Гарриет Бичер-Стоу

Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert)


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      „O, sicher. Zwar, ‘s kommt mir vor, als wär‘s ein Jahr her. ‘s war dieselbe Nacht, wo ich dem Joe zur Witwe nachschlich.“

      „Du schlichst ihm nach?“

      „Freilich — aber reinen Mund halten! Denk‘ doch, der Joe hat Freunde hinterlassen. Möcht‘ sie doch nicht auf mich hetzen! Wär‘ ich nicht gewesen, säß‘ er jetzt in Sicherheit unten in Texas!“

      Dann erzählte Huck Tom sein ganzes Abenteuer im Vertrauen, der bisher nur von des Wallisers Anteil an der Sache wußte.

      „Aber,“ unterbrach er sich plötzlich, auf die Hauptfrage zurückkommend, „wer den Schnaps in Nummer Zwei entdeckt hat, hat auch‘s Geld in die Finger bekommen, denk‘ ich — auf jeden Fall ist‘s für uns verloren, Tom.“

      „Huck — das Geld war gar nicht in Nummer Zwei.“

      „Was!?“ Huck starrte seinen Kameraden verdutzt an. „Tom, hast du wieder ‘ne Spur von dem Geld?“

      „Huck — ‘s ist in der Höhle!“

      Hucks Augen leuchteten. „Sag‘s noch mal, Tom!“

      „Das Geld ist in der Höhle!“

      „Tom — Allmächtiger — jetzt — ist das Ernst oder Scherz?“

      „Ernst, Huck, so ernst wie alles bei mir. Willst du mitgehn und ‘s rausholen?“

      „Denk‘ doch, daß ich will! — Wenn‘s wo liegt, wo wir‘s leicht finden können — ohne den Weg zu verlieren —“

      „Huck, wir können‘s ohne die geringste Gefahr von der Welt.“

      „Ist mal was! Aber, warum denkst du, daß das Geld —“

      „Huck, du mußt warten, bis wir drin sind. Wenn wir‘s nicht finden, geb‘ ich dir meine Trommel — und alles, was ich sonst noch hab‘; verlaß dich drauf!“

      „‘s ist gut — ist ‘n Wort. Wann wolln wir?“

      „Meinetwegen gleich, wenn du magst. Bist du stark genug?“

      „Ist‘s weit in der Höhle? Bin zwar schon drei bis vier Tage wieder auf den Beinen, aber mehr als ‘ne Meile — Tom, ich glaub‘, mehr kann ich nicht.“

      „‘s sind ungefähr fünf Meilen auf dem gewöhnlichen Weg, aber den wolln wir nicht gehn, Huck, sondern ‘nen ganz kurzen, den niemand kennt außer mir. Huck, ich werd‘ dich in ‘nem Boot hinfahren. Werd‘ das Boot da anlegen und ‘s wieder zurückrudern, alles ganz allein. Brauchst dich gar nicht drum zu kümmern.“

      „Na, Tom, laß uns schnell hin!“

      „Schon recht, aber wir brauchen Brot und Fleisch und unsere Pfeifen, und ‘nen kleinen Sack und zwei oder drei Drachenschnüre, und dann noch ‘n paar von den neuartigen Dingern, die sie Zündhölzer nennen. Sag‘ dir, ich hätt‘ welche davon brauchen können, wie ich neulich drin war.“

      Kurz nach Mittag liehen sich die Jungen ein kleines Boot von einem Bürger, der gerade abwesend war und machten sich auf den Weg. Als sie ein paar Meilen unterhalb der Höhlenbucht waren, sagte Tom: „Sieh mal hier, dies schroffe Ufer da sieht genau so aus, wie sonst an ‘ner beliebigen Stelle — kein Haus, kein Garten, nichts als Gestrüpp. Aber siehst du die weiße Stelle, wo ein Erdrutsch mal gewesen sein mag? Na, das ist eins von meinen Kennzeichen. Wollen landen.“

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      Sie landeten. „Jetzt, Huck — wo wir jetzt stehn, kannst du das Loch berühren, aus dem ich neulich herausgekrochen bin. Schau mal, ob du‘s finden kannst.“

      Huck suchte überall herum, fand aber nichts. Tom ging stolz auf ein dickes Gewirr von Sumachbüschen zu und sagte: „Hier ist‘s! Schau her, Huck. ‘s ist die verborgenste Höhle in diesem gesegneten Lande. Daß du aber den Mund hältst! Hab‘ ja schon immer Räuber sein wollen, aber ich wußt‘, daß ich erst so ‘n Ding haben müßt‘, wie das da, wohin man sich mal verstecken kann. Jetzt haben wir‘s und müssen‘s geheim halten; höchstens darf‘s der Joe Harper und Ben Rogers wissen, weil‘s doch ‘ne rechte Bande sein muß, oder ‘s hat gar keinen Schick. ‚Tom Sawyers Räuberbande‘, ‘s klingt mächtig großartig, Huck, was?“

