Thomas Schröder

Andalusien Reiseführer Michael Müller Verlag


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      Restauriert: der „Löwenhof“ Patio de los Leones

      Ein weiterer Raum leitet vom Mexuar zum „Myrtenhof“ Patio de los Arra­yanes (auch: Patio de Comares) über, dem zentralen Innenhof des Ser­rallo. Spätes­tens hier beginnt man nun wirk­lich den Zau­ber des Orients zu spü­ren. Schlan­ke Säu­len, hauchfeine Or­na­mente, ein was­ser­gefülltes Zier­be­cken - alles atmet Leich­tigkeit, ist von schwe­reloser Ele­ganz. Im Norden des Myr­ten­hofs be­her­bergt die Torre de Comares den gleich­na­migen Saal, zu dem man durch einen schma­leren Vor­raum ge­langt. In dem auch als Sala de los Embaja­dores („Saal der Ge­sand­ten“) bezeichne­ten Prunk­raum em­p­fing der Herrscher aus­län­di­sche Di­plo­ma­ten und hohe Gäste, hier stand sein Thron. Entspre­chend pracht­voll ist der Saal ausgestattet, mit einer De­cken­kup­pel aus feins­tem Zedernholz und Wandarabesken in über 150 ver­schie­de­nen Mustern. Die Ko­ransuren, In­schriften („Ich bin das Herz dieses Pa­las­tes“), geo­metrischen und pflanz­li­chen Aus­schmückungen waren ein b­e­s­on­de­res Ste­cken­pferd von Yu­suf I., der den be­teiligten Meistern genaue An­wei­sung­en gab. Lange währte sei­n­e Freu­de am Ergebnis nicht: 1354, kurz nach Fertigstellung der Dekora­tion, wur­de er in der Moschee der Al­ham­bra er­mordet.

       Harem

      So großartig schon der Myrtenhof - der ab­solute Höhepunkt der Alhambra wird erst im Patio de los Leones er­reicht. Der berühmte „Löwenhof“, Glanz­stück islamischer Architektur, ist das Herz des Harems.

      Dieser Trakt war das intime Privat­reich Mohammeds V., zugänglich nur für ihn, sei­ne Frauen, Konkubinen und Kin­der; Diener zählten nicht. Den Mit­tel­punkt des von fast schwerelosen Ar­ka­den umsäumten Hofs bildet der Brun­nen mit zwölf Was­ser speienden, ge­drun­ge­nen Löwen. Vier kreuz­för­mig ver­lau­fen­de Was­ser­rin­nen gehen von ihm aus. Seit 2002 war der Löwenhof Ob­jekt einer auf­wän­di­gen Res­tau­rie­rung, die erst 2012 ab­ge­schlossen wur­de. Bei den Ar­bei­ten wur­de nicht nur der bisherige Bo­den­belag durch einen neu­en aus Macael-Marmor ersetzt, ganz ähnlich dem, der zu Zeiten Mo­ham­meds V. ver­legt war - man stellte auch bei der Res­tau­rierung der Löwen selbst fest, dass je­der von ihnen un­ter­schied­liche Ge­sichts­züge auf­weist. „Wie in allen Tei­len des Palas­tes zeigt auch hier die Archi­tek­tur eher aus­ge­such­te Fein­heit und ex­quisite Ele­ganz als bauliche Er­ha­ben­heit und Größe. Sie verrät einen zar­ten, an­mu­ti­gen Ge­schmack, der den Nei­gun­gen der Be­woh­ner zu besinn­li­chem Ge­nuss und Ver­gnügen Rechnung trug“ (Wash­ing­ton Ir­ving). Die drei um den Hof lie­gen­den Säle sind ebenfalls wun­der­schön. Be­vor man sie auf­sucht, lohnt sich je­doch noch ein Blick auf die tropf­stein­ar­tigen Vordä­cher an den Schmal­sei­ten.

      Die Sala de los Abencerrajes an der Süd­seite des Hofs besitzt eine wun­der­ba­re, träu­merisch beleuchtete Kuppel­de­cke in der Art von Honigwaben, die sich im Brun­nen des Saals spiegelt. Herb ist der Kontrast des lieblichen An­blicks zu der blu­ti­gen Geschichte des Saals: Hier soll einst eine schaurige Met­zelei an 36 Mit­glie­dern der Aben­cer­rajes-Familie stattgefunden ha­ben; die rost­farbenen Fle­cken im Brun­nen und auf dem Fußboden, so die Le­gende, stam­men von ihrem Blut.

      In der Sala de los Reyes, an der Ost­sei­te des Patios und ebenfalls pracht­voll mit Sta­laktitenkuppeln ge­schmückt, ist ein Verstoß gegen den Ko­ran zu sehen: ein Decken­fresko mit der Darstellung von zehn Männern, die man als Könige in­ter­pre­tier­te (daher der Name „Saal der Könige“) - der is­la­mische Glaube ver­bietet je­doch fi­gür­liche Darstellungen. Auch in mehreren Ni­schen sind sol­che Abbildun­gen er­kenn­bar; vielleicht ein Zeichen der lang­samen Aufwei­chung von Glau­bens­vor­stel­lun­gen zum Ende der Dy­nas­tie hin.

