Thomas Schröder

Andalusien Reiseführer Michael Müller Verlag


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Ruhepause mit Al­hambra-Blick.

      „Ein Paradies, für viele verschlossen, Gärten, für wenige geöffnet“

      Soto de Rojas über Granada, zitiert von Lorca

       La Antequeruela

      Ornamentale Pracht im Cuarto Real de Santo Domingo

      Ei­ne weitere Möglichkeit des Ab­stiegs von der Alhambra zur Innen­stadt, be­zie­hungsweise des Auf­stiegs in um­ge­kehr­ter Richtung, bietet der Weg durch das Viertel An­tequeruela.

      Benannt ist das Gebiet nach den Mau­ren, die einst aus der Stadt An­te­quera ver­trie­ben und dann hier an­ge­sie­delt wurden. Das ruhige Viertel mit sei­nen schönen, groß­zügigen Häusern er­streckt sich zwischen dem Campo del Prin­cipe und dem gro­ßen, im 16. Jh. an­ge­legten Park des Alhambrahügels. Ver­ehrer des Komponisten Ma­nuel de Falla können nahe der Straße Ante­que­ruela Baja sein Wohnhaus besichti­gen, in dem das Museum Casa Mu­seo Ma­nuel de Falla (Di-So 9-14.30 Uhr; Füh­run­gen 3 €) untergebracht ist. Ganz in der Nähe liegt am Callejón Niños del Rollo 8 die Fundación Rodríguez-Acosta (tägl. 10-18.30 Uhr, im Winter bis 16.30 Uhr; 6 €), das von ihm selbst zwi­schen 1916 und 1930 gestaltete An­we­sen des Malers José María Rodríguez-Acos­ta; interessant sind insbesondere die auf en­ger Grundfläche, aber in meh­reren Ebenen angelegten, fast sur­rea­listisch wirken­den Gärten mit Tei­chen, Patios, Statuen, Galerien und Bal­ko­nen. Ebenfalls nicht weit entfernt von der Casa Museo Manuel de Falla, je­doch in der Gegenrichtung, er­stre­cken sich am „Märtyrer­feld“ Campo de los Mártires die ro­mantischen Garten­an­la­gen Carmen de los Mártires (Mo-Fr 10-14, 18-20 bzw. im Winter 16-18 Uhr, Sa/So 10-20 bzw. im Winter 18 Uhr; gratis), die überwie­gend aus dem 19. Jahr­hun­dert stammen. Als Ab­schluss, oder im Fall eines Auf­stiegs als Auf­takt, emp­fiehlt sich eine Rast in ei­ner der Terras­sen­bars am Platz Campo del Príncipe.

      Cuarto Real de Santo Domingo: Erst seit 2015 zugänglich sind die Reste die­ses Nasri­denpalasts nahe der Plaza de los Campos, der zur Zeit der Herrschaft von Mo­hammed II. (1273-1302) an die Stadt­mauern gebaut worden war. Er­hal­ten blieb nur ein Verteidigungsturm, der heute in ein modernes Gebäude in­te­griert ist. Sein In­neres beherbergt die eins­t­ige Empfangshalle („Qubba“) des Pa­lasts, die unter den Katholischen Kö­ni­g­en von Dominikanern in eine christ­li­che Kapelle umgewandelt wurde (da­her der Name); ihre reizvolle or­na­men­ta­le Dekoration gilt als ein direkter Vor­läu­fer derjenigen des Königspalasts der Al­hambra. Quasi eine Etage tiefer lie­gen die Grundmauern einer älteren Mi­li­täranlage. Die Gärten im Stil des 19. Jh. erstrecken sich an derselben Stelle, an der auch die Gartenanlagen des ur­sprüng­li­chen Palasts lagen.

      ♦ Täglich 10-20 Uhr (Winter bis 19 Uhr); gratis, Ein­führung einer Eintrittsgebühr jedoch mög­lich.

       Albaicín

      Der älteste noch bestehende Ortsteil Granadas. Das Labyrinth engs­ter Gas­sen, eleganter Höfe, weiß gekalk­ter Mauern und schmie­de­ei­serner Balkone im Geranienschmuck scheint sich seit Jahr­hun­der­ten kaum ver­ändert zu haben. Nicht um­sonst wurde der Alba­icín 1994 von der UNESCO zum Welt­kulturerbe er­nannt.

      Granadas Moschee: die Mezquita Mayor

      Der Río Darro trennt den Hügel des Al­baicín von der Alhambrahöhe. Be­nannt ist der „Fluss, der Gold gibt“ nach den eins­tigen Vorkommen des Edelmetalls. Im Som­mer zeigt sich der Darro zwar nur als trauriges Rinn­sal, seine Um­ge­bung glänzt je­doch mit romantischen Eck­en. Ab der Plaza Santa Ana ver­läuft der Darro un­ter dem Pflaster, mün­det spä­ter in den Río Genil. Der Al­baicín selbst, oft auch Al­bayzin ge­schrieben, soll sei­nen Namen den im 13. Jh. hier an­ge­siedelten Mauren aus Bae­za ver­dan­ken. Bis heute ist er im Ver­gleich zu an­deren alten Vier­teln wie dem Bar­rio de Santa Cruz in Se­vil­la oder der Jude­ría in Córdoba noch sehr ur­sprüng­lich ge­blie­ben. In den fei­neren Adressen des Al­bai­cín - je hö­her, desto edler - re­si­die­ren die car­men genannten schmu­cken Häu­ser, um­ge­ben von sorg­fältig ge­pfleg­ten Gär­ten. Der Begriff stammt aus dem Ara­bi­schen karm und be­deu­te­te ur­sprüng­lich „Weinberg“, dann „Land­haus“; heute ist damit eine Villa in der Stadt ge­meint.

