1964 unter dem Manager Bill Shankly.
Die Premiere war ein Freundschaftsspiel gegen Rotherham Town, Meister der Midlands League, der mit 7:1 überfahren wurde. Nur eine Handvoll Interessierter schaute zu. Zeitgleich sahen wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt über 10.000 ein Freundschaftsspiel des FC Everton gegen die Bolton Wanderers, die erste Begegnung im Goodison Park überhaupt. Zwei Tage später bestritt der LFC sein erstes Spiel in der Lancashire League. Diesmal waren es etwa 200, die einem 8:0-Sieg ihres Teams über Higher Walton beiwohnten.
Am 10. September, also nur neun Tage nach der Premiere, kamen bereits 3.000 Zuschauer ins Stadion, wo Liverpool mit einem Sieg über Stockton die Tabellenführung eroberte. Der LFC wurde Meister der Lancashire League, dank der gegenüber Blackpool besseren Tordifferenz.
Am Ende der Saison 1892/93 hatten im Schnitt 5.217 Fußballbegeisterte die Heimspiele des LFC besucht. Auswärts kamen schon mal 8.000 zu den Auftritten der „Reds“ – die schottische Akteure waren eine Attraktion. Lokalrivale Everton, der zwei Klassen höher in der First Division der League spielte, mobilisierte in dieser Spielzeit daheim 13.230 Zuschauer. Die Spaltung hatte bei Everton nicht für einen Zuschauerverlust gesorgt, ganz im Gegenteil kamen anschließend sogar einige Hundert mehr zu den Spielen im Goodison Park. Liverpools Anhängerschaft bestand aus Menschen, die erst jetzt den Weg ins Fußballstadion fanden oder zuvor andere (kleinere) lokale Klubs unterstützt hatten.
EINWURF
Der FC Liverpool und seine Schotten
Dass das erste Team des FC Liverpool 1892 komplett aus Schotten bestand, befeuerte die Debatte über schottische Profis im englischen Fußball, deren Zahl in den nächsten Jahren weiter stieg. Kicker aus dem hohen Norden Großbritanniens wurden von den englischen Klubs schon deshalb geschätzt, weil man dort oben besseren Fußball spielte. Die Schotten waren Pioniere des Flachpassspiels, das sich vom englischen Kick-and-rush unterschied und sich auch auf dem Kontinent durchsetzen sollte. Das schottische „passing game“ war die erste Form „wissenschaftlichen Fußballs“, und in England tätige Spieler und Trainer wurden bald „Scotch professors“ genannt. Fußball avancierte zur „Wissenschaft der Arbeiter“.
Obwohl die schottischen Legionäre die Qualität des englischen Spiels verbesserten, wurden sie nicht nur mit Begeisterung empfangen. So schrieb ein Kommentator: „Der kleine Strom (von Schotten, Anm. d. A.) ist zu einem mächtigen rauschenden Fluss angeschwollen, der das Land überflutet und dem englischen Fußball eine unkalkulierbare Verletzung zufügt.“ N. Lane Jackson, Gründer des legendären Amateurteams FC Corinthian (1882 bis 1939), behauptete, dass das lokale Interesse an solchen Teams fast vollständig der Vergangenheit angehöre. Als bei den Topklubs mehr und mehr Schotten spielten, auf Kosten der einheimischen Kräfte, fürchtete man auch um das Wohl der Nationalmannschaft. So hatte England seine erste Ausländerdiskussion bereits ein gutes Jahrhundert, bevor der Europäische Gerichtshof das Bosman-Urteil fällte.
Die Kicker aus Schottland waren die ersten und beinahe einzigen Legionäre im englischen Fußball, sie wurden bereits vor der Legalisierung des Professionalismus 1885 rekrutiert. Kurz danach berichtete die Scottish Football Association (SFA) von 58 Landsleuten, die südlich des Hadrianswalls als Profis kickten. Fünf Jahre später waren in England bereits 230 schottische Profis registriert. Angriffe gegen Fußballprofis waren deshalb häufig auch Angriffe gegen „Scotsmen“.
Häufig war das Angebot eines englischen Klubs mit der Vermittlung eines Jobs verbunden, den ein lokaler Industrieller zur Verfügung stellte. In Zeitungen erschienen Inserate, in denen Facharbeiter gesucht wurden, die auch über fußballerische Fähigkeiten verfügten.
Nach und nach nahm der Anteil schottischer Spieler ab, aber noch 1910 waren 168 der 870 Football-League-Akteure (also 19,3 %) schottischer Herkunft. Hingegen zählte man nur 19 Waliser und zehn Iren.
