niedrigeren Satellitenkosten führen unter anderem dazu, dass immer mehr Geschäftsmodelle im Weltraum Gewinn versprechen. Das regt Unternehmer an, sich am Aufbau solcher Modelle zu versuchen. Die Neuunternehmer mit ihrem Bedarf an Satellitenkonstellationen steigern ihrerseits die Nachfrage nach Raketenstarts, was wiederum einerseits zur Gründung immer neuer Raketenunternehmen motiviert, andererseits zu Skaleneffekten beim Raketenbau führt. Letzteres lässt die Raketenstartkosten weiter fallen, was zusätzlichen Weltraumunternehmen eine Chance gibt – und auf einmal kommt etwas in Gang, das der Weltraumwirtschaft immer weiteren Auftrieb verschafft!
Wie sich alles in den nächsten Jahren weiterentwickelt, wird spannend sein. Eines scheint aber jetzt schon klar zu sein: Die Eisenbahn in den Weltraum haben wir gebaut, und immer mehr Leute wollen mit ihr fahren.
11 https://www.vox.com/2017/3/30/15131514/spacex-space-history-success-reusing-rocket-elon-musk
12 https://www.jetsetmag.com/travel/aviation/most-expensive-private-jets/
13 https://arstechnica.com/science/2019/11/nasa-does-not-deny-the-over-2-billion-cost-of-a-single-sls-launch/
14 https://spacenews.com/sls-cost-growth-exceeds-threshold-for-formal-review/
15 https://www.forbes.com/sites/alexknapp/2019/07/20/apollo-11-facts-figures-business/#2ba04c473377
16 https://www.planetary.org/get-involved/be-a-space-advocate/become-an-expert/planetary-exploration-budget-dataset.html
17 https://en.wikipedia.org/wiki/Ariane_5
18 https://www.space.com/22044-apollo-rocket-engines-bezos.html
19 https://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/lunar/apollo_18_20.html
20 https://www.edx.org/course/engineering-the-space-shuttle
21 https://en.wikipedia.org/wiki/Delta_IV
22 https://en.wikipedia.org/wiki/Soyuz_(rocket_family)
23 https://simpleflying.com/airbus-a320-production-rate/In
24 https://www.thespacereview.com/article/2166/1
25 https://www.spacexstats.xyz/#launchhistory
26 Außerdem werden heutzutage viele Satelliten auf nur ein paar Jahre, statt Jahrzehnte, Lebenszeit konzipiert – auch aus diesem Grund kann man billigere Teile verwenden.
27 https://en.wikipedia.org/wiki/CubeSat
Kapitel 2
Privates Kapital in der Weltraumfahrt
„Die einzige Möglichkeit, so viele finanzielle Ressourcen einzusetzen, besteht darin, meine Amazon-Gewinne in die Raumfahrt zu stecken.“
(Jeff Bezos28)
Sechsundvierzig Milliarden Dollar – das ist die aktuelle (September 2020) Bewertung von Elon Musks Weltraumfirma SpaceX29. Um das Unternehmen aufzubauen, hat SpaceX bis jetzt ungefähr fünfeinhalb Milliarden Dollar an Investorengeldern eingesammelt, in über zwanzig Finanzierungsrunden30. In Blue Origin, das andere große neue Weltraumunternehmen, investiert sein Besitzer Jeff Bezos ungefähr eine Milliarde Dollar pro Jahr – da trifft es sich gut, dass Bezos Hauptaktionär von Amazon und derzeit der reichste Mann der Welt ist. Die Weltraum-Tourismus-Firma Virgin Galactic hat erhebliche Investitionen von Fonds aus den Arabischen Emiraten erhalten. Auch abseits der größten neuen Weltraumunternehmen ist der Fluss von privaten Geldern in die Weltraumwirtschaft beindruckend: 2019 gab es fast 150 Finanzierungsrunden für Weltraumunternehmen und den ersten Börsengang einer größeren reinen Weltraumfirma, Virgin Galactic.
