Allerdings umfing ihn ein vertrauter Geruch, er befand sich nach wie vor auf der VAZIFAR.
»Ich glaube, er kommt zu sich«, sagte eine Stimme in seiner Nähe.
Es waren die harten, schnarrenden Laute der Laboris. Er reagierte verwundert und fragte sich, wie lange er bewusstlos gewesen war.
»Yesevi Ath – bist du es?«
Ein knarrender Laut des Triumphs antwortete ihm.
»Amtranik ist bei Bewusstsein! Hört, ihr Krieger von Garbesch: Der Herr der letzten Horde ist zurück!«
Jubelnde Stimmen erklangen. Amtranik fühlte neue Kraft, er sah die vertrauten Umrisse der Befehlszentrale. Er ruhte auf einer breiten Liege, und vor ihm stand Yesevi Ath.
»Was ist geschehen?«, fragte er.
»Terraner sind in die VAZIFAR eingedrungen und haben die Gefangenen befreit. Aber das bedeutet nichts. In wenigen Stunden wird es auf diesem Planeten keine Terraner mehr geben.«
Der Vorbeißer der Laboris streckte eine Hand aus. Zwischen seinen Fingern lag ein Brocken kristalliner Substanz. Amtranik dachte an seinen letzten Befehl – und erschrak. Er hatte angeordnet, dass die Kristallsubstanz nicht an Bord gebracht werden dürfe, solange ihre Unschädlichkeit nicht nachgewiesen war.
»Wie kommt das Zeug hierher?«, fragte er.
»Die Roboter nahmen an, dass du ihren Fund besichtigen wolltest, deshalb brachten sie ihn hierher.«
Amtranik stemmte sich halb in die Höhe.
»Ohne vorherigen Versuch?«, stieß er hervor.
»Wir wissen nichts von einem Versuch, Herr«, sagte Ath.
»Gib mir das Stück!« Amtranik streckte die Hand aus. »Es scheint euch nicht geschadet zu haben, also probiere ich es an mir selbst aus.«
Ath gehorchte. Amtranik schloss die Finger um den Kristall. Einen Atemzug lang spürte er keine Wirkung, dann schien die Beleuchtung heller zu werden. Die Geräusche ringsum wurden deutlicher. Er roch die Körperausdünstung der Krieger, das wilde Aroma von Kampf und Unerbittlichkeit.
Der lähmende Schmerz, der ihn behindert hatte, wich schnell. Amtranik fühlte sich kräftig und ausgeruht, seine Gedanken waren klar wie schon lange nicht mehr.
Verwundert betrachtete er den glitzernden Stein, dann schob er ihn in eine Tasche seiner Montur und stand auf. Seine Krieger wichen ehrfürchtig vor ihm zurück.
»Hört mich an!«, rief der Hordenführer. »Die Dämonen von Garbesch weisen uns den Weg, dem unseligen Bann zu entkommen, der uns gefangen hielt. Bald wird diese Galaxis vor dem Ansturm der neuen Horden erzittern.«
»Das Muster ist durchbrochen«, sagte Julian Tifflor. »Nach dem statistischen Modell hätte ein neues Beben spätestens vor dreißig Stunden stattfinden sollen.«
Homer G. Adams sah den Ersten Terraner mit einem merkwürdigen Lächeln an.
»Höre ich aus deinen Worten eine Klage heraus, dass kein weiteres Weltraumbeben stattgefunden hat?«
Der Erste Terraner machte eine ungewisse Geste. »Hört sich grotesk an, nicht wahr? Trotzdem ist die Sache ernst. Wenn unser statistisches Modell zusammenbricht, haben wir keinen brauchbaren Evakuierungsplan mehr.«
»Es sei denn, wir entwickeln ein neues Modell. Das funktioniert aber nur auf der Basis einer Vielzahl von bedrohlichen Ereignissen.« Adams gab ein ärgerliches Lachen von sich. »Ein Teufelskreis, nicht wahr?«
»Als ob ich es nicht wüsste«, sagte Tifflor. »Uns bleibt vorläufig nichts anderes übrig, als weiter nach dem alten Modell zu verfahren. Die erste Evakuierungsflotte ist unterwegs.«
Ein Warnzeichen unterbrach ihn. »Orterposten Ex-Pluto meldet den Einflug eines UFO-Mutterschiffs«, erklang eine Roboterstimme.
»Es wird interessant sein, was er zu sagen hat«, bemerkte Adams nachdenklich.
