daß seine Annahme der absoluten Verringerung des variablen Kapitals mit der Wirklichkeit in schroffem Widerspruch steht. Das variable Kapital wächst im Gegenteil absolut in allen kapitalistischen Ländern, es geht nur relativ zurück im Verhältnis zum noch rascheren Wachstum des konstanten Kapitals. Nehmen wir aber, dem wirklichen Gang der Dinge entsprechend, von Jahr zu Jahr bloß ein rascheres Wachstum des konstanten und ein langsameres des variablen Kapitals sowie eine wachsende Mehrwertrate an, dann tritt ein Mißverhältnis zwischen der sachlichen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Produkts und der Wertzusammensetzung des Kapitals in die Erscheinung. Nehmen wir z.B. im Marxschen Schema statt der ständigen Proportion von konstant zu variabel = 5:1 die fortschreitend höhere Zusammensetzung für den Zuwachs des Kapitals, im zweiten Jahr 6:1, im dritten 7:1, im vierten 8:1. Nehmen wir ferner, entsprechend der höheren Produktivität der Arbeit, auch eine fortlaufend wachsende Mehrwertrate - sagen wir, statt der stabilen Mehrwertrate von 100 Prozent setzen wir, trotz des relativ abnehmenden variablen Kapitals, den im Marxschen Schema jeweilig angenommenen Mehrwert. Gehen wir endlich von der jedesmaligen Kapitalisierung der Hälfte des angeeigneten Mehrwerts aus (ausgenommen die Abteilung II, die im ersten Jahr nach Marxscher Annahme mehr als die Hälfte, nämlich 184 von 285 m kapitalisiert). Dann erhalten wir das folgende Resultat:
Erstes Jahr I. 5.000 c + 1.000 v + 1.000 m = 7.000 (Produktionsmittel). II. 1.430 c + 285 v + 285 m = 2.000 (Konsummittel). Zweites Jahr I. 5.4284/7 c + 1.0713/7 v + 1.083 m = 7.583. II. 1.5875/7 c + 3112/7 v + 316 m = 2.215. Drittes Jahr I. 5.903 c + 1.139 v + 1.173 m = 8.215. II. 1.726 c + 311 v + 342 m = 2.399. Viertes Jahr I. 6.424 c + 1.205 v + 1.271 m = 8.900. II. 1.879 c + 350 v + 371 m = 2.600. |
Sollte die Akkumulation in dieser Weise vor sich gehen, dann ergäbe sich ein Defizit an Produktionsmitteln im zweiten Jahr um 16, im dritten in 45, im vierten um 88 und gleichzeitig ein Überschuß an Konsumtionsmitteln im zweiten Jahr um 16, im dritten um 45, im vierten um 88.
Das Defizit an Produktionsmitteln mag z.T. ein scheinbares sein. Infolge der steigenden Produktivität der Arbeit ist das Wachstum der Masse der Produktionsmittel ein rascheres als das ihrer Wertmasse, oder anders ausgedrückt, es folgt die Verbilligung der Produktionsmittel. Da es bei der Erhöhung der Technik der Produktion vor allem nicht auf den Wert, sondern auf den Gebrauchswert, auf die sachlichen Elemente des Kapitals ankommt, so mag trotz des Wertdefizits bis zu einem gewissen Grade tatsächlich eine ausreichende Menge Produktionsmittel zur fortschreitenden Akkumulation angenommen werden. Es ist dies dieselbe Erscheinung, die u.a. den Fall der Profitrate aufhält und ihn nur zu einem tendenziellen macht. Allerdings wäre aber, wie unser Beispiel zeigt, der Fall der Profitrate nicht aufgehalten, sondern gänzlich aufgehoben. Hingegen weist derselbe Umstand auf einen viel stärkeren Überschuß unabsetzbarer Konsumtionsmittel hin, als dies aus der Wertsumme dieses Überschusses hervorgeht. Es bliebe dann nur übrig, entweder die Kapitalisten der II. Abteilung zu zwingen, diesen Überschuß selbst zu konsumieren, wie Marx sonst mit ihnen verfährt, was für diese Kapitalisten das Gesetz der Akkumulation wieder in der Richtung zur einfachen Reproduktion beugen würde, oder dieser Überschuß muß als unabsetzbar erklärt werden.
