Jürgen Stiefl

Finanzmanagement


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bei meiner Ausgangsfrage, beschäftige ich mich überhaupt noch mit der BWL, da die Welt, glaubt man den Medien, sowieso durch die gewählten oder auch nicht gewählten Staatoberhäupter vor dem Gesamtkollaps steht?

      Ich habe mich dann nach diesen Warumfragen wieder beruhigt und mir selbst folgende Antworten gegeben:

      Es gab auch »kurz« nach dem zweiten Weltkrieg z. B. mit der Kubakrise, dem Vietnamkrieg und der atomaren Wettrüstung sehr heikle Situationen, die aber »damals« nicht in der heutigen Geschwindigkeit an jeden Haushalt weitergegeben wurden. Es wird also auch heute nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

      Ich habe keine Ahnung von Twitter, dieses Medium auch noch nie benutzt und auch kein Interesse, an einer Scrum-Schulung teilzunehmen, damit man mir die ca. 1.100 Emojis und deren Sinn erklärt. Auch wäre ein solcher Crashkurs für mich als Laie sicher zeitlich unzureichend und ich würde vielleicht diese Emojis falsch oder unzureichend der Aktiv- und Passivseite einer Bilanz oder dem Zähler oder Nenner eines Bruches zuordnen.

      Die alles für mich entscheiden Antwort ist aber viel einfacher. Ich liebe meinen Beruf und damit auch das Schreiben von Büchern. Damit herzlich Willkommen und viel Spaß und Erfolg beim Lesen und erlernen der Kapitel dieses Buches und damit eventuell Ihres Studiums!

      Diese dritte Ausgabe von »Finanzmanagement unter besonderer Berücksichtigung von kleinen und mittelständischen Unternehmen« hat inhaltlich den gleichen Aufbau wie die Zweitausgabe. Neben dem Management der Kapitalbeschaffung, also der Finanzierung, wurde aber auch das Management der Kapitalverwendung und damit die Investition eingearbeitet. Ferner wurden auch diesmal neue Erkenntnisse aus meinen Vorlesungen, betriebswirtschaftlichen Seminaren sowie sich verändernde Rahmenbedingungen eingebaut. Besonders hervorzuheben sind hier mit Basel III die gesetzlichen Änderungen im Bereich des Risikomanagements und die gegenüber der zweiten Auflage modifizierten Unternehmensbewertungsmethoden für kleine und mittlere Unternehmen, was bei der Ertragswertmethode unter IDW S1 seinen Niederschlag findet.

      Jürgen Stiefl

      Juni 2020

      1 Grundlagen der Investition und Finanzierung

      1.1 Zielsetzung des Buches

      Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre gehören die Finanzierung und die Investition zu den traditionsreichsten und damit automatisch zu den am intensivsten erforschten Gebieten. Warum aber ist das so? Offensichtlich ist es bspw. von zentraler Bedeutung, ob das Geld, das für den unternehmerischen Leistungsprozess benötigt wird, schnell und kostengünstig besorgt und angelegt werden kann. Aus Risikoüberlegungen heraus kommt der Frage eine elementare Bedeutung zu, wie hoch das unmittelbar haftende Kapital einer Gesellschaft ist. Liegt der Fokus des Betrachters auf dem Rentabilitätsaspekt, ist für ihn die Frage wichtig, wie sich das eingesetzte Kapital verzinst hat. Werden hingegen neue Geldgeber für die Unternehmung gesucht, ist es bedeutsam, den Wert und damit den Preis der zu übertragenden Unternehmensanteile zu kennen. Nicht zuletzt sind es steuerliche und gesetzliche Anforderungen, die erfüllt werden müssen.

      Zu all diesen Fragen und zu einigen mehr möchte das vorliegende Buch eine Antwort geben. Dabei hat es sich als sinnvoll erwiesen, die Fragen auch im Hinblick auf die Unternehmensgröße zu betrachten. So ist es nicht unerheblich, ob es sich um Finanzierungsmodelle einer großen Aktiengesellschaft handelt, oder ob neues Geld für ein kleines Familienunternehmen beschafft werden muss. Ebenso bedeutsam ist die Art der Investition. Ist das Geld und damit das Kapital eher langfristig im Anlagevermögen oder eher kurzfristig im Umlaufvermögen des Unternehmens gebunden?

      Nachfolgend werden im ersten Kapitel zunächst elementare Punkte diskutiert. Dazu gehört die Einordnung in den Bereich des Rechnungswesens. Begrifflichkeiten und Abgrenzungen, die Frage nach der Notwendigkeit der Finanzierung/Investition sowie finanzwirtschaftliche Ziele und Fragestellungen beschließen das Kapitel.