      Man verirrt sich fast unausweichlich auf dem Albaicín, landet schnell mal in ei­n­er en­gen Sackgasse, wo ein paar Kat­zen oder ein schläfriger Hund den frem­den Besu­cher erstaunt mustern; kein Prob­lem, das gehört einfach da­zu. Schön ist es hier ei­gent­lich über­all, auch wenn in den un­te­ren Be­rei­chen, zur In­nen­stadt hin, der Ver­fall mancher Häu­ser nicht zu über­se­hen ist (nachts und zur Sies­ta soll­te man hier auch ein we­nig Vor­sicht wal­ten lassen). Zwar ist der Al­bai­cín „in“ ge­wor­den in Gra­na­da, wer­den im­mer mehr Häu­ser auf­wän­dig res­tau­riert und deut­lich zah­lungs­kräf­ti­ge­rer Kund­schaft, als sie bis­her hier wohn­te, zum Kauf oder zur Mie­te an­ge­bo­ten, doch scheint da­durch allein das Über­le­ben des Vier­tels lang­fris­tig noch nicht ge­si­chert. Leb­ten zur Zeit der chris­t­li­chen Rück­er­oberung Gra­na­das hier etwa 60.000 Men­schen, Mit­te der Sech­zi­ger­jah­re im­mer­hin noch etwa 30.000, so zählt der Hü­gel heu­te nur mehr etwa 16.000 See­len. Vor al­lem we­gen der ho­hen Prei­se hält sich das In­teresse der Gra­na­di­ner in Gren­zen: Neu erbaute Apart­ments am Stadt­rand, die - ganz im Ge­gen­satz zu den hie­si­gen Häusern - pro­b­lem­los mit dem Auto anzu­fah­ren sind, kos­ten nur etwa die Hälfte wie ver­gleich­bare Woh­nun­gen auf dem Albai­cín.

      Viele der Besichtigungsfahrten zur Al­hambra schließen zwar einen Besuch des Albai­cín mit ein. Am späten Nach­mit­tag und Abend, wenn die Busgesell­schaf­ten ab­ge­zo­gen sind, ge­hört er je­doch wie­der dem Alltagsle­ben seiner Be­woh­ner. Dann ist auch die beste Zeit, das malerische Vier­tel zu besuchen, an der Plaza Lar­ga ein paar Tapas zu neh­men und sich an der maurisch be­ein­fluss­ten Archi­tek­tur der wei­ßen Häu­ser und der wun­derbaren Aus­sicht vom Mi­ra­dor de San Nicolás auf die Al­ham­bra zu erfreuen.

      ♦ Busverbindungen zum Albaicín: Alle Ab­fahr­ten ab der Plaza Nueva. Hinauf zum Al­bai­cín fahren die Kleinbuslinien C31 und C32, die Ver­bin­dung zum Sacromonte bil­det die C34. Güns­tige Prei­se - zuletzt kostete die Fahrt ge­ra­de mal 1,40 €.

      Santa Ana: Direkt an der Plaza Santa Ana steht diese unge­wöhn­liche, Mitte des 16. Jh. errichtete Kirche. Ihr plate­res­kes Portal kon­tras­tiert mit dem ele­gan­ten Turm im Mudéjar-Stil, der ganz offen­sichtlich einem Minarett nach­em­p­fun­den wur­de und teilweise mit ei­nem blau-wei­ßen Wellenmuster aus Ka­cheln verziert ist.

      Museo Casa de los Pisa: Das schöne al­te Haus an der Calle Convalecencia 1, ur­sprüng­lich im 15./16. Jh. von der Fa­mi­lie Pisa errichtet, ist das Ster­behaus ei­nes deut­schen Heiligen. Johannes von Gott (1485-1550) bzw. San Juan de Dios, schon seit früher Jugend fromm, war nach Spanien ausgewandert und hat­te sich dort durch die Predigten von San Juan de Ávila zur tätigen Hilfe an sei­nen Mitmenschen ins­pirieren lassen. 1540 gründete er in Granada ein Kran­ken­haus, bald darauf einen Laienverein zur Kran­ken­pflege. 1550 brach er beim Ver­such, einen jungen Mann vor dem Er­trinken zu ret­ten, zusammen. In die Casa de los Pisas gebracht, deren Be­sit­zer ihm Ob­dach gewährt hatten, starb er kurz darauf an Entkräftung. Aus sei­nem Laien­verein jedoch ent­wi­ckel­te sich der „Orden der Barmherzigen Brü­der“ (Or­den Hospitalaria de San Juan de Dios), der heute auf allen Kon­ti­nen­ten präsent ist. 1630 wurde San Juan de Dios selig- und 1691 heiliggesprochen. Die Casa de los Pisa wurde nach dem Aus­ster­ben der Familie Pisa Ende des 19. Jh. von den Barm­her­zigen Brüdern über­nom­men und ist heute ein Mu­se­um, das sich dem Or­den und seinem Grün­der wid­met. Zu sehen sind (über­wie­gend sakrale)