1925 bevölkerten 302 Schotten die nunmehr vier Divisionen der Football League, also 15,5 % aller Spieler. Die Zahl der Waliser und Iren war auf 90 bzw. 38 gestiegen. Ihren Höhepunkt erreichte die Präsenz der Schotten 1929 mit 362 Spielern. Die schottischen Legionäre konzentrierten sich übrigens im Nordwesten und Nordosten Englands: Regionen, die nicht nur in geografischer Nähe zu ihren Herkunftsgebieten lagen, sondern diesen auch in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht ähnlich waren. Viele englische Profiklubs waren de facto „britisch“.
Der erste Kapitän des FC Liverpool war Andrew Hannah. Hannah trug die Binde von 1892 bis 1895. Auch seine ersten beiden Nachfolger, Jimmy Ross (1895–97) und John McCartney (1897–98), waren Schotten. Erst 1898 führte mit Harry Storer ein Engländer die „Reds“ aufs Feld. Bei den ersten sieben Meisterschaften waren Schotten Kapitäne: Alex Raisbeck 1901 und 1906, Donald McKinlay (andere Schreibweisen: Mackinlay, MacKinlay, Anm. d. A.) 1922 und 1923, Willie Fagan 1947 sowie Ron Yeats 1964 und 1966. Erst beim achten Titelgewinn 1973 nahm mit Tommy Smith ein Engländer die Trophäe in Empfang. Bis heute trugen 15 Spieler schottischer Herkunft 51 Jahre die Kapitänsbinde des FC Liverpool. Der letzte von ihnen war in der Saison 1990/91 Steve Nicol.
Weitere prominente Schotten im Trikot der „Reds“ waren Billy Liddell, der erste Nachkriegsstar des FC Liverpool, Graeme Souness, Kenny Dalglish und Alan Hansen. Auch Liverpools berühmtester Trainer war ein Schotte: Bill Shankly, der die Mannschaft von 1959 bis 1974, also 15 Jahre betreute.
In Folge des Bosman-Urteils vom 15. Dezember 1995 wurden die Ausländerbeschränkungen für Spieler aus EU-Staaten aufgehoben. Die Zahl der Ausländer im LFC-Kader nahm zu. Die Iren, Schotten und Waliser, die im englischen Fußball nicht als Ausländer galten, wohl aber bei europäischen Begegnungen, verloren ihre privilegierte Position und mussten nun deutlich stärker um Arbeitsplätze konkurrieren.
Als Liverpool 1989/90 Meister wurde, waren unter den 26 Spielern vier Schotten, vier Iren (davon ein Nordire) und ein Waliser. Schotten, Iren und Waliser stellten somit fast 35 Prozent des Kaders. 2018/19 befanden sich unter den 29 Spielen nur jeweils ein Ire, Schotte und Waliser – das waren 11,5 % des Kaders.
Schottische Kapitäne beim FC Liverpool
Andrew Hannah (1892–1895)
Jimmy Ross (1895–1897)
John McCartney (1897–1898)
Alex Raisbeck (1898–1909)
Donald McKinlay (1919–1920, 1921–1928)
James Jackson (1929–1930)
Thomas Bradshaw (1931–1934)
Matt Busby (1939–1940)
Willie Fagan (1945–1947)
Billy Liddell (1955–1958)
Ron Yeats (1961–1970)
Graeme Souness (1982–1984)
Alan Hansen (1985–1988, 1989–1990)
Steve Nicol (1990–1991)
Schottische Trainer beim FC Liverpool
Matt McQueen (1923–1928)
Bill Shankly (1959–1974)
Graeme Souness (1991–1994)
Kenny Dalglish (1985–1991, 2011–2012)
Bilanz der schottischen Trainer: 7 Meisterschaften, 5 FA-Cup-Siege, 1 UEFA-Cup-Sieg.
Durchmarsch ins Oberhaus
Mit der Saison 1892/93 führte die Football League eine zweite Spielklasse ein und teilte sich nun in First und Second Division. Zur Saison 1893/94 bewarb sich der LFC für das neue Unterhaus. Dort war durch den Rückzug des FC Accrington ein Platz frei geworden. Wenig später verließ auch der FC Bootle die Liga. Bootle liegt unmittelbar nördlich der heutigen Stadt Liverpool an der Mündung des Rivers Mersey. Anfang des 19. Jahrhunderts avancierte Bootle zum Badeort der Bürger Liverpools. 1868 erhielt man den Status eines eigenen Stadtbezirks. Bis Ende der 1890er war der FC Bootle, der aufgrund seiner Spielweise auch „Brutal Bootle“ genannt wurde, Evertons wichtigster Lokalrivale. Die Rivalität wurde auch dadurch befeuert, dass Everton bei der Gründung der Football League den