      Im zweiten Kapitel werden die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung dargelegt. Das Buch folgt dabei tendenziell der angelsächsischen Struktur, die zwischen Außen- und Innenfinanzierungsmöglichkeiten unterscheidet. Ferner werden die Besonderheiten von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) berücksichtigt, sind doch mehr als 90 % der Unternehmen diesem Segment zuzuordnen.

      Im dritten Kapitel werden mögliche Fragen und damit Antworten im Bereich der Investition aufgezeigt. So können Investitionen bspw. statischen oder dynamischen Charakter haben.

      Im vierten Kapitel werden zentrale Fragen im Bereich des Finanzmanagements beleuchtet. Ist es bspw. möglich, aus einem vergangenheitsorientierten Jahresabschluss Kennzahlen abzuleiten, die Aussagen zur so genannten Bonität der Unternehmung erlauben? Wie können unternehmerische Risiken identifiziert, analysiert und schließlich beseitigt werden? Welche Implikationen haben gesetzliche Regelungen auf die Kreditvergabepolitik von Banken? Kann man mit Hilfe des wertorientierten Managements den Wertzuwachs/Wertverzehr einer Abrechnungsperiode oder möglicherweise sogar den gesamten Unternehmenswert ermitteln?

      Damit die einzelnen Kapitel leichter verständlich und erlernbar sind, werden in regelmäßigen Abständen Aufgaben (Fallstudien) angeboten, die die dargestellten Inhalte nochmals aufgreifen und vertiefen sollen. Diese Aufgaben sind in Kapitel fünf, deren Lösungen in Kapitel sechs enthalten.

      1.2 Investition und Finanzierung als Teilgebiete des Rechnungswesens

      Die Investition und Finanzierung sind eingebettet in den Bereich des Rechnungswesens und sollten niemals losgelöst von den anderen Bereichen betrachtet werden.

      Dreh- und Angelpunkt aller finanzwirtschaftlichen Überlegungen sind die unternehmerischen Prozesse, die ihren Niederschlag zunächst einmal in den Geschäftsvorfällen der Finanzbuchhaltung finden. Die Finanzbuchhaltung, aufgrund der diversen externen Interessentengruppen auch externes Rechnungswesen genannt, generiert mit der Bilanz die Bestandsrechnung und mit der Gewinn- und Verlustrechnung die Erfolgsrechnung.

      Aus der Erfolgsrechnung leitet sich dann durch die so genannte Abgrenzungsrechnung die Kostenrechnung ab, die aufgrund des Adressatenkreises zum internen Rechnungswesen gehört, da diese Zahlen aufgrund der Brisanz niemals nach außen gelangen. Ebenso gehört die Finanz-/Liquiditätsrechnung zum Bereich des internen Rechnungswesens.

      Aus der Bilanzstruktur, die sich aus den Geschäftsvorfällen der Finanzbuchhaltung ergibt, leitet sich weiter ab, wo das unternehmerische Kapital herkommt, d. h. auf der Passivseite stehen mit dem Eigen- und Fremdkapital die beiden Finanzierungsquellen. Gleichzeitig erkennt man aus der Struktur der Aktivseite, wie das finanzierte Kapital investiv angelegt wurde, ob das Kapital also im tendenziell langfristig gebundenen Anlagevermögen oder im kurzfristig gebundenen Umlaufvermögen Verwendung gefunden hat.

      Die Gewinn- und Verlustrechnung zeigt auf ihrer Sollseite alle Aufwendungen und auf der Habenseite alle Erträge der Abrechnungsperiode. Übersteigen die Erträge die Aufwendungen, entsteht ein (handelsrechtlicher) Gewinn, im umgekehrten Fall ein Verlust. In beiden Fällen wird der Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung dem Eigenkapital auf der Passivseite der Bilanz zugeführt, unabhängig von der anschließenden Verwendung.

      Entstehen in der Abrechnungsperiode Aufwendungen und Erträge, die das operative Geschäft der Unternehmung betreffen, so werden diese als so genannte Kosten und Leistungen in die Kostenrechnung übertragen. Dort werden diese Kosten/Leistungen teilweise modifiziert bzw. ergänzt und zur Erstellung des operativen Ergebnisses bzw. für Zwecke der Kalkulation weiterverwendet.

      Führen die Geschäftsvorfälle schließlich zu Geldzu- oder Geldabflüssen, wird hiermit die Liquiditätsrechnung angesprochen. Somit gibt es letztlich Transaktionen, die alle Teilbereiche des Rechnungswesens berühren, aber auch solche, die nur einzelne Segmente ansprechen.

      Um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen, soll nun anhand eines sehr einfachen Beispiels auf die einzelnen Elemente des Rechnungswesens eingegangen werden. Nachfolgend werden acht Geschäftsvorfälle dargestellt und daraus die vier Teilbereiche des Rechnungswesens entwickelt.

      1. Geschäftsvorfall: Es wird ein Unternehmen gegründet, indem eine Bareinlage in Höhe von 200 TEUR geleistet