Elena Beis

Fettnäpfchenführer Südafrika


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als Muttersprache. Sie nennen sich Afrikaner. Im Deutschen schreibt man es als Afrikaaner mit zwei ›a‹, um es von (Schwarz-)Afrikaner zu unterscheiden. Die Afrikaaner oder Buren sind die Nachfahren der holländischen, deutschen, französischen und britischen Siedler, die im Zuge der Kolonisation durch die Niederländische Ostindien-Kompanie ans Kap gekommen sind. Sie sind aber auch zu 8 Prozent schwarzer Abstammung, wie in mehreren Genanalysen festgestellt wurde. Afrikaaner mussten sich über die Jahrhunderte nicht nur gegen die Zulu und andere schwarze Stämme, sondern auch gegen die übermächtigen Briten zur Wehr setzen. Die Briten kamen später als die Buren nach Südafrika, annektierten aber Teile des Landes und versuchten, die Buren ihrem Regierungsstil zu unterwerfen. Sie führten brutale Kriege gegen die Buren und brachten Tausende ihrer Frauen und Kinder in sogenannten ›concentration camps‹ um. Als die konservative Burenpartei, National Party, 1948 zum ersten Mal die Regierungsmacht über Südafrika erhielt, kehrten sie ›den Spieß um‹ und bauten ein rigoroses politisches System auf, in dem Anglo-Südafrikaner weitestgehend politisch entmachtet wurden, die schwarze Mehrheit unterdrückt und Afrikaans zur Amtssprache erklärt wurde.

       3.2 Anglo-Südafrikaner

      Die zweitgrößte Gruppe innerhalb der weißen Bevölkerung (39 Prozent) sind die Englisch-Muttersprachler oder Anglo-Südafrikaner. Die Englisch sprechenden Weißen kamen in mehreren Etappen nach Südafrika und wohnten überwiegend in den Städten. Sie prägten das architektonische und soziale Leben der Städte und beschäftigten sich insbesondere mit der Wirtschaft, dem Handel und der Industrie. Es waren vor allem Englisch sprechende Geschäftsleute, die mit dem südafrikanischen Bergbau die großen Eckpfeiler des südafrikanischen Wohlstandes aufgebaut haben.

       3.3 Andere Weiße

      Man wird in Südafrika auch auf viele Weiße griechischer, portugiesischer und deutscher Abstammung treffen. Außerdem lebt in Südafrika eine sehr einflussreiche, circa 85.000 Personen umfassende jüdische Gemeinde.

      Die ersten jüdischen Siedler kamen bereits 1652 mit Jan van Riebeck, dem Gründervater Südafrikas, ins Land. Während der Diamanten- und Goldminenfunde Ende des 19. Jahrhunderts wanderten weitere Juden aus Europa ein, um sich eine Schlüsselrolle in der Minenindustrie und dem Handel Südafrikas zu sichern. Später folgten deutsche und litauische Juden, die vor den Pogromen in ihrer Heimat flüchten mussten, sodass die Zahl der in Südafrika ansässigen Juden während des Zweiten Weltkrieges auf 120.000 anwuchs.

       4 Asian/Indian (2,5 Prozent der Gesamtbevölkerung)

      Ein kleiner Bevölkerungsteil sind die circa 100.000 Chinesen und 900.000 Inder im Land – im Übrigen die größte Gruppe an Indern, die außerhalb Indiens und Pakistans lebt. Die meisten indischstämmigen Südafrikaner leben in der Provinz KwaZulu-Natal an der Ostküste Südafrikas und praktizieren ihre alten Kulturen und Traditionen. Etwa 70 Prozent der indischen Bevölkerung sind Hindu, 20 Prozent Moslem und 10 Prozent Christen. In Durban prägen die Moscheen und Tempel das Stadtbild maßgeblich.

      Die Inder kamen in zwei Wellen ins Land: Die ersten Inder wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts als Vertragsarbeiter für die Zuckerrohr-felder in Natal angeworben. Als sie nach Beendigung ihres Fünf-Jahres-Vertrages die Möglichkeit erhielten, Land zu erwerben, entschieden sich viele, in Natal zu bleiben, weil ihnen die Lebensumstände in Südafrika besser gefielen als in ihrer indischen Heimat.

      Die andere Gruppe kam als sogenannte ›Schifffahrtsinder‹ (passage indians) ins Land. Sie bezahlten ihre Überfahrt selbst. Die Mehrheit dieser Inder waren Muslime und arbeiteten auf Plantagen oder ließen sich in Natal als Geschäftsleute nieder. Viele von ihnen zogen weiter nach Transvaal und in die Kapprovinz. 20 Prozent der heutigen südafrikanischen Inder sind Nachfahren jener Schifffahrtsinder.

