muss nicht lange überlegen. Obwohl sie erst ein paar Tage hier ist, macht es Spaß, mal wieder ein paar Worte in einer vertrauten Sprache zu wechseln. Sie schält sich aus ihren Laken und verschwindet ins Bad. Eine halbe Stunde später schreitet eine Lena aus besagtem Bad, die sich zwar nicht wach fühlt, aber zumindest einen aufgeweckten Eindruck macht.
Die beiden ziehen los, scheinbar planlos, doch es dauert nicht lange, bis sie den ersten Coffeeshop ausmachen. Lena ist – zumindest daheim – kein großer Kaffeetrinker, begnügt sich mit der gelegentlichen Tasse Filterkaffee, Milch und Zucker, danke schön. Eigentlich bevorzugt sie Tee, aber das Argument mit dem Koffein klingt nun mal überzeugend.
RECHTS SO!
Früher oder später läuft man an einer Mall vorbei. Und in besagter Mall befindet sich mit ziemlicher Sicherheit auch ein Coffeeshop. In Cairns mag es vielleicht nicht so hektisch zugehen wie in den größeren Städten, aber dennoch gilt drinnen wie draußen, auf den Rolltreppen wie auf dem Gehweg: Links stehen, rechts gehen (bzw. überholen).
Jenny bestellt etwas »to go«, und wenn Lena es nicht falsch verstanden hat, war es ein »flat white«, was auch immer das sein mag. Die Bedienung scheint zu wissen, worum es geht, denn direkt darauf fragt sie Lena: »Hello – how are you today – what is your name?«
»Uhm …« Will der mich anmachen?!
»Hello, uhm. What would you like?«
»One coffee, please, to go«, sagt Lena in dem naiven Glauben, diese Information würde der Bedienung genügen. Doch sie bekommt nur einen fragenden Blick zurück. Zum Glück ist Jenny da, um Lena in wenigen Sätzen zu erklären, wie Kaffee down under geordert wird. Etwas überrumpelt entscheidet sich Lena für einen identischen flat white, der ihr dann auch nach ein paar Minuten in einem großen Plastikbecher serviert wird, auf dem in der Tat »uhm« steht. Lena muss feststellen, dass sie sich noch nicht an den australischen Humor gewöhnt hat.
Mit dem ersten Kaffee des Tages in der Hand schlendern die beiden an der Promenade entlang. Gerade ist Ebbe, und vor ihnen liegt nur ein großes Feld aus Schlamm, in dem sich angeblich Krokodile verstecken. Lena hat sich zwar in den vergangenen Tagen gut amüsiert, aber so ganz ist Australien noch nicht das, was sie sich vorgestellt hat.
»Na ja, was hast du dir denn vorgestellt?«, fragt Jenny. Lena ist sich selbst nicht ganz sicher. Aber als Jenny erzählt, wie sie in den letzten Wochen durch den einsamen Nordwesten Australiens gereist ist, klingt das durchaus nach etwas, was ihr auch Spaß machen könnte. Sonne, einsame Straßen und jede Menge Leben im Busch. Vielleicht ist es einfach an der Zeit, langsam aus Cairns loszuziehen und die Küste zu erkunden?
Der erste Kaffee ist kaum ausgetrunken, schon wird Nachschub organisiert. Dieses Mal ist es ein anderer Laden, aber das Prinzip bleibt gleich – und Lena weiß nun, wie man ans geliebte Koffein kommt, ohne komische Blicke zu kassieren.
Quatschend verbringen die beiden den frühen Nachmittag und beschließen, in wenigen Tagen Cairns zu verlassen – erst mal in Richtung Süden. Dorthin, wo es etwas kühler ist, aber nicht so wirklich kühl. Vielleicht auf Jobsuche gehen, um ein bisschen Geld in die Urlaubskasse zu bekommen.
Doch die restlichen Nächte gilt es noch auszukosten, und Jenny bestätigt, dass das Nachtleben von Cairns locker mit dem großer Städte mithalten kann. Genau wie Lena findet sie es herrlich international und irgendwie feiert es sich gleich viel entspannter, wenn man weit weg ist von daheim.
Geez! Was ist da schiefgelaufen?
Ja, Cairns ist ein feiner Ort, aber viel zu bieten hat die Stadt in der Tat nicht. Mehr als alles andere ist Cairns ein Sprungbrett für Ausflüge in der ganzen Region. Und doch ist die Stadt wie ein Magnet für Backpacker, die – im weitesten Sinne – Spaß suchen. Das heißt aber auch, dass man eine Vielzahl von Typen um sich hat, die nur Party machen möchten, die supercool herumschleichen und Dinge sagen wie »shit was cash«, das englische Äquivalent zu »geilomat«.