Man kann freilich erwidern, daß dem Defizit an Produktionsmitteln, das sich in unserem Beispiel ergab, sehr leicht abzuhelfen wäre: Wir brauchen nur anzunehmen, daß die Kapitalisten der Abteilung I in stärkerem Maße ihren Mehrwert kapitalisieren. In der Tat liegt gar kein zwingender Grund vor, um anzunehmen, daß die Kapitalisten jeweilig nur die Hälfte ihres Mehrwerts zum Kapital schlagen, wie dies Marx in seinem Beispiel voraussetzt. Mag dem Fortschritt in der Produktivität der Arbeit eine fortschreitend wachsende Quote des kapitalisierten Mehrwerts entsprechen. Diese Annahme ist an sich um so zulässiger, als ja eine der Folgen der fortgeschrittenen Technik auch die Verbilligung der Konsumtionsmittel der Kapitalistenklasse ist, so daß sich die relative Wertverminderung ihrer verzehrten Revenue (im Vergleich zum kapitalisierten Teil) in derselben oder selbst steigenden Lebenshaltung für diese Klasse äußern mag. So dürfen wir denn z.B. annehmen, daß das von uns festgestellte Defizit an Produktionsmitteln für die Abteilung I durch die entsprechende Übertragung eines Teils des konsumierten Mehrwerts I (der ja in dieser Abteilung, wie alle Wertteile des Produkts, in der Gestalt von Produktionsmitteln zur Welt kommt) ins konstante Kapital, und zwar im zweiten Jahre im Betrage von 114/7, im dritten von 34, im vierten von 66, gedeckt wird.187 Die Lösung der einen Schwierigkeit vergrößert indes nur die andere. Es ist ohne weiteres klar: Je mehr die Kapitalisten der Abteilung I ihre Konsumtion relativ einschränken, um die Akkumulation zu ermöglichen, um so mehr erweist sich auf seiten der Abteilung II ein unabsetzbarer Rest an Konsumtionsmitteln und dementsprechend die Unmöglichkeit, das konstante Kapital auch nur auf der bisherigen technischen Grundlage zu vergrößern. Die eine Voraussetzung: fortschreitende relative Einschränkung der Konsumtion bei den Kapitalisten I, müßte durch die andere Voraussetzung ergänzt werden: fortschreitende relative Vergrößerung der Privatkonsumtion der Kapitalisten II, die Beschleunigung der Akkumulation in der ersten Abteilung durch Verlangsamung in der zweiten, der Fortschritt der Technik in der einen durch den Rückschritt in der andern.
Diese Resultate sind kein Zufall. Was durch unsere obigen Versuche mit dem Marxschen Schema lediglich illustriert werden sollte, ist folgendes. Die fortschreitende Technik muß sich nach Marx selbst in dem relativen Wachstum des konstanten Kapitals im Vergleich mit dem variablen äußern. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer fortschreitenden Verschiebung in der Einteilung des kapitalisierten Mehrwerts zwischen c und v. Die Kapitalisten des Marxschen Schemas sind aber gar nicht in der Lage, diese Einteilung beliebig vorzunehmen, denn sie sind bei ihrem Geschäft der Kapitalisierung von vornherein an die Sachgestalt ihres Mehrwerts gebunden. Da nach der Marxschen Annahme die ganze Produktionserweiterung ausschließlich mit den eigenen kapitalistisch hergestellten Produktions- und Konsumtionsmitteln vorgenommen wird - andere Produktionsstätten und -formen existieren hier ebensowenig wie andere Konsumenten als die Kapitalisten und Arbeiter der beiden Abteilungen - und da andererseits Voraussetzung des glatten Fortganges der Akkumulation ist, daß das Gesamtprodukt der beiden Abteilungen in der Zirkulation restlos draufgeht, so ergibt sich das folgende Resultat: Die technische Gestaltung der erweiterten Reproduktion ist hier den Kapitalisten im voraus streng vorgeschrieben durch die Sachgestalt des Mehrprodukts. Mit anderen Worten: Die Erweiterung der Produktion kann und muß bei dem Marxschen Schema jeweilig nur auf einer solchen technischen Grundlage vorgenommen werden, bei der der ganze hergestellte Mehrwert der Abteilung I wie der Abteilung II Verwendung findet, wobei noch im Auge behalten werden muß, daß die beiden Abteilungen zu ihren respektiven Produktionselementen nur durch gegenseitigen Austausch gelangen können. Auf diese Weise ist die jeweilige Verteilung des zu kapitalisierenden Mehrwerts zwischen dem konstanten und variablen Kapital sowie die Verteilung der zuschüssigen Produktionsmittel und Konsumtionsmittel (der Arbeiter) zwischen den Abteilungen I und II im voraus bestimmt und gegeben durch die Sach- und Wertbeziehungen der beiden Abteilungen des Schemas. Diese Sach- und Wertbeziehungen drücken aber selbst schon eine ganz bestimmte technische Gestaltung der Produktion aus. Damit ist gesagt, daß bei Fortsetzung der Akkumulation unter den Voraussetzungen des Marxschen Schemas die jeweilig gegebene Technik der Produktion im voraus auch schon die Technik der folgenden Perioden der erweiterten Reproduktion bestimmt. Das heißt, wenn wir mit dem Marxschen Schema annehmen, daß die kapitalistische Produktionserweiterung stets nur mit dem im voraus in Kapitalgestalt produzierten Mehrwert vorgenommen wird, ferner - was indes nur die andere Seite derselben Annahme ist -, daß die Akkumulation der einen Abteilung der kapitalistischen Produktion in strengster Abhängigkeit von der Akkumulation der anderen Abteilung fortschreiten kann, dann ergibt sich, daß eine Verschiebung in der technischen Grundlage der Produktion (sofern sie sich im Verhältnis von c zu v ausdrückt) unmöglich ist.
Dasselbe läßt sich auch noch anders fassen. Es ist klar, daß die fortschreitend höhere organische Zusammensetzung des Kapitals, d.h. das raschere Wachstum des konstanten Kapitals im Vergleich zum variablen, ihren sachlichen Ausdruck im rascheren Wachstum der Produktion von Produktionsmitteln (Abteilung I) im Vergleich zur Produktion von Konsumtionsmitteln (Abteilung II) finden muß. Eine solche Abweichung im Akkumulationstempo der beiden Abteilungen ist aber durch das Marxsche Schema, das auf