André Moritz

Soft Skill für Young Professionals


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      Relatives und absolutes Denken

      Als übergeordnetes und primäres Denkmuster ist anzuführen, dass der Mensch größtenteils relativ anstatt absolut denkt – Gedachtes wird permanent im Zusammenhang mit anderem betrachtet und eingeordnet. Der Mensch denkt in Vergleichen. Dies ist nicht beklagenswert, denn es ist evolutionäre Anpassung an die heutigen intellektuellen Anforderungen der Gesellschaft im Rahmen einer Effizienzbetrachtung. Absolut wird vorwiegend nur noch in den kreativen Bereichen, wie beispielsweise der Kunst, gedacht. Allerdings ist auch dies eher rückläufig, denn auch in der Kunst wird durch Einsatz moderner Methoden und Tools heute mehr modelliert als kreiert.

      In den folgenden Abschnitten soll einleitend der Komplex der Selbstachtung erläutert werden. Abgegrenzt von Selbstbewusstsein hat Selbstachtung als ein uns ständig beeinflussendes Element weitreichende Bedeutung auf die folgenden Abschnitte. Als zweiter grundlegender Abschnitt folgt die Differenzierung zwischen analytischem und emotionalem Denken. Dieser Unterschied determiniert viele Problemfälle und Entscheidungsklemmen des heutigen Berufs- und Privatlebens. Als dritter Punkt wird das Denkmuster der Stärken- und Schwächenanalyse detailliert beschrieben. Dieser Punkt, welcher in der Praxis am häufigsten verwendet wird, wird hier ausführlich strukturiert.

      Selbstachtung

      Selbstachtung durch Wertschätzung der eigenen Person

      Selbstachtung ist die Wertschätzung einer Person gegenüber seinem eigenen Ich und seiner Fähigkeit glücklich zu leben. Selbstachtung ist die ehrliche, objektive Beurteilung der eigenen Persönlichkeit. Sie wird in der Theorie von einigen Autoren nicht unbedingt von Selbstwertgefühl abgegrenzt, aber gerade in der Gliederung differenzierend zwischen Fühl- und Denkmustern ist der Unterschied evident. Selbstwertgefühl ist ein Fühlmuster, Selbstachtung jedoch ein Denkmuster, denn Selbstachtung ist die intellektuelle Wertschätzung, Selbstwertgefühl betrachtet emotionale Prozesse.

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      Abbildung 9: Existenzielle und intellektuelle Selbstachtung

      Existenzielle und intellektuelle Selbstachtung

      Selbstachtung gibt es in zwei Formen, nämlich in der existenziellen und der intellektuellen Ausprägung. Dabei ist der intellektuellen Selbstachtung besonders der eigene Wert als Persönlichkeit wichtig. Beim Verlust der existenziellen Selbstachtung geht es gar nicht mehr um kognitive Persönlichkeitsaspekte, sondern schon um die Aufgabe des Gefühls der Existenzberechtigung als ganzer Mensch. Neben Selbstzweifeln und Ungewissheit führt der Verlust der existenziellen Selbstachtung auch zur gesundheitlichen, hygienischen und körperlichen Gleichgültigkeit.

      Mitunter ist gerade die gegenseitige Förderung der eigenen Selbstachtung in einer Gruppenbeziehung sehr ausschlaggebend. Howard und Charlotte Clinebell stellen in ihrem Buch „The Intimate Marriage“ die Selbstachtung als höchstes Element einer privaten Beziehung dar, welcher die Partner explizite Beachtung schenken sollen. Besonders die Stärkung der Selbstachtung des Partners führt zum dauerhaften „Eheerfolg“. Gerade in Partnerschaften gibt es einen beobachtbaren so genannten positiven Zyklus, welcher wechselseitig die Selbstachtung aufbaut. Beispielsweise baut Person 1 die Selbstachtung einer Person 2 nach einem Misserfolg wieder auf. Person 2 bedankt sich für die Unterstützung und baut damit die Selbstachtung von Person 1 auf.

      Selbstachtung lässt sich mit physiologischer Gesundheit vergleichen

      Ein Individuum, welches seine Selbstachtung verliert, entkoppelt sich von Fühl-, Denk- und Verhaltensmustern. In Gleichgültigkeit oder in affektiertem Auftreten gibt die Person sich allem hin, ohne die Konsequenzen für sich und andere abzuschätzen. Selbstachtung können Sie mit der physiologischen Gesundheit vergleichen. Dabei steht eine Person ohne Selbstachtung der eigenen Gesundheit meist gleichgültig gegenüber. Eine therapeutische Annäherung an mangelnde Selbstachtung ist die nondirektive oder klientenbezogene Gesprächspsychotherapie von Carl Rogers. Ihr Ziel ist die persönliche Selbstverwirklichung, und sie basiert damit auf den Problemen der mangelnden Selbstachtung. Sie propagiert die Eigenverantwortung und versucht, das aktive Erleben von Gefühlen zu forcieren. Diese Therapieform wird meist bei Depressionen, Angst- und schizophrenen Störungen eingesetzt. Basis dabei ist die professionelle Empathie des Therapeuten sowie die unbedingte Wertschätzung der zu behandelnden Person.

