Группа авторов

Sprach- und Schriftsprachförderung wirksam gestalten: Evaluation umgesetzter Konzepte


Скачать книгу

Bewusstsein für die Bedeutung der ersten Lebensjahre für spätere Entwicklungs- und Bildungsprozesse zum Blickwechsel bei. Andererseits kommt den U3-Einrichtungen aus gesellschaftlicher Perspektive der wichtige Bildungs- und Erziehungsauftrag zu, die außerfamiliär betreuten Kleinkinder ganzheitlich in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Um diesem bildungspolitischen Anspruch gerecht zu werden, sind gelingende Fachkraft-Kind-Interaktionen als lern- und entwicklungsfördernde pädagogische Prozesse von zentraler Bedeutung (vgl. Perren, Frei & Herrmann, 2016).

      1.1 Die Bedeutung von Fachkraft-Kind-Interaktionen im Krippenalltag

      Gelingende Fachkraft-Kind-Interaktionen zur Unterstützung kindlicher Lernprozesse im Krippenalter beziehen mehrere Interaktionsbereiche ein. So ist es für die Unterstützung der emotionalen Entwicklung von Bedeutung, dass die Bezugsperson die Signale und Bedürfnisse des Kindes wahrnimmt und darauf adäquat reagiert. Weiter sollten eine positive Beziehung und ein respektvoller Umgang miteinander gepflegt werden und geteilte und authentische Emotionen ein positives Klima zwischen Kind und Fachkraft prägen (vgl. La Paro, Hamre & Pianta, 2012). Auch proaktive Strategien, wie die klare Kommunikation von Erwartungen an das Verhalten der Kinder sowie klare Aufgaben und Routinen, helfen den Kindern dabei, sich in ihrer sozialen Umwelt zu orientieren. Auf diese Weise kann positives Verhalten bei den Kindern unterstützt und problematischem Verhalten entgegengewirkt werden (La Paro et al., 2012). Die Anpassung der Aktivitäten an kindliche Bedürfnisse und Interessen ist ebenfalls als emotions- und verhaltensunterstützende Interaktion anzusehen.

      Auch sprachlich-kognitive Fähigkeiten sind bereits im Krippenalter wichtige Bildungsbereiche und ein Anliegen der Bildungs- und Erziehungspläne der einzelnen Bundesländer. Sprachliche Unterstützung gelingt u. a. durch handlungsbegleitendes Sprechen, eine vielfältige Sprache, das Aufgreifen kindlicher Äußerungen durch Wiederholung und Erweiterung sowie längere und intensivere Dialoge (Hamre & Pianta, 2005, 2007). Darüber hinaus stehen vor allem Interaktionen im Fokus, die das Denken der Kinder anregen und eine aktive Teilnahme ermöglichen sollen. Dabei sind das Bereitstellen von neuen Informationen, ein Feedback zu Lernprozessen, Scaffolding sowie Bestärkung und Ermutigung beim Lernen für den Spracherwerb, aber auch für die kognitive Entwicklung von Bedeutung (Taylor et al., 2003).

      1.2 Die Qualität von pädagogischen Interaktionen und deren Bedingungsfaktoren im Krippen-Alltag

      Prozessqualität

      Die Befunde der bisherigen nationalen Untersuchungen zur Qualität von pädagogischen Prozessen und Interaktionen in Krippengruppen sind eher ernüchternd. Die Ergebnisse der Nationalen Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit (NUBBEK; Eckhardt & Egert, 2018; Tietze et al., 2013) und einer Krippenstudie (Wertfein, Müller & Kofler, 2012) weisen bereits vor dem U3-Ausbau auf eine Prozessqualität in Krippen mit durchschnittlich mittleren Werten hin (ca. 4 von möglichen 7 Punkten, erfasst mit der KRIPS-R; Tietze, Bolz, Grenner, Schlecht & Wellner, 2005). Vereinzelte regionale Untersuchungen zur Qualität der Fachkraft-Kind-Interaktionen im Krippenalter nach dem U3-Ausbau zeigen, dass sich die Unterstützung von Emotion und Verhalten zwar im Durchschnitt im guten Qualitätsbereich befindet, die aktive sprachlich-kognitive Lernunterstützung jedoch durchschnittlich niedrig ausfällt (Bäuerlein, Rösler & Schneider, 2017; Bücklein, Hoffer & Strohmer, 2017). Ähnlich wie im Kindergartenalter (vgl. Wildgruber, Wertfein, Wirts, Kammermeier & Danay, 2016) besteht auch im Krippenbereich Optimierungsbedarf bei lernunterstützenden Interaktionen im Bereich Sprache und Kognition.

      Insgesamt finden sich bedeutende Unterschiede zwischen den Kindertageseinrichtungen bezüglich der Prozessqualität. Zur Erklärung der Prozessqualitätswerte findet sich oftmals eine Unterscheidung der Bedingungsfaktoren in Strukturqualität, Orientierungsqualität und Persönlichkeitsmerkmale der pädagogischen Fachkräfte (vgl. Anders, Roßbach & Kuger, 2016; Eckhardt & Egert, 2018; National Institute of Child Health and Human Development [NICHD], 2002).

