein Krieg hätte das Dorf nicht mehr aufregen können als der erstaunliche Ausgang der Losgemeinde.

      »Der Presi,« höhnten einige grimmig, »hat uns mit seiner schlangengescheiten Zunge wieder einmal erwischt. Hütet euch.«

      »Daß Josi Blatter mit seinem Gelübde gerade auf die Zeit zurückgekehrt ist, wo die Wildleutlawine gegangen ist, bedeutet etwas – ein großes Glück oder ein noch größeres Unglück,« meinten andere.

      Nach der Losgemeinde hat Eusebi noch einen Gang zu machen. Vroni wandelt mit Josi durch das ergrünende Feld und schaut den schweigsamen Bruder mit ihren blauen treuen Augen traurig, doch mit grenzenloser Bewunderung an.

      »Josi,« sagt sie, »du bist also der Mann, der uns geweissagt ist in den alten Heligen-Wasser-Sagen, die da melden: Es wird einer kommen, der stärker ist als Matthys Jul, und wird St. Peter von der Blutfron an den Weißen Brettern erlösen. Du bist also der Mann, Josi!«

      »Ich hoffe es!« erwidert er mit einem bleichen Lächeln.

      »O Josi,« versetzt sie, »es ist schwer, dieses Mannes Schwester zu sein – – und in den alten Sagen steht auch, es müsse eine Jungfrau über dem Werke sterben.«

      Er zuckt heftig zusammen, er schlingt den Arm um die Hüfte Vronis. »Ich weiß nur, daß ich mein Gelübde erfüllen muß,« sagt er ernst, »es ist für Binia, dafür, daß sie rein und treu geblieben ist. Und wenn es sein muß, sterben wir beide für das Werk, aber gewiß nicht eines allein.«

      Da sieht Vroni das grüne Feld nicht mehr, durch das Peter Thugi, der vom Los Getroffene, mit seinen Kleinen kommt. Er spricht zu ihnen: »Seht, das ist der Mann, der euren Vater retten wird;« er wendet sich zu den Geschwistern: »O Josi – könnte ich es dir einmal danken, was du an diesen Kleinen thun willst.«

      »Siehst du, Vroni,« sagt Josi bewegt, »und ich kann nicht glauben, daß ein Segen zuletzt in einem Unglück endet. – Wenn es aber wäre – so thue ich doch, was ich muß.«

      Kapitel Achtzehn

      Der Presi sitzt im Bären auf seinem Zimmer, aber es ist nicht der Presi, der das Zünglein der Wage wie schon oft in der Gemeindeversammlung mit hinreißendem Wort geschwenkt hat, er ist ein alter gebrochener Mann. »Seppi Blatter – Fränzi,« stöhnt er, »seid ihr jetzt mit mir zufrieden? – Ob das Herz entzwei kracht, ich habe mich gewendet – ich habe für euern Josi geredet – ich will noch mehr thun, ich will ihm zu seinem Werk helfen – ich will Frieden – Frieden – mit euch und eurem Sohne Josi – den ich geschlagen habe – den ich achte und liebe.«

      Seit er den jungen Mann gesehen hat, wie er sich in Bescheidenheit erhob, wie er mutig und mutiger redete, faßt er es nicht mehr, wie er Josi Blatter jemals hat gram sein können. Sein Plan ist groß. Wie er ist noch keiner im Bergland aufgestanden. Josi und Binia! Wenn's sein könnte – aber – – er brütet wieder.

      Da schwankt Binia zu ihm herein, blaß, müd und auf den schmalen Wänglein doch einen Schimmer des Glücks.

      O, sie ist rührend schön, die blasse Binia.

      Sie nimmt die Hand des Vaters in ihre Händchen: »Vater, ich danke dir, daß du für Josi eingestanden bist.« Ein schmerzliches Lächeln geht über ihr bleiches Antlitz.

      »Du liebst ihn noch, Vogel, Herzensvogel – gelt, ich kann für dich – und für Josi Blatter viel thun.« Sein Haupt zittert, sie sinkt vor ihm nieder – er streichelt ihren Scheitel: »Kind – ich möchte Frieden machen. – Bini – ich möchte noch einmal glücklich sein – und wenn es nur ein Jährchen wäre. – Bini, ich wollte, deine Mutter lebte noch. Beth, mein guter Engel. – Ich wäre mit ihr nicht so weit gekommen und das Hintersichkrebsen wäre nicht so schwer. – Josi Blatter ist ein Mann wie ein Held – ich will für ihn kämpfen. Wenn mich die von St. Peter schon nicht in die Abordnung gewählt haben, so gehe ich doch für ihn in die Stadt, und ob das Dorf mich haßt, so bin ich vor der Regierung noch der Presi von St. Peter. – Soll ich gehen, Kind?«

      »Ja, Vater, ja.«

      Herzzerbrechend weint die knieende Binia.

