Rosa Luxemburg

Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band)


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sein Schema keine andere Deutung zu als die Produktion um der Produktion willen.

      Erinnern wir uns an daß zweite Beispiel des Marxschen Schemas der erweiterten Reproduktion.

      Erstes Jahr

I. 5.000 c + 1.000 v + 1.000 m = 7.000 (Produktionsmittel)
II. 1.430 c + 285 v + 285 m = 2.000 (Konsummittel)
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9.000

      Zweites Jahr

I. 5.417 c + 1.083 v + 1.083 m = 7.583 (Produktionsmittel)
II. 1.583 c + 316 v + 316 m = 2.215 (Konsummittel)
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9.798

      Drittes Jahr

I. 5.869 c + 1.173 v + 1.173 m = 8.215 (Produktionsmittel)
II. 1.715 c + 342 v + 342 m = 2.399 (Konsummittel)
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10.614

      Viertes Jahr

I. 6.358 c + 1.271 v + 1.271 m = 8.900 (Produktionsmittel)
II. 1.858 c + 371 v + 371 m = 2.600 (Konsummittel)
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11.500

      Außer dem gleich im Anfang abgebrochenen Entwurf der Analyse der erweiterten Reproduktion, den wir im zweiten Bande des "Kapitals" vorfinden, hat Marx seine allgemeine Auffassung von dem charakteristischen Gang der kapitalistischen Akkumulation in seinem ganzen Werke, namentlich im dritten Bande, sehr ausführlich und deutlich niedergelegt. Und man braucht sich nur in diese Auffassung hineinzudenken, um das Unzulängliche des Schemas am Schluß des zweiten Bandes ohne Mühe einzusehen.

      Prüft man das Schema der erweiterten Reproduktion gerade vom Standpunkte der Marxschen Theorie, so muß man finden, daß es sich mit ihr in mehreren Hinsichten im Widerspruch befindet.

      Vor allem berücksichtigt das Schema die fortschreitende Produktivität der Arbeit gar nicht. Es setzt nämlich von Jahr zu Jahr trotz der Akkumulation dieselbe Zusammensetzung des Kapitals, d.h. dieselbe technische Grundlage des Produktionsprozesses voraus. Dieses Verfahren ist an sich, behufs Vereinfachung der Analyse, vollkommen zulässig. Das Absehen von den Verschiebungen der Technik, die dem Prozeß der Kapitalakkumulation parallel laufen und von ihm unzertrennlich sind, muß jedoch wenigstens hinterher in Betracht gezogen, angerechnet werden, wo man die konkreten Bedingungen der Realisierung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts und der Reproduktion untersucht. Zieht man aber die Fortschritte der Produktivität der Arbeit in Betracht, dann folgt daraus, daß die sachliche Masse des gesellschaftlichen Produkts - Produktionsmitte wie Konsumtionsmittel - noch viel rascher wächst als seine Wertmasse, wie das Schema anzeigt. Die andere Seite dieses Anwachsens der Masse der Gebrauchswerte ist aber auch eine Verschiebung der Wertverhältnisse. Nach der zwingenden Beweisführung Marxens, die einen der Ecksteine der Theorie bildet, äußert sich die fortschreitende Entwicklung der Produktivität der Arbeit darin, daß bei zunehmender Kapitalakkumulation die Zusammensetzung des Kapitals sowie die Mehrwertrate nicht konstant bleiben können, wie dies in dem Marxschen Schema unterstellt wird. Im Gegenteil, mit dem Fortgang der Akkumulation muß das c (konstantes Kapital) in beiden Abteilungen nicht bloß absolut, sondern auch relativ zu v + m oder dem gesamten geschaffenen Neuwert wachsen (gesellschaftlicher Ausdruck der Produktivität der Arbeit); gleichzeitig muß das konstante Kapital im Verhältnis zum variablen Kapital und ebenso der Mehrwert im Verhältnis zum variablen Kapital oder die Mehrwertrate wachsen (kapitalistischer Ausdruck der Produktivität der Arbeit). Daß diese Verschiebungen nicht buchstäblich in jedem Jahre eintreten, tut nichts zur Sache, wie auch die Bezeichnungen "erstes, zweites, drittes usw. Jahr" im Marxschen Schema sich überhaupt nicht notwendig auf das Kalenderjahr beziehen und beliebige Zeitabschnitte bedeuten können. Endlich mögen die Verschiebungen in der Zusammensetzung des Kapitals sowie in der Mehrwertrate beliebig im ersten, dritten, fünften, siebenten usw. Jahr oder im zweiten, sechsten, neunten usw. unterstellt werden. Es kommt nur darauf an, daß sie überhaupt und als eine periodische Erscheinung in Betracht gezogen werden. Ergänzt man dementsprechend das Schema, so wird sich herausstellen, daß sogar bei dieser Akkumulationsmethode mit jedem Jahre ein wachsendes Defizit an Produktionsmitteln und wachsender Überschuß an Konsumtionsmitteln entstehen muß. Tugan-Baranowski freilich, der auf dem Papier aller Schwierigkeiten Herr wird, konstruiert einfach ein Schema mit anderen Proportionen, wobei er das variable Kapital von Jahr zu Jahr um 25 Prozent verringert. Da das Papier auch diese arithmetische Übung geduldig erträgt, ist das für Tugan ein Grund, mit Triumph zu "beweisen", daß sogar bei absolutem Rückgang der Konsumtion