Was Cairns für Lena aber gefährlich macht, ist das verlockende Nachtleben. Denn Lena leidet noch mächtig unter ihrem Jetlag. Und nächtliches Feiern ist tödlich, wenn es darum geht, in den australischen Rhythmus zu kommen – immerhin ist Australien Europa bis zu zehn Stunden voraus.
Auch die eingeschlagene Koffeintherapie ist da eher von zweifelhaftem Nutzen. Das eigentliche Fettnäpfchen lauert aber darin, dass Lena den Betrieb aufhält, nur weil sie nicht weiß, wie Kaffeetrinken down under funktioniert. Australien ist eine der koffeinabhängigen Nationen dieser Welt, hat aber eigene Spielregeln fürs Heißgetränk.
Vielleicht kennen Sie den Schlag Leute: Morgens, auf dem Weg zur Arbeit, beim Umsteigen von einer Bahn in die andere, möchte man noch schnell zum Bäcker. Vor einem eine lange Schlange, die zügig abgearbeitet wird. Doch obwohl man mehrere Minuten warten muss, hat man vor sich einen Typen, der erst dann, wenn er dran ist, anfängt zu überlegen, was er eigentlich will. Und bestenfalls noch ein paar dämliche Fragen zu Preisen und Inhaltsstoffen stellt. Das ist Lena in diesem Beispiel. Seien Sie nicht Lena.
Was können Sie besser machen?
Jetlags, das ist eine Wissenschaft für sich. Es kursieren Tausende Tipps und Rezepte, wie man die Effekte angeblich mildern kann, doch die Ratschläge sind oft verwirrend und teils widersprüchlich. Und dazu kommt: Jeder reagiert sehr individuell auf den großen Zeitunterschied. Es gibt Menschen, die gar nicht wissen, was ein Jetlag ist – und andere, die nach zwei Wochen immer noch auf dem Zahnfleisch kriechen.
Weitestgehender Konsens scheint allerdings darüber zu bestehen, dass man sich möglichst schnell (und möglichst ohne Medikamente) an den »echten« Rhythmus des Ziellandes anpassen soll. Sprich, möglichst bald zu den richtigen Zeiten zu essen und zu den richtigen Zeiten zu schlafen. Das ist natürlich einfacher gesagt als getan – etwa dann, wenn einen schon mittags die Müdigkeit erschlägt.
Glücklicherweise gibt es aber ein völlig legales Hilfsmittel, dessen Wirksamkeit belegt ist, und davon gibt es in Australien reichlich. Sonne – oder, allgemeiner: Licht – hilft dem Körper, seinen Hormonhaushalt schneller umzustellen. Das Beste ist es also, sich möglichst viel draußen aufzuhalten (nicht unbedingt in der prallen Sonne, aber draußen). Das Fatalste ist es, wie Lena die Hälfte des Tages zu verschlafen und dafür die Nacht zum Tag zu machen.
Natürlich hilft es auch, wenn man gleich vernünftig schlafen kann. Für alle, die in Hostels nächtigen, sind Ohrstöpsel daher ein Muss. Anfangs ist es ungewohnt, gar störend, mit ihnen zu schlafen; daher empfiehlt es sich, die ersten Nächte, in denen man wahrscheinlich todmüde ist, zur Eingewöhnung zu nutzen. Ohropax helfen, enorm viele der störenden Geräusche zu filtern, die die lieben Mitbewohner so produzieren. Und wer wie Lena nicht schlau im Voraus bucht, maximiert seine Chancen, das dorm mit einem Schnarcher zu teilen.
Zweifelhaft ist dagegen Jennys Ansatz, Lena mit Koffein auf Touren zu bringen. Sicherlich ist das verlockend – ein leckerer Fix, und danach ist man wach –, doch der Körper gewöhnt sich sehr schnell ans Koffein und kommt ohne es dann gar nicht mehr zum Laufen. Daher empfiehlt sich der Kaffee nur als Genuss- und nicht als Aufputschmittel.
Bei der Bestellung erlebt Lena dann zum ersten Mal einen Anflug von australischem Humor (auf den wir in Episode 11 ausführlicher zu sprechen kommen werden), doch das eigentliche Problem liegt darin, dass down under andere Bezeichnungen für den Kaffee üblich sind. Natürlich gibt es Dutzende von Bezeichnungen für die exklusivsten Kaffeekreationen, wichtig sind aber der flat white (Espresso mit heißer Milch, also nahe am Milchkaffee) und der long black (Espresso mit heißem Wasser, also nahe am schwarzen Kaffee). Wer Milchschaum auf seinem flat white möchte, bestellt bitte den latte; wer nur Milchschaum zum Espresso will, einen macchiato. Üblich ist aber in jedem Fall, dass der Kaffee mit teuer aussehenden Hightech-Maschinen