      Analytisches und emotionales Denken

      Emotional oder rational entscheiden

      In der beruflichen Praxis und im Privatleben müssen Sie bei jeder Entscheidung wählen, wie weit Sie diese Entscheidung emotional oder analytisch treffen. Dabei treten wiederholt Konflikte auf, die aus dem Für und Wider beider Entscheidungswege resultieren. Ohne analytisches Denken scheint der berufliche Erfolg beschränkt zu sein, und ohne emotionale Rechenschaft fühlen Sie sich materialisiert, mechanisiert und nicht als soziales Gesellschaftsmitglied.

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      Abbildung 10: Analytisches und emotionales Denken

      Analytische und emotionale Argumentationen, gelegentlich auch im Kontrast wirtschaftlichen und sozialen Denkens dargestellt, stellen sich gerade in der Berufswelt immer mehr als Schwierigkeit heraus. Die Wirtschaft befindet sich in einem unbeirrten Konzentrationsprozess und dabei wird jede noch so kleine Ineffizienz im Rahmen der Prozessoptimierung möglichst beseitigt. Die Arbeitsplatzanzahl eines Unternehmens ist eine lockere Stellschraube zur Kostenkontrolle geworden, welche gegenwärtig die mittelfristige Flexibilität von Organisationen gewährleisten soll. Demzufolge müssen Sie von einer emotionalen Begründung oder Rechtfertigung scheinbar größtenteils absehen, um die unternehmerischen Ziele verfolgen zu können und Ihre eigene Existenz zu gewährleisten.

      Wenn Sie hierbei moralische Bedenken haben und Ihr Gewissen mit Ihnen in einen inneren, kritischen Dialog geht, ist das gut und richtig. Damit meinen wir nicht, dass Sie tendenziell in die eine oder andere Richtung entscheiden sollen. Vielmehr ist im Rahmen der Selbstbeobachtung wichtig zu erkennen, ob bei Ihnen das eine oder andere Denkmuster dominiert und inwieweit Sie beide Denkmuster in Balance halten.

      Zweifelsohne werden Ihnen eines Tages Angelegenheiten und Entscheidungsfälle zugeteilt, welche schwierig zu lösen sind und Sie in die Not unangenehmer Auswahlsituationen bringen. Sie sollen eine Entscheidung treffen, die wirtschaftlich notwendig und sinnvoll ist, die Ihnen aber auf emotionaler und moralischer Ebene Bauchschmerzen bereitet. In einem solchen Dilemma und Zielkonflikt hilft es nichts, eine notwendige Entscheidung aufzuschieben.

      Hilfreich ist es in den meisten Fällen, die Situation aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten: So können Sie zum Beispiel positive Aspekte suchen und finden. Die Entscheidung wird Ihnen immer noch schwer fallen, aber das Positive ist, Sie können sie fällen. Sie können beschließen, was in der jeweiligen Situation eine adäquate Lösung ist. Dies ist eine Pflicht, aber auch eine Ehre, welche nicht allen Menschen zugetragen wird.

      Solche Entscheidungen treffen Sie täglich im Kleinen sowie zunehmend auch im Großen. Es ist dabei auch eine soziale Aufgabe, analytisch zu sein. Bewahren Sie zum Beispiel die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens durch Stellenstreichung, schützen Sie alle verbleibenden Arbeitnehmer. Ebenso können Sie eine soziale Entscheidung auch analytisch fällen, so beispielsweise, wenn Sie aufgrund Ihrer Kalkulation die Unnötigkeit der Stellenstreichung beweisen können.

      Wichtig ist, dass Sie Ihre Denkmuster kennen und akzeptieren. In der nächsten Ebene können Sie dann lernen, innere Konflikte zwischen Emotionalität und Rationalität nicht als Hindernis, sondern als nützlichen Mechanismus anzusehen, der Ihnen bei Ihrer Persönlichkeitsentwicklung hilft, Ihre Ziele und Werte in Einklang zu halten.

      Stärken und Schwächen

      „Der Stärkere ist als solcher noch lange nicht der Bessere.“

      CARL JAKOB BURCKHARDT

      Stärken und Schwächen aus eigener und aus fremder Sicht

      Kein Bewerbungsgespräch kommt um sie herum: Stärken und Schwächen. Sie gehören zur Selbst- sowie zur Fremdeinschätzung; in der Selbsteinschätzung müssen Sie die