»Er? Wer?«
»Der Kommandant des Mutterschiffs.«
In dem Moment wurde ein Hyperkomspruch durchgeschaltet. Tifflor war zwar durch die Nachricht vorgewarnt, der Anblick des zierlichen Hominiden überraschte ihn dennoch.
»Alurus!«
»Ich begrüße Sie, Julian Tifflor. Ich habe wichtige Nachrichten für Sie und bin bereit, Sie an einem möglichst neutralen Ort zu treffen.«
Der GAVÖK-Kreuzer schwebte hoch über der Ebene der Planetenbahnen, vierzig Lichtminuten von Terra entfernt. Julian Tifflor hatte sich per Transmitter an Bord des Kreuzers begeben. Alurus erschien mit einem seiner Beiboote, einem annähernd diskusförmigen Gebilde, das längst vergangene Generationen als »fliegende Untertasse« bezeichnet hatten.
Der Terraner und der Hominide begegneten einander in einem Konferenzraum. Der Erste Terraner empfand nach wie vor ein gewisses Misstrauen gegenüber Wesen von Alurus' Art, und der Auftrag des Hominiden enthielt kein Wort davon, dass er sich dem Ersten Terraner gegenüber anders als sachlich zu verhalten habe.
»Julian Tifflor, ich komme zu Ihnen auf Geheiß der Kosmokraten«, eröffnete Alurus. »Ich habe Ihnen drei Botschaften auszurichten und kenne den Wortlaut, mehr nicht. Fragen, die Ihnen in den Sinn kommen mögen, kann ich nicht beantworten.«
Bitternis stieg in Tifflor auf. Wie oft hatte er mit Wesen zu tun gehabt, die bereit waren zu sagen, was sie zu sagen hatten, sich aber hartnäckig weigerten, seine Fragen zu beantworten?
»Wir haben des Öfteren Kontakt miteinander gehabt, Alurus.« Ein wenig von seinem Ärger drückte sich in seiner Stimme aus. »Sie sollten uns Terraner gut genug kennen, um zu wissen, dass wir eine Botschaft nicht ohne Weiteres akzeptieren. Sprechen Sie ruhig. Ich werde zwar nicht nachfragen, aber Sie kennen meine Vorbehalte.«
»Es handelt sich um drei erfreuliche Nachrichten.« Alurus lächelte. »Sie werden keine Schwierigkeiten haben, sie zu glauben. Erstens: Die Restaurierung der manipulierten Materiequelle ist abgeschlossen.«
»Was immer das bedeuten mag ...«, murmelte Tifflor.
»Es bedeutet, und das ist zugleich die zweite Information für Sie, dass weitere kosmische Beben nicht mehr zu befürchten sind.«
Der Erste Terraner beugte sich in seinem Sessel nach vorn.
»Sagen Sie das noch einmal!«, drängte er.
»Es wird keine weiteren Erschütterungen des Weltraums geben«, wiederholte Alurus unmissverständlich.
Das wäre eine Erklärung für das Versagen des statistischen Modells, schoss es Tifflor durch den Kopf. Es gibt kein nächstes Beben mehr. Das Modell war in Ordnung, doch jemand hat die grundlegenden Voraussetzungen verändert.
»Wenn ich Ihnen das glauben könnte, würde ich Ihnen um den Hals fallen, Alurus.«
Der Hominide winkte ab.
»Jede emotionelle Äußerung Ihrerseits wäre für mich unverdient. Ich übermittle lediglich die Worte der Kosmokraten, und was deren Glaubwürdigkeit anbelangt – nun, Sie brauchen nur abzuwarten und zu beobachten.«
»Wolle Gott, Sie hätten recht.« Julian Tifflor atmete auf. »Eine enorme Last wäre von uns genommen.«
Alurus verneigte sich knapp.
»Sie hatten eine dritte Nachricht«, erinnerte der Erste Terraner den Boten.
»In der Tat. Sie sollten sich auf Perry Rhodans baldige Rückkehr vorbereiten.«
Alurus wandte sich ab und schritt zur Tür hinaus. Tifflor fragte sich, ob er richtig verstanden hatte. Er eilte hinter dem Hominiden her, kam aber nur wenige Schritte weit. Der Kommandant des GAVÖK-Kreuzers stellte sich ihm in den Weg.
»Alurus ist auf dem Weg zum Hangar, sein Boot wird in wenigen Minuten starten. Bei allem Respekt, Erster Terraner, lassen Sie den kleinen Mann unbehelligt.«
Tifflor