Barn grinste nur. Er zügelte sein Pferd bei einer Buschgruppe. »Ich glaube, für diese Nacht reicht es.«
Dunn stieg sofort ab. Die beiden anderen ebenfalls. Ben musste sich nun doch zu ihnen gesellen, damit er sein Pferd mit den anderen zusammenbinden konnte. Sie warfen die Sättel und ihre Decken auf den Boden, bauten sich Lager und legten sich nieder. Ben hielt wieder Abstand.
»Stell dir vor, der ganze Zaster würde uns gehören«, murmelte Dunn. »Was man damit anfangen könnte!«
»Bilde dir nicht ein, ich könnte nicht verstehen, was ihr redet!«, zischte Ben.
Dunn reagierte nicht darauf. »Was würdest du tun, wenn der Querkopf nicht dabei wäre, Ves?«
»Ich würde das Geld vergraben.«
»Was?« Dunn richtete sich wieder auf. »Was würdest du?«
»Du hast richtig gehört. Ich würde es vergraben, dann zurückreiten und behaupten, die Banditen hätten uns noch mal angegriffen.«
»Was denn, drei Überfälle?«
»Nein, zwei natürlich. Beim zweiten Kampf ging der Küchenwagen flöten, Bob wurde erschossen, und die wieder verstärkte Bande trieb das Vieh ab. Wir drei konnten von Glück reden, mit dem Leben davongekommen zu sein.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter.«
»Meinst du, der alte Esel auf dem Rancho würde uns glauben?«
»Er würde ziemlich wild werden. Möglicherweise mit der Peitsche nach uns schlagen, wie er es früher mit seinem Sohn getan haben soll. Und ich würde noch nicht mal den Revolver ziehen und ihn abknallen. Ich ließe das über mich ergehen, würde zum Teufel gejagt, und könnte danach nichts anderes tun, als wegzureiten.«
»Hast du das gehört, Ben? Wie findest du die Idee?«
Ben antwortete nicht.
Barn fuhr fort: »Dann könnten wir das Geld ausgraben und damit verschwinden. Kein Mensch würde uns verfolgen.«
»He, Ben, sag’ doch was dazu!«, verlangte Dunn.
»Schweine seid ihr!«
Barn schlug die Decke zurück, stand auf und schob die Sicherheitsschlaufe vom Hammer des Revolvers. »Das nimmst du auf der Stelle zurück!«
»Ich denke nicht daran.«
»Dann steh auf und zieh deinen Revolver. Oder ich schieße dich wie einen räudigen Köter über den Haufen!«
Dunn erhob sich ebenfalls und trat etwas zur Seite. »Du musst jetzt was tun, Amigo. Ich glaube nicht, dass Ves Spaß macht. Am besten, du entschuldigst dich in aller Form.«
Ben war auf den Knien. Sein Gesicht sah weiß aus, und die Augen leuchteten wie Sterne in der Nacht.
»Also, ich warte!« Ves Barn stand breitbeinig etwa sieben Schritte von dem Cowboy entfernt.
»Ihr wolltet von der Stadt weg, weil es dort zu viele Zeugen gegeben hätte!«, stieß Ben hervor.
»Du kannst dich doch entschuldigen, Kleiner!« Dunn grinste breit. »Oder kannst du das nicht?«
»Ich warte immer noch!«, erinnerte Barn schroff. »Aber nicht mehr lange!«
Dunn kicherte und rieb sich die Hände.
Ben stand ganz auf, schwieg aber mit zusammengepressten Lippen.
»Dann zählt Jed bis drei. Damit es ganz fair zugeht!«
Ben schwieg immer noch verbissen. Schweiß trat ihm auf die Stirn.
»Eins ... zwei ... drei ...«, zählte Dunn.
Er hatte das letzte Wort kaum ausgesprochen, da hielt Ves Barn den Colt schon in der Hand und feuerte.
Ben hatte ebenfalls gezogen. Aber selbst wenn Barn gezögert hätte, wäre er zu langsam für ihn gewesen.
Der Schuss donnerte durch die Nacht, schreckte die Pferde auf, sie schlugen aus. Eine rote Stichflamme fauchte Ben entgegen. Die Kugel traf ihn ins Herz. Er stieß nicht einmal mehr einen Schrei aus, kippte steif um und schlug dumpf in den Sand.
Das Krachen verlor sich in der Nacht.
Ves Barn schob den Revolver ins Holster. Dunn beugte sich über die steife Gestalt und zog sie an der Schulter herum. Barn ging zu den Pferden, holte die vom Küchenwagen mitgenommenen Feldspaten und warf den einen neben Dunn.
»Komm, Jed, damit du nachher nicht sagen kannst, du hättest dich da rausgehalten.«
Dunn nahm den Spaten, richtete sich auf und folgte Barn, der ein paar Yard entfernt ein langes Rechteck in den Sand ritzte.
»So. Das dürfte für ihn reichen. Wir gehen zwei Yard tief in den Boden.«
»Wozu denn das? Ein Yard genügt, da graben ihn die Präriekojoten schon nicht mehr aus.
»Zwei Yard sind ganz sicher. Da findet man ihn nie mehr wieder. Und vergiss nicht: Sie sind alle beim zweiten Banditenüberfall umgekommen!«
»Ist doch klar, Ves.«
Die beiden Halunken grinsten sich an. Sie begannen zu graben und warfen den Sand hinter sich.
»Und was machen wir mit dem Zaster?«, fragte Jed Dunn nach ein paar Minuten.
»Diesmal darf es uns nicht durch die Finger rinnen.«
»Dafür ist es auch ein bisschen viel, was?«
»Wir werden ein Geschäft anfangen. Oder kaufen. Irgend etwas. Jedenfalls ein Geschäft.«
»Ein Saloon wäre mir am liebsten. Da muss man nicht so verdammt früh aufstehen.«
»An so was habe ich auch schon gedacht. Aber wir hatten nie genug auf der Pfanne, um einen Saloon an Land ziehen zu können.«
»Reicht es jetzt?«
»Müsste schon.«
»Dunn kicherte. »Na also, dann müssen wir nur noch den Richtigen finden!«
10
»Hallo, Mister Truman! Hier, für Sie!« Die Frau des Docs von Kerens winkte mit einem Brief und lief aufgeregt in den Hof des Hauses.
Vormann Jack Truman stand am Schuppen, einem alten, windschiefen Gebilde mit morsch gewordenen Wänden. Er besserte die ärgsten Stellen aus.
Die rundliche, strahlend lächelnde Frau erreichte Jack und gab ihm den Brief. »Kam eben mit der Postkutsche von Crockett herauf. Von einer Frau geschrieben. Ihre Braut, nicht wahr?«
Jack lächelte. Sie war äußerst liebenswürdig, diese Mary Lemmon, und mütterlich besorgt um ihn, aber genauso neugierig. Er ließ den Hammer auf die Bretter fallen.
»Herzlichen Dank, Madam. Ja, von Shere. Sie haben es erraten.«
Röte überzog das runde Gesicht der ältlichen Frau. Hastig wandte sie sich ab und lief zum Wohnhaus hinüber.
Jack lächelte hinter ihr her, setzte sich auf den Bretterhaufen, schlitzte den Brief mit