Natürlich ist staatliches Geld, ob durch Investitionen oder Aufträge, für die Weltraumfahrt weiterhin extrem wichtig. Das war schon zu Beginn der Weltraumfahrt so, und auch die obigen Unternehmen profitieren von solchen staatlichen Förderungen, wie wir später sehen werden. Vor allem im letzten Jahrzehnt ist aber immer mehr privates Kapital, zum Beispiel von Wagniskapitalfonds, in die Weltraumfahrt geflossen. Dieser Trend ist relativ neu, und darum soll es in diesem Kapitel gehen.
Als Blue Origin, SpaceX und Virgin Galactic zu Beginn des neuen Jahrtausends gegründet wurden, gab es nicht viel privates Kapital für die Weltraumfahrt. Das hatte womöglich damit zu tun, dass gerade die große Internet-Blase geplatzt war und außerdem eine ganze Reihe von neu gegründeten, ambitionierten Satellitenkommunikationsunternehmen pleitegegangen war. Beim Start aller drei Unternehmen – Blue Origin, SpaceX und Virgin Galactic – waren die Gründer schon reich, wenn auch bei Weitem nicht so reich, wie Musk und Bezos es heute sind. Blue Origin wird bis heute ausschließlich von Bezos finanziert. SpaceX erhielt 2008 das erste „fremde“ Geld – zwanzig Millionen Dollar vom Wagniskapitalfonds Founders Fund, den frühere PayPal-Kollegen von Musk gegründet hatten31. Bei Virgin Galactic investierte 2010 Aabar, einer der Staatsfonds der Arabischen Emirate zu dieser Zeit.
Im zweiten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends entstanden viele weitere neue Weltraumfirmen, von denen immer mehr durch privates Kapital finanziert wurden. Während es 2009 nur ein paar Dutzend Finanzierungsrunden für eine Gesamtsumme von unter einer Milliarde Dollar gab, waren es 2019 knapp 150 Runden, die insgesamt fast sechs Milliarden Dollar für die verschiedenen Weltraumfirmen einbrachten. Hier sollte man fairerweise feststellen, dass ein sehr großer Teil dieser sechs Milliarden an Blue Origin, SpaceX und die Satellitenkommunikationsfirma OneWeb ging, aber auch etliche kleinere Unternehmen schafften es, einige Hunderttausende oder sogar Millionen an Investitionen für die Verwirklichung ihrer Weltraumgeschäftspläne zu bekommen, und das ist sehr wichtig.
Geographisch fanden, und finden, die meisten (um die fünfzig Prozent) dieser Finanzierungsrunden in den USA statt. Das ist einfach darauf zurückzuführen, dass die USA die meisten Weltraum-Firmen, die meisten Investoren und auch die größte staatliche Förderung der Weltraumfahrt besitzt.
Hinsichtlich der Teilsektoren der Weltraumfahrt, die Investitionen von privatem Kapital erhalten, können wir feststellen, dass sowohl im gesamten Zeitraum von 2009 bis 2019 wie auch im letzten Jahr 2019 ungefähr fünfzig bis sechzig Prozent der Gelder an drei Arten von Weltraumunternehmen gegangen sind: nämlich solche, die in der Satellitenkommunikation, in der Erdbeobachtung oder im Raketenbau tätig sind. Auf all diese Teilsektoren werde ich später noch im Detail zurückkommen. Die privaten Investoren mögen diese Teilsektoren unter anderem, da sie hier reelle Potenziale für Umsätze und Profite sehen, welche nicht zu weit in der Zukunft liegen – Rohstoffabbau auf Asteroiden hört sich zwar nach einem spannenden Projekt an, ist aber jenseits des Investment-Zeithorizonts der meisten privaten Investoren.
Viele neue Investoren wagten sich im letzten Jahrzehnt in den Weltraumsektor – zwischen 2009 und 2019 fast 800 verschiedene Investoren und im Jahr 2019 allein fast 200. Die größte Gruppe der Investoren sind die Wagniskapitalfonds (Venture Capital Funds oder schlicht VCs auf Englisch) mit ungefähr fünfzig Prozent aller Finanzierungsrunden. VCs gibt es in allen möglichen Varianten, zum Beispiel hinsichtlich