      „Na, das will ich wohl meinen, Tom! Und wen wollen wir berauben?“

      „Na, so ziemlich alle Leute. Auf der Straße auflauern — das ist so die rechte Manier.“

      „Und töten die Kerls.“

      „Nein — nicht immer. Sperren sie in die Höhle, bis sie sich auslösen.“

      „Aus — was ist ‚auslösen‘?“

      „Na — Geld zahlen. Man zwingt sie, daß ihre Freunde für sie alles, was sie auftreiben können, zusammenscharren; und wenn man sie ‘n Jahr festgehalten hat, und das Geld ist noch nicht da — dann tötet man sie. ‘s ist allgemeine Sitte so. Bloß die Frauen tötet man nie. Man sperrt sie ein, aber man tötet sie nicht. Sie sind immer ganz verdammt schön und reich und schrecklich furchtsam. Man nimmt ihnen die Uhren weg und alles, was sie sonst haben, aber man nimmt bei ihnen immer den Hut ab und ist furchtbar höflich. Niemand ist so höflich wie Räuber — du kannst das in allen Büchern lesen. Und dann — dann verlieben sich die Weiber in uns, und wenn sie ein oder zwei Wochen in der Höhle gewesen sind, hören sie auf, zu heulen, und noch später kannst du sie gar nicht wieder los werden. Schmeißt man sie ‘raus, kehren sie sofort um und kommen zurück. ‘s ist in allen Büchern so.“

      „Na, das ist aber unangenehm, Tom. Glaub‘ doch, Pirat sein ist noch besser.“

      „Ja, ‘s ist besser in manchen Dingen, aber Räuber sind näher bei zu Hause, und dann haben sie ‘n Zirkus und all das andere.“

      Inzwischen waren sie herangekommen und krochen in die Höhle, Tom voran.

      Sie gingen bis ans andere Ende des Ganges, befestigten ihre Drachenschnüre und setzten den Weg fort. Wenige Schritte brachten sie an die Quelle, und Tom fühlte einen kalten Schauder. Er zeigte Huck den noch an der Wand klebenden Rest des Kerzendochtes und beschrieb, wie er und Becky das letzte Aufflackern und Erlöschen der Flamme beobachtet hatten.

      Die Jungen verfielen jetzt unwillkürlich in Flüsterton, denn die Stille und Finsternis des Ortes lasteten schwer auf ihrem Geist. Sie gingen weiter und bogen dann plötzlich in Toms anderen Gang ein, den sie bis zu dem „Abgrund“ verfolgten, an dem Tom hatte Halt machen müssen. Die Lichter zeigten ihnen jetzt, daß es ein solcher eigentlich nicht sei, sondern nur ein steiler Lehmabhang, zwanzig oder dreißig Fuß tief.

      Tom flüsterte: „Jetzt will ich dir was zeigen, Huck!“ Er hielt die Kerze in die Höhe und sagte: „Schau‘ so weit um den Felsvorsprung herum, wie du kannst. Siehst du? Da — auf dem großen Felsblock über dir —“

      „Tom, ‘s ist ein Kreuz!“

      „Na, und wo ist deine ‚Nummer Zwei‘? ‚Unter dem Kreuz‘, he? Gerade dort, wo ich den Indianer-Joe sein Licht hinhalten sah, Huck!“

      Huck starrte eine Weile auf das geheimnisvolle Zeichen und sagte dann mit zitternder Stimme: „Tom, laß uns machen, daß wir von hier fortkommen!“

      „Wa — a — as? Und den Schatz hier lassen?!“

      „Ja — hier lassen! ‘s ist sicher, Joes Geist spukt hier herum!“

      „Denkt nicht dran, Huck, denkt nicht dran! ‘s ist ja nicht der Platz, wo er gestorben ist — der ist weit von hier an der Mündung der Höhle — fünf Meilen von hier.“

      „Nein, Tom, ‘s ist nicht so. Er geht um, wo ‘s Geld liegt. Ich weiß, wie‘s bei den Geistern ist, so machen sie‘s.“

      Tom begann zu befürchten, Huck könne recht haben. Mißbehagen beschlich ihn. Aber plötzlich