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Sprach- und Schriftsprachförderung wirksam gestalten: Evaluation umgesetzter Konzepte


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bezogen auf die beobachteten Situationen erfasst wird. In den Bilderbuchsituationen wurde der von Viernickel und Schwarz (2009) empirisch abgeleitete Schwellenwert von 1:4 Kindern pro Fachkraft durch gute Organisation in 55.00 % der Situationen eingehalten, während dies im Vergleich dazu nur in 25.60 % der gesamten beobachteten Situationen der Fall war. Eine genauere Analyse der Bilderbuchsituationen zeigt, dass ein ungünstiger situativer Fachkraft-Kind-Aktivitätenschlüssel mit einer verringerten Qualität der aktiv sprachlich-kognitiven Lernunterstützung einhergeht. Betrachtet man nur die Anzahl der Kinder in der Situation (statt dem Fachkraft-Kind-Aktivitätenschlüssel), so verstärkt sich der Effekt noch.

      Bilderbuchbetrachtungen, bei denen der Schwellenwert von 1:4 Kindern (Viernickel & Schwarz, 2009) pro Fachkraft eingehalten wurde, zeichneten sich durch eine signifikant höhere Qualität der sprachlich-kognitiven Lernanregung aus. Durchschnittlich erreichten Fachkräfte in diesen Situationen 1.34 Skalenwerte mehr. Bezugnehmend auf die dargestellten explorativen Ergebnisse und die Ausführungen von Viernickel und Schwarz (2009) wäre eine mögliche Implikation für die Praxis, dass Bilderbuchbetrachtungen (und vermutlich auch andere sprach- und kognitionsanregende Aktivitäten) im Krippenalter mit maximal vier Kindern durchgeführt werden sollten. Dies kommt momentan jedoch nur sehr selten vor. Eine kleinere Kindergruppe kann auch bei insgesamt schlechterem Fachkraft-Kind-Schlüssel durch eine gute Organisation des Krippenalltags in einzelnen Situationen erreicht werden. Dadurch würde zumindest den daran beteiligten Kindern eine deutlich höhere Lernunterstützungsqualität zugutekommen. Dabei sollte jedoch unbedingt darauf geachtet werden, dass auch Kinder mit sprachlichem Unterstützungsbedarf von solchen hochwertigen Situationen profitieren, denn oft wird mit diesen Kindern quantitativ und qualitativ weniger sprachunterstützend gesprochen als mit sprachlich kompetenten Kindern (Albers, Bendler, Lindmeier & Schröder, 2013). Auch wenn ein guter (administrativer) allgemeiner Fachkraft-Kind-Schlüssel nicht automatisch zu besseren Lernunterstützungswerten führt, darf er nicht außer Acht gelassen werden. Denn nur bei ausreichender Personalausstattung kann durch gute Organisation des Alltags vielen Kindern eine höherwertige Lernanregung zuteilwerden.

      Bezüglich der Bedingungsfaktoren im Bereich der pädagogischen Orientierungen der Fachkräfte fand sich kein Zusammenhang der Qualität pädagogischer Interaktionen mit den erhobenen Erziehungszielen. Die berufsbezogene Sensitivität der Fachkraft hingegen klärte immerhin 10.20 % der Varianz der Unterstützung von Emotion und Verhalten auf. Ein ähnlicher Zusammenhang zwischen der beobachteten Sensitivität und Qualität wurde auch bei Eckhardt und Egert (2018) und Vermeer et al. (2016) gefunden, die Sensitivität als Verhaltensbeobachtung in die Analysen einbezogen. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Messung von Sensitivität mithilfe eines Fragebogens auch ein praktikables Maß zur Vorhersage von Prozessqualität darstellt. Ein weiterer interessanter Befund in Bezug auf die Qualität im Bereich der Unterstützung von Emotion und Verhalten lässt vermuten, dass der gefundene positive Zusammenhang zwischen subjektiv wahrgenommener Sensitivität der Fachkraft und Unterstützung von Emotion und Verhalten bei zunehmender Verschlechterung des Fachkraft-Kind-Aktivitätenschlüssels abnimmt. Der Fachkraft-Kind-Aktivitätenschlüssel bzw. die Binnenorganisation von Alltagssituationen scheint somit nicht nur mit der Qualität pädagogischer Interaktionen zusammenzuhängen, sondern auch die Wirkung von Aspekten der Orientierungsqualität zu beeinflussen.

      6 Zusammenfassung und Ausblick

      Insgesamt bedürfen die Ergebnisse aufgrund der kleinen Stichprobe und der teilweise widersprüchlichen Befundlage noch weiterer Forschung im Krippenbereich. Es kann aber festgehalten werden, dass insbesondere die Organisation von Situationen ein wirksames Mittel zur Ermöglichung höherwertiger Interaktionen zu sein scheint. Hier zeigte sich für den Krippenbereich eine Kinderanzahl von vier oder weniger Kindern pro Fachkraft als vorteilhafte Gruppengröße für lernunterstützende Bilderbuchbetrachtungen. Die vorliegende Untersuchung hatte dabei alle Kinder im Krippenalter im Blick und es ist möglich, dass für Kinder mit hohem sprachlichem Unterstützungsbedarf die vorgeschlagene Gruppengröße zu hoch ausfällt. Weitere Forschung muss zeigen, ob diese Kinderzahl als Schwellenwert – insbesondere auch für Kinder mit höherem Unterstützungsbedarf – interpretierbar ist und ob sich dies auch für andere Aktivitäten als Bilderbuchbetrachtungen findet. Darüber hinaus scheint die (selbst eingeschätzte) Sensitivität von pädagogischen Fachkräften mit der Unterstützung von Emotion und Verhalten für Kinder im Krippenalter zusammenzuhängen. Die Reflexion und Förderung der Sensitivität der pädagogischen Fachkräfte sollte zunehmend als wichtiger Aspekt in die Aus- und Weiterbildung integriert werden.

      Literatur

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