      5

       VORSICHT VERSUS WAHN

      Auf einmal wird es sehr sehr hell und sehr sehr heiß. Zeit aufzustehen!

      Silvie reißt die eh sehr lichtdurchlässigen Vorhänge auf, um Simon zu signalisieren, dass das Leben, sie und Kapstadt draußen auf ihn warten. Als sie auf dem Fenster schaut, bekommt sie eine Gänsehaut.

      Wow. Aber wirklich WOW.

      Der Tafelberg.

      In natura wirkt er noch viel imposanter als auf den Fotos. Er ragt in unmittelbarer Nähe mitten aus der Stadt heraus. Der Anblick dieses riesigen, Ehrfurcht gebietenden Bergmassivs auf der einen Seite, die süße grüne Bergkuppe mit den vereinzelten schief wegstehenden Bäumen auf der anderen Seite und das phosphoreszierende Himmelblau drum herum lösen einen regelrechten Endorphinrausch in Silvie aus.

      (Apropos: ›Signal Hill‹ schrumpft neben dem Tafelberg visuell tatsächlich zu einem Hügelchen zusammen, hat aber immerhin eine Höhe von 350 Metern. Mehr dazu siehe Lions Head & Signal Hill.)

      Hätte sie keine so lange Liste an Sehenswürdigkeiten und To-Dos, die sie in den kommenden fünf Kapstadt-Tagen abhaken MUSS, würde sie sich jetzt die nächsten fünf Stunden auf den Balkon setzen, den Berg anschauen und die südafrikanische Sonne auf die Haut strahlen lassen.

      Aber in ein paar Tagen geht es schon wieder weiter ins Landesinnere und von daher gilt es, keine Minute zu verschwenden! Und das mit dem fünfstündigen Sonnenbad auf dem Balkon geht an sich eh nicht. Claudia hat Silvie bereits vorgewarnt, was die Verbrennungsgeschwindigkeiten hier unten angeht. Anscheinend reicht das Ozonloch bis nach Südafrika und man verkohlt sich schneller als man einen Milchkaffee trinken kann.

      »Schatz, kannst du bitte den Vorhang wieder zuziehen?«

      Simon ist es nach dem monatelangen Sonnenentzug zu Hause nicht mehr gewohnt, dass ihn morgens das Licht blendet – die grausame Neon-Variante ausgenommen.

      »Guten Morgen, Liebling. Zeit aufzustehen! Wir haben schon elf Uhr.«

      Natürlich hat Silvie überhaupt keine Ahnung, wie spät es ist, aber sie sagt sicherheitshalber schon einmal elf, um ihren Freund aus dem Bett zu locken.

      Nachdem sie sich eine halbe Tube ihrer fünf mitgebrachten 50+ Sonnenblocker großzügig auf Gesicht, Körper und Haar geschmiert hat, macht sie sich auf dem Weg zum Frühstück. Simon ist mittlerweile in die Gänge gekommen, hat aber, Gott sei Dank, noch nicht realisiert, dass es erst 8:30 Uhr ist. Umso besser! Dafür freut er sich gleich, wenn es das Frühstück noch aufs Haus gibt.

      Als Simon die Treppen zum Frühstücksbereich hinunterschlurft, kann Silvie, die unten bereits am Tisch mit einer kalt gewordenen Tasse Kaffee auf ihn wartet, direkt an seinem Gesicht ablesen, dass er das Frühstück aufs Haus – hätte er denn die Wahl gehabt – gegen die Stunde Extraschlaf eingetauscht hätte.

      »Ist dir eigentlich bewusst, dass es erst neun Uhr ist?«

      »Tatsächlich? Na ja, umso besser, dann sehen wir ja heute noch etwas.«

      Während Silvie ihren Reiseführer studiert, begutachtet Simon Silvies öligen Sardinenlook – Haare inklusive. »Ich verstehe nicht ganz, warum du mich aus dem Bett scheuchst, bevor du dich überhaupt fertiggemacht hast.«

      »Wie bitte? Ich bin geduscht, geschminkt und startklar.«

      »Oh, sorry. Sah nicht danach aus ...«

      »Danke. Sehr charmant! DU solltest dich hier übrigens auch ordentlich eincremen, wenn du keinen Hautkrebs bekommen willst. Die Sonne ist hier nicht wie in Spanien.«

      »Ich brauche keine Sonnencreme. Ich kriege nie Sonnenbrand.«

      (Apropos: Am stärksten leiden Australien und Neuseeland unter dem antarktischen Ozonloch, aber auch Südafrika ist, vor allem in den Sommermonaten Oktober bis Februar, betroffen. Da die Sonne weitaus aggressiver auf Südafrika als zum Beispiel Südeuropa einstrahlt, sind Hautkrebs und schnelle