sie aus des schwarzen Michels Sicht waren, konnten einige der Leute sie niederschlagen, sodass das Gewissen des schwarzen Michels rein blieb.
Und selbst wenn sie diesem Schicksal entgingen, sahen sie nicht noch schwereren Gefahren entgegen? Wäre er allein gewesen, so hätte er hoffen können, noch viele Jahre zu leben, denn er war ein kräftiger, athletisch gebauter Mann.
Aber was würde aus Alice und dem anderen kleinen Leben werden, das schon so früh den Mühseligkeiten und schweren Gefahren einer Wildnis ausgesetzt würde?
Der Mann erschauerte, als er über den schrecklichen Ernst und die fürchterliche Hilflosigkeit ihrer Lage nachdachte. Aber eine gütige Vorsehung bewahrte ihn davor, die schreckliche Wirklichkeit vorauszusehen, die sie in den Tiefen des düsteren Waldes erwartete.
Am nächsten Morgen wurden in aller Frühe ihre zahlreichen Koffer und Kisten aufs Deck befördert und in bereitliegende Boote heruntergelassen, die sie an Land bringen sollten.
Es war eine große Menge der verschiedenartigsten Sachen, denn da die Claytons mit der Möglichkeit gerechnet hatten, fünf bis acht Jahre in ihrem neuen Aufenthaltsort zu bleiben, so hatten sie neben dem Notwendigen auch viele Luxussachen mitgenommen.
Der schwarze Michel sorgte dafür, dass nichts von Claytons Eigentum an Bord blieb. Ob aus Mitleid für sie oder in seinem eigenen Interesse, wäre schwer zu sagen. Auf alle Fälle wäre das Vorhandensein von Eigentum eines vermissten britischen Beamten auf einem verdächtigen Schiff in jedem zivilisierten Hafen schwer zu erklären gewesen. Der schwarze Michel war denn auch so eifrig bemüht, über die Ausführung seiner Anordnung zu wachen, dass er bei den Seeleuten sogar darauf drang, Clayton seine Revolver zurückzugeben.
In die Boote wurden auch verladen: Salzfleisch und Schiffszwieback, etwas Kartoffeln und Bohnen, Streichhölzer und Kochgeschirr, ein Werkzeugkasten und die alten Segel, die der schwarze Michel ihnen versprochen hatte.
Als ob der schwarze Michel dieselben Befürchtungen gehegt hätte, wie Clayton, begleitete er die beiden an Land, und verliest sie als letzter, nachdem die Seeleute die mitgenommenen Schiffstonnen mit frischem Trinkwasser gefüllt hatten.
Als die Boote sich langsam über die glatten Wasser der Bucht bewegten, sahen Clayton und sein Weib schweigend deren Abfahrt zu, mit einem Gefühl von drohendem Unglück und äußerster Hilflosigkeit.
Und hinter ihnen, über dem Rand eines niedrigen Hügels, lauerten auf sie andere böse Augen, die unter zottigen Brauen leuchteten.
Als die »Fuwalda« durch die enge Ausfahrt der Bucht fuhr und ihnen hinter einer Landspitze außer Sicht kam, schlang Lady Alice ihre Arme um Claytons Hals und brach in ein fassungsloses Schluchzen aus.
Tapfer hatte sie die Gefahren der Meuterei über sich ergehen lassen und mit heldenmütiger Stärke der schrecklichen Zukunft entgegengesehen, aber nun, da die Schrecken der völligen Verlassenheit sie überfielen, ließen ihre überreizten Nerven nach und der Rückschlag trat ein.
Ihr Mann versuchte nicht, ihre Tränen zu hemmen. Es war besser, der Natur ihren Lauf zu lassen, damit die lang verhaltene Gemütsbewegung sich auslöste, und es verging manche Minute, ehe das junge Weib, das eigentlich noch ein Kind war, sich wieder beherrschen konnte.