      »Bini – Gemslein,« hebt der Presi wieder an, »ich kann deine blassen Wangen nicht mehr sehen – sie töten mich – Bini, bekomme rote Wänglein – laß die Geschichte von Thöni nur erst still werden – dann nimm in Gottes Namen Josi – ich habe ihn lieb – und lache wieder einmal mit deinem glücklichen Kinderlachen.«

      Binia zuckt und windet sich in Qualen des Glücks – und des Elends. Wahnsinnig küßt sie die Hände des Vaters und dann schaut sie ihn an so rührend, so hoffnungslos. Und ihr Stimmchen bebt wundersam: »Vater, es ist zum Kinderlachen zu spät!«

      Da wird er in gräßlicher Angst plötzlich wieder der alte, böse Presi. Er zischt sie an: »Zu spät – Bini, du hast wohl können so eine Komödie machen, bis du dich zu Thöni gefunden hast. Du bist ja doch zu weit mit ihm gekommen.«

      »Nein –. Vater – nein!« Es tönt wie ein zersprungenes Glöcklein.

      »Warum bist du denn so blaß – so hinfällig? – Ich habe es ja selber gesehen, wie du aus seiner Kammer gekommen bist.«

      Binia wimmert nur, etwas Schweres schließt ihr den Mund. – Sie schwankt empor, sie tappt davon wie eine Trunkene.

      Sie ist in ihrer Kammer, sie kniet an ihrem Bett: »Mutter – Mutter – es ist entsetzlich – das glaubt der Vater – ich hätte mich mit Thöni vergangen! – Und ich darf ihm die Wahrheit nicht sagen, warum ich mein Kinderlachen verloren habe. Er würde daran sterben.«

      Und sie wimmert, wie der Engel wimmerte, den man aus dem Himmel stieß.

      »Mutter – Mutter – wie sind wir unglücklich. – Aber gelt, Mutter, liebe Mutter, Josis Werk kann uns erlösen – er, der so viele erlöst, kann auch uns befreien. Ich bin an allem schuld. – Und den gräßlichen Vorwurf des Vaters muß ich tragen – Mutter – um des Vaters selber willen – hilf mir schweigen.«

      Was Binia noch sonst sagt, ist stammelndes Gebet.

      Der Presi aber ist noch nicht zu Ende mit seinem Zorn, die furchtbare Angst um Binia erzeugt seine Wut immer neu. Er rennt hinunter zu Frau Cresenz, er donnert sie an: »Was sagt Ihr eigentlich zu der Geschichte von den Briefen – was sagt Ihr zu dem elenden Gesichtchen meiner Bini? – Wohl, wohl, Ihr habt mir mit Eurem Neffen einen saubern Schuft ins Haus gebracht. – He, Frau Cresenz – gestupft und getrieben habt Ihr Tag und Nacht an mir, daß ich Bini dem Thöni gebe – und er hat mich getrieben, daß ich den verfluchten Neubau angefangen habe.«

      Frau Cresenz, die kühle und geduldige Frau, wischt sich, wie er nicht aufhört zu wüten, mit der Schürze die Thränen ab: »Präsident,« sagt sie entrüstet, »ungerecht bleibt Ihr, bis Ihr sterbt! Ich habe auf Thöni, den Speivogel, gar nicht viel gehalten. Denkt aber an den Wintertag, an dem Ihr mit Thöni, aus Freude darüber, daß Blatter tot sei, wie toll getrunken und die Gläser miteinander ins Leere gestoßen habt: ›Zum Wohl, Seppi Blatter, zum Wohl, Josi Blatter, du Laushund.‹ Habt Ihr da nicht geahnt, daß es ein Unglück giebt?

      »Schweigt!« schreit der Presi entsetzt, ihm ist, als zünde ihm jemand mit einer Fackel ins Gesicht; er ist seiner Zunge nicht mächtig, er würde sonst Frau Cresenz nicht so lange haben reden