Jan-Rolf Janowski

Fettnäpfchenführer Korea


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kein Problem. Ich bin ja kein Kleinkind!«

      »Gut, ich schicke Ihnen die Infos per SMS.«

      »In Ordnung.« Nico legt auf und schon vibriert sein Handy. Die SMS verwirrt aber mehr als sie hilft: Meeting Point: »Green Line, Euljiro-3-ga Stn.«

      Wen könnte er um Rat fragen? Die Bedienung scheidet aus. Sie hat vorhin schon nicht verstanden, was er trinken wollte, und nach einigem Verhandeln hatten sie sich auf einen Americano geeinigt.

      Also trinkt er seinen wässrigen Amerikanerkaffee zu Ende und verlässt das Café, um auf der Straße nach einem Opfer zu suchen. Eine junge Dame, die ihn gerade zufällig angeschaut hat, muss dran glauben. Nico geht schnellen Schrittes auf sie zu, sie versucht noch wegzuschauen, doch dann geht es los:

       »You know Eh-Ull-Yi-Ro-Three-Ga, Green Line?«

       »Ye?«

      »E-Ull-Tschi-Ro-Three-Ga Station, Green Line, choo choo«, versucht es Nico nun, doch auch sein Körpereinsatz im Darstellen eines fahrenden Zugs führt zu keiner veränderten Reaktion.

      »Ne?« Verwirrt wendet sich die Dame wieder ihrem Smartphone zu und dackelt weiter.

      Als er die zweite Dame anspricht, springt diese sogar wie ein erschrockenes Häschen davon und kichert ihm noch »No English, sorry« zu.

      Also beschließt er, doch im Café nachzufragen. Natürlich kennt keiner den U-Bahnhof. Endlich kommt ihm die Idee, dass der Fehler bei seiner Aussprache liegen könnte, und zeigt den Damen hinter der Theke schlicht die SMS, die ihm Jane geschickt hat.

      »Aaaah! Üldschirosamga!«, entfährt es nun gleichzeitig den drei Damen, die sich über die SMS gebeugt haben. Auf eine Serviette schreiben sie ihm den Weg zum U-Bahnhof und wo er umsteigen muss, doch Nico ist noch immer nicht ganz sicher. Also holt die nächste ihren Tablet-PC hervor und zeigt ihm in 3-D den Weg zum Bahnhof.

      Tatsächlich. Die Technik hat geholfen, Nico findet problemlos zum U-Bahnhof. Auch das Ticketkaufen ist gar kein Problem: Der Automat auf Englisch ist einfach zu bedienen, und über das T-Money-System hat sich Nico bereits im Internet informiert. Geld rein, Karte aufgeladen raus und dann an den Drehkreuzen auf den Sensor gelegt. Etwas komisch findet er es schon, dass er scheinbar der Einzige mit einer solchen Karte ist, während alle anderen das Portemonnaie auf den Sensor legen, aber egal. Auf jeden Fall ist er jetzt drin. Doch ätsch. Welche Richtung ist nun die richtige?

      Die Stationsnamen sind zwar alle auch in Umschrift mit lateinischen Buchstaben angegeben, aber was nutzt das, wenn man mit diesen Bezeichnungen nichts anfangen kann: in die eine Richtung Hapjeong, Sindorim, Sadang, Seocho, Gangnam, in die andere Richtung City Hall, Euljiro-1-ga, Sindang, Wangsimni, Seongsu, Gangbyeon.

      Moment. Euljiro, das stand doch in der SMS. Warum aber 1-ga? Egal, probieren geht über studieren.

      Wenige Minuten später zeigt sich: Glück gehabt, nach Euljiro-1-ga kommt 3-ga, es war also die richtige Richtung.

       UNTERWEGS MIT BUS, BAHN UND TAXI: KARTE STATT KLEINGELD

      Im öffentlichen Verkehr läuft alles über das Bezahlsystem T-Money. Man lädt eine Karte auf und hält diese dann in Bus, Bahn und Taxi einfach gegen einen Sensor. Viele Kreditkarten in Korea haben eine integrierte T-Money-Card, sodass man einfach nur sein Portemonnaie auf den Sensor zu legen braucht und der Betrag wird bequem vom Bankkonto abgebucht. Zudem spart es gerade in Bussen enorm Zeit, wenn alle nur einmal den Sensor antippen, anstatt mit Kleingeld zu hantieren. Aufladbar ist die Karte nicht nur in U-Bahnhöfen, sondern auch in allen Convenience Stores (siehe Episode 18) und vielen anderen Läden. In der U-Bahn kommt man nur auf die Bahnsteige, wenn man den Sensor aktiviert hat. Schwarzfahren wird so zu einem Kunststück, da man unter den Augen des Bahnhofspersonals über Zäune oder unter Drehkreuzen hindurchmüsste. Aber beim Preis einer Fahrt von etwa einem Euro ist Schwarzfahren ohnehin den Aufwand kaum wert.