O John, rief sie schließlich, wie entsetzlich! Was fangen wir an? Was sollen wir nur tun?
Wir können nur eins tun, Alice, und er sprach so ruhig, als ob sie in ihrem traulichen Heim säßen, und das ist arbeiten! Die Arbeit muss unser Heil sein. Wir dürfen uns keine Zeit zum Nachdenken lassen, denn sonst würden wir verrückt werden. Wir müssen arbeiten und warten. Ich bin sicher, dass Hilfe kommen wird und dass sie schnell kommt, sobald es bekannt wird, dass die »Fuwalda« verloren ist, selbst wenn der schwarze Michel sein Wort nicht halten sollte.
Ja, John, wenn es sich nur um uns beide handelte, sagte sie seufzend, so könnten wir es schon aushalten, das weiß ich, aber —
Liebes Weib, antwortete er sanft, ich habe daran gedacht, aber wir müssen auch mit diesem Ereignis rechnen, wie mit allem, was noch kommen wird, tapfer und mit Vertrauen in unsere Geschicklichkeit. Vor hunderttausend Jahren standen unsere Vorfahren einer entlegenen düsteren Vergangenheit vor denselben Schwierigkeiten wie wir jetzt, vielleicht sogar in diesem selben Urwalde. Dass wir heute hier sind, ist ein Beweis ihres Sieges. Was sie taten, sollten wir es nicht auch tun? Und sogar besser, denn sind wir nicht mit höherem Wissen ausgerüstet, und besitzen wir nicht Schuss-, Verteidigungs- und Verpflegungsmittel, die die Wissenschaft uns gab, die jenen aber noch völlig unbekannt waren? Was sie mit unvollkommenen Werkzeugen und Waffen aus Stein und Knochen vollbrachten, das können wir sicher auch.
Ach John, ich wünschte ein Mann zu sein mit der Philosophie eines Mannes, aber ich bin bloß ein Weib, das mehr mit dem Herzen als mit dem Verstand sieht, und alles, was ich sehe, ist zu schrecklich, zu undenkbar, als dass ich es in Worte fassen könnte. Ich hoffe nur, dass du recht hast, John. Ich will mein Bestes tun, um eine wackere Urwaldfrau zu sein, der tapfere Kamerad eines Wildnismannes.
Claytons erster Gedanke war, ein Obdach für die Nacht herzustellen, worin sie vor den umherstreichenden Raubtieren geschützt wären.
Er öffnete den Koffer, der seine Gewehre und die Munition enthielt, damit sie wenigstens bewaffnet wären, wenn sie über der Arbeit angegriffen würden, und dann suchten sie einen Ort für ihre erste Nachtruhe.
Etwa hundert Meter vom Ufer war eine ziemlich lichte, ebene Stelle, und sie beschlossen, gegebenenfalls hier ein festes Haus zu bauen. Vorläufig hielten sie es aber für das Beste, eine kleine Plattform in den Bäumen zu errichten und zwar so hoch, dass sie außer der Reichweite der wilden Tiere wären. Zu diesem Zweck wählte Clayton vier im Rechteck stehende Bäume aus, die etwa acht Fuß voneinander entfernt waren. Dann hieb er von anderen Bäumen lange Äste ab und band diese mit den Stricken, die ihm der schwarze Michel überlassen hatte, etwa zehn Fuß über der Erde an den erwähnten vier Bäumen fest.
So hatte er ein Gerüst, über das er dann dünnere Äste eng zusammenlegte, um einen Fußboden in der Höhe herzustellen. Diesen Boden belegte er mit riesigen Wedeln von »Elefantenohr«, das ringsum massenhaft wuchs, und zuletzt noch mit einem großen mehrfach gefalteten Segeltuche.
Sieben Fuß höher legte er in ähnlicher Weise ein Dach an. Die Wände des Gemaches aber stellte er einfach dadurch her, dass er rings herum Segeltuch aufhängte.