      Strukturqualität

      Metaanalytische Befunde zeigen einen soliden Zusammenhang zwischen der Prozessqualität und dem Fachkraft-Kind-Schlüssel (Vermeer, van Ijzendoorn, Cárcamo & Harrison, 2016). In ihrer Expertise kommen Viernickel und Schwarz (2009), bezugnehmend auf die empirisch abgeleiteten Mindeststandards von Tietze und Förster (2005), zu dem Schluss, dass für Kinder unter drei Jahren ein Fachkraft-Kind-Schlüssel von 1:4 nicht überschritten werden sollte, um die kindliche Entwicklung wirksam zu unterstützten. Ergebnisse zur Bedeutung der Anzahl der Kinder in der Gruppe für die Prozessqualität sind inkonsistent (Vermeer et al., 2016; Thomason & La Paro, 2009). Einzelbefunde deuten darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen der Prozessqualität und der Anzahl der Kinder in der Situation gibt (Wertfein, Wirts & Wildgruber, 2015). Zudem unterscheidet sich die Qualität bedeutsam zwischen verschiedenen Situationen (Wildgruber et al., 2016). Moderierte Situationen und Bilderbuchbetrachtungen zeigen dabei im Situationsvergleich die höchste Interaktionsqualität im Bereich der Lernunterstützung.

      Persönlichkeitsmerkmale

      Als Erklärungsansätze für Qualitätsschwankungen in Kindertageseinrichtungen werden oftmals Zusammenhänge von (relativ stabilen) Persönlichkeitsmerkmalen und der Prozessqualität untersucht. Jedoch ist der Forschungsstand zu diesem Zusammenhang überschaubar und die bisherige Befundlage heterogen (vgl. Eckhardt & Egert, 2017, 2018; Pianta et al., 2005; Tietze et al., 2013; Thomason, 2011). Tietze et al. (2013) konnten unter Einbeziehung von anderen Eigenschaften der Fachkraft einen tendenziellen positiven Zusammenhang zwischen der Persönlichkeitsdimension Verträglichkeit und Extraversion und der in der Krippe beobachteten Prozessqualität nachweisen, nicht aber für andere Persönlichkeitsdimensionen. Eckhardt und Egert (2018) fanden im U3-Bereich positive Zusammenhänge zwischen der Persönlichkeitsdimension Gewissenhaftigkeit und der Prozessqualität. Es zeigen sich also empirisch durchaus mögliche Abhängigkeiten. Die Befunde sprechen jedoch nicht für ein spezifisches Persönlichkeitsmerkmal, welches sich als besonders relevant herausstellt, sondern diese Einflüsse scheinen je nach Stichprobenzusammensetzung und Messmethode der Prozessqualität zu variieren.

      Darüber hinaus sind auch zumindest indirekte Zusammenhänge zwischen der Selbstwirksamkeit der Fachkraft und der Prozessqualität anzunehmen. Die zentrale Annahme des Selbstwirksamkeitskonzepts ist es, dass Menschen Erwartungen bezüglich ihrer Kompetenzen, Probleme zu bewältigen, haben. Bei Selbstwirksamkeitserwartungen werden Überzeugungen abgefragt, die Auskunft darüber geben, inwieweit Personen sich selbst und ihre Umwelt als kontrollierbar erleben. Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung von pädagogischen Fachkräften ist unter anderem mit hoher Motivation, effizienteren Problemlösestrategien, höherer Arbeitszufriedenheit und Ausdauer assoziiert (Bäuerlein et al., 2017). Aus einigen Befunden geht hervor, dass besonders Selbstwirksamkeitserwartungen in Bezug auf die eigene Empathiefähigkeit mit prosozialem Verhalten in Zusammenhang stehen (Caprara, Alessandri & Eisenberg, 2012). Für den Schulbereich sowie für das Berufsleben liegen bereits Studien vor, die zeigen, dass höhere Selbstwirksamkeitserwartungen mit einer höheren Unterrichtsqualität bzw. Jobperformanz einhergehen (Klassen & Tze, 2014; Stajkovic & Luthans, 1998). Ob dieser Zusammenhang auch im Bereich der frühkindlichen Bildung zu finden ist, gilt es noch zu untersuchen.

      Pädagogische Orientierungsqualität

      Darüber hinaus gilt die pädagogische Orientierungsqualität als weiterer Bedingungsfaktor von Prozessqualität (Anders et al., 2016). Unter pädagogischen Orientierungen werden u. a. Einstellungen und pädagogische Überzeugungen, Erziehungs- und Lernziele subsumiert. Es wird angenommen, dass die pädagogischen Orientierungen der Fachkräfte ihr Handeln beeinflussen und somit auch die pädagogischen Prozesse prägen. Eine Reihe von empirischen Belegen bestätigen den Zusammenhang von Orientierungsqualität und Prozessqualität (u. a. Pianta et al., 2005; Eckhardt & Egert, 2017, 2018). So weisen erste Ergebnisse aus Deutschland auf eine bedeutsame Rolle der Erziehungsziele für die Prozessqualität hin (Eckhardt & Egert, 2017, 2018; Tietze et al., 2013). Einen weiteren Aspekt pädagogischer Orientierungen stellen berufsbezogene soziale Kompetenzen, insbesondere die »Sensitivität«