      1-ga, 2-ga, 3-ga und so weiter sind Bezeichnungen für Kreuzungen großer Straßen. Ro ist die Bezeichnung für Straße. Die U-Bahn-Station Euljiro-3-ga ist also vom westlichen Beginn an die dritte große Kreuzung der Eulji-Straße, einer Hauptstraße des alten Zentrums in Seoul. Und Eulji war ein berühmter General, der vor Urzeiten die Chinesen hoch im Norden ordentlich ärgerte, aber das führt jetzt zu weit.

      Mit nur geringer Verspätung kommt Nico am verabredeten Treffpunkt an, wo Jane schon auf ihn wartet: »Ah, da sind Sie ja! Sie haben sich wohl schnell zurechtgefunden. Sind schon ein richtiger Seouler.« Sie grinst ihn an. Nico ist beeindruckt: Die Frau ist groß, schlank, gepflegt mit einem gut sitzenden Trenchcoat und High Heels und wallenden schwarzen Haaren. Wenn das seine Betreuerin ist, steht einem angenehmen Praktikum nichts mehr im Wege.

      »Nein, Seoul und ich, das dauert noch etwas. Sie sind, glaube ich, bisher das Beste, was ich hier gesehen habe«, bemerkt Nico in einer Art, die zumindest er charmant findet.

      Jane lächelt höflich, bemerkt dann aber kühl: »Es heißt übrigens nicht Se-ul, das machen alle falsch.«

      Autsch, die Offensive ging wohl ins Leere.

      »Wie denn dann?«, fragt Nico nun, ernsthaft neugierig.

      »Seoul, wie in Soul of Asia.«

      »Ach so. Aber im Französischen wird es doch sogar mit Accent geschrieben: Séoul.«

      Daraufhin zuckt Jane nur mit den Schultern: »Also eo ist ein offenes o und das eu wie ein Euljiro, das müssen Sie einfach wie ein kurzes deutsches ü aussprechen. Lassen Sie uns das mal testen.«

      »Testen? Wollen wir nicht vielleicht erst einmal irgendwo reingehen und … einen Kaffee trinken?«, fragt Nico nach.

      »Ja, können wir machen. Aber gucken Sie, ich schreibe hier einen Städtenamen … Daejeon. Wie würden Sie das aussprechen?« Während sie also zum nächsten Café laufen, hält Jane Nico das Display ihres Smartphones hin.

      »Da-e-dschon.«

      »Nein, Dädschon. Das ae wird zusammengezogen, so wie bei Chondä.«

      »Wie bei was?«

      »Der große Autokonzern, Chondä, Hyundai geschrieben.«

      »Ach, Hi-un-dai!«

      »Nein, Chondä, sag ich doch gerade.«

      Inzwischen sind sie im Café angekommen. Wenn er Jane so zuhört, versteht Nico nun auch, warum das vorhin bei ihm mit dem Bestellen nicht geklappt hat: Aus Green Tea Vanilla Latte, wie es auf dem Menü über der Kasse hängt, wird in Janes Mund plötzlich ein nokcha banillalatä und aus einem Caramel Frappuccino garamelpuraputschino.

      »Na, ich werde es wohl noch lernen«, sagt Nico halb zu sich und halb zu Jane, als sie sich hingesetzt haben. »Aber sag mal, wie kommt es, dass du Jane heißt? Und dass du so gut Deutsch sprichst?«

      »Ich habe eine Zeit lang in Deutschland studiert. Und das mit dem Namen, ach, das hat keinen besonderen Grund. Ich fand den Namen einfach schön.« Jane ignoriert, dass Nico so schnell ins Duzen gewechselt ist.

      »Wie jetzt, du hast den Namen ausgewählt?«, fragt Nico ungläubig.

      »Ja klar, mein koreanischer Name ist Yunhee, Jane ist nur mein englischer Name.«

      Jetzt wird Nico einiges klar. Das hat er schon oft gehört, dass sich Asiaten andere Namen geben, weil deren eigene für Westler zu schwierig auszusprechen seien. Aber Yunhee? Das geht doch.

      »Yunhee, das klingt wie Juni, der deutsche Monat«, bemerkt Nico.

      »Stimmt, das ist schön. Ich bin wie ein Sommerregen, so sagen Sie doch in Deutschland, oder?«, sagt Yunhee nun kichernd und zupft sich am Gürtel ihres Mantels.

      »Aber dein Nachname? Roh? Das klingt nicht so schön. So wie roher Fisch.«

      »Ha