      Die Sala de las Dos Hermanas („Saal der zwei Schwestern“) hat ihren Na­men von den zwei großen Mar­mor­plat­ten am Boden; ihre Sta­lak­ti­ten­kup­pel und die gesamte Ausstattung über­trifft noch die des Saals ge­gen­über. Von hier ge­langt man zu ei­nem klei­neren Raum, des­sen Balkon als Mirador de Daraxa be­kannt ist, als „Aus­sichts­punkt der Sul­tanin“. Da­nach führt der Weg durch ei­ne Reihe von Räumen, die der christ­li­che König Karl V. während seiner Flit­ter­wochen und auch danach noch ge­le­gent­lich be­wohnte. In diesen Habitació­nes de Carlos V. lebte und arbei­tete 1829 der ame­rikanische Schrift­steller Wa­shing­ton Irving. Seine 1832 er­schie­ne­nen „Er­zählungen aus der Al­ham­bra“ mach­ten den allmählich verfallen­den Pa­last weithin bekannt und ver­hin­der­ten so dessen fort­schrei­tende Zer­störung.

      Die Baños Reales, die „königlichen Bä­der“, erreicht man über Treppen und den „Zy­p­res­senhof“ Patio de los Ci­pre­ses. Die aus mehreren Räumen (Ru­he­r­aum, Bade­räu­me, Dampfbad) be­ste­hen­den Bäder stammen ur­sprüng­lich aus der Zeit Yu­sufs I., wurden aber spä­ter mehrfach umgebaut.

       Jardines de Partal

      Aus den Baderäumen gelangt man in die wunderbaren Gärten der Alhambra. Bis ins 20. Jahrhundert waren die Jar­dines de Partal verödet; die ur­sprüng­li­che Form der Anlage war jedoch be­kannt geblieben, so dass sie neu be­pflanzt wer­den konnte. Die zu fast je­der Jahreszeit blühenden Gärten geben ei­nen schö­nen Rastplatz ab, an ihrem Rand bietet der Palacio de las Damas wei­te Ausbli­cke auf Albaicín und Sacro­monte. Durch ein Tor geht es hi­naus aus dem Palast­gelände, der Rück­weg ist nicht möglich.

       Palacio Carlos V.

      Der gewaltige Palast, den König Karl V. ab 1527 in die Alhambra setzen ließ, ruft unterschiedliche Reaktionen her­vor. Verständliches Befremden ei­ner­seits, passt er doch so gar nicht in die­sen is­la­mi­schen Mikrokosmos; Nach­sicht andererseits, da er die vor allem nach in­nen ge­kehrte Architektur der Nasriden nicht allzusehr stört und gleich­zeitig als be­deu­tendstes Bauwerk der Hochrenaissance in Spanien gilt. Der quadrati­sche Pa­last auf einem Grund­riss von 63 Meter Seitenlänge blieb unvollendet; fer­tig­ge­stellt wurde je­doch der kreisrunde Innenhof mit um­laufenden Säulenga­le­rien in jedem der bei­den Stockwerke. Er wird oft mit ei­n­er Stier­kampfarena ver­glichen, und ge­nau so sieht er auch wirklich aus.

      In den Gärten des Generalife

      Der Palacio beherbergt zwei se­hens­wer­te Mu­seen. Im Museo de la Al­ham­bra (Mi-Sa 8.30-18 Uhr, Di/So 8.30-14.30 Uhr; gra­tis) ist eine Ausstellung des mau­ri­schen Kunsthandwerks zu se­hen, die auch eine ganze Reihe von Ein­rich­tungs­gegenständen der Al­ham­bra selbst umfasst; ihr Prunk­stück ist die wunderbar gefertigte Vase „Jarron de las Gacelas“ aus der Mitte des 14. Jh. Das Museo de Bel­las Artes (Mu­seum der Schönen Künste, Di-Sa 9-18 Uhr, So 9-15 Uhr; Eintritt für EU-Bürger frei, sonst 1,50 €) zeigt Skulpturen und Ge­mälde von Meistern wie Diego de Siloé und Alon­so Cano. Die Ausstellung be­sitzt eine lange Tradition: Sie wur­de be­reits 1839 gegrün­det und re­sidiert seit 1958 im Palacio Carlos V.

       Generalife

      Die Gärten des Generalife sind auf ihre eigene Art fast so reizvoll wie der Nas­ri­denpalast und sie kom­men den Schil­derungen des Ko­rans be­züglich des Paradieses wohl recht nahe - so nicht gerade mehrere Rei­se­grup­pen über sie herfallen.

      Am Morgen, wenn sich alles auf die Al­hambra stürzt, und am Abend kann man die­ses kleine Paradies aus Was­ser, Blü­ten und Licht am schönsten ge­nie­ßen. Der Ge­nera­life gibt aber auch ei­nen feinen Ruheplatz an hei­ßen Nach­mit­ta­gen ab. Einst diente er als Som­mer­sitz der Nasriden-Könige, die sich hier auch einen Palast hin­stel­len lie­ßen. Von christlichen Herr­schern mehr­fach um­ge­baut, hält der Bau aller­dings kei­nen entfernten Ver­gleich mit den Palacios Nazaríes aus. Es sind die Park­anla­gen selbst, die die­sen „schöns­ten al­ler Gär­ten der Welt“ so anziehend