er mich bat, mir einige Kapitel aus der Bibel vorlesen zu dürfen.
Setschele fuhr drei Jahre lang fort, sich beharrlich zu unserem Glauben zu bekennen; und da ich endlich mehrere der Schwierigkeiten dieser eigentümlichen Lage begriff und zugleich Mitleid mit den armen Weibern fühlte, die bei Weitem die besten unserer Schüler waren, so drängte es mich gar nicht, von ihm so rasch zu verlangen, dass er durch die Taufe ein volles Bekenntnis ablege und sich aller seiner Weiber bis auf ein einziges entledige. Zudem war sein hauptsächlichstes Weib gerade diejenige Person des ganzen Stammes, von welcher am wenigsten zu erwarten war, dass sie je etwas anderes werden würde, als eine von Grund auf unsaubere Jüngerin der alten Schule. Seither hat sie sich, wie ich höre, in mancher Hinsicht sehr gebessert; allein ich habe sehr häufig mit angesehen, wie Setschele sie aus der Kirche fortschickte, damit sie wenigstens einen Rock anziehe, und wie sie jedes Mal mit herunterhängender Unterlippe davonging, das leibhaftige Bild unaussprechlichen Ekels über seine neuen Ansichten.
Als er endlich die Taufe von mir begehrte, fragte ich ihn einfach, wie er, der doch die Bibel in seiner Hand habe und sie zu lesen imstande sei, glaube, dass er handeln müsse. Er ging nach Hause, gab jedem seiner überflüssigen Weiber eine neue Kleidung und alle seine eigenen Habseligkeiten, die sie für ihn in ihren Hütten zu verwahren pflegten, schickte sie damit zu ihren Eltern zurück und ließ diesen sagen, er habe den Weggeschickten keinerlei Vergehen vorzuwerfen, sondern entäußere sich ihrer nur, weil er den Willen Gottes zu befolgen wünsche. An dem Tag, wo er und seine Kinder getauft wurden, kam eine Menge Volk, um dieser Feierlichkeit beizuwohnen. Etliche glaubten, infolge einer törichten Verleumdung, welche die Feinde des Christentums im Süden ausgestreut hatten, die Bekehrten würden nun einen Absud vom »Gehirn toter Menschen« trinken müssen, und waren sehr erstaunt, dass man zur Taufe nur Wasser anwandte. Da ich mehrere von den alten Männern während des Gottesdienstes wirklich Tränen vergießen sah, so befragte ich sie nachher um die Ursache ihres Weinens. Sie weinten darüber, dass es mit ihrem Vater ein solches Ende genommen habe.
Sie schienen zu glauben, ich habe einen bösen Bann über ihn geworfen und er sei mir nun ganz verfallen. Hier begann nun ein Widerstand, wie wir ihn zuvor nicht gefunden hatten. Alle die Freunde der weggeschickten Weiber wurden die Widersacher unserer Religion. Der Besuch der Schule und Kirche verminderte sich bis auf sehr wenige außer der eigenen Familie des Häuptlings. Sie alle behandelten uns zwar noch mit achtungsvollem Wohlwollen, aber dem Setschele selbst sagten sie Dinge, derentwegen er nach seiner eigenen Aussage, wenn sie ihm früher gesagt worden wären, an den Tollkühnen unversöhnliche Rache genommen haben würde. Er war eine schmerzliche Erfahrung, nach alldem, was wir getan hatten, unsere Arbeiten so wenig gewürdigt und anerkannt zu sehen; allein wir hatten den guten Samen ausgesät und hegen keinen Zweifel, dass derselbe noch einmal aufgehen wird, obwohl wir es vielleicht nicht erleben werden, ihn Früchte tragen zu sehen.
Ich breche diese Schilderung des Häuptlings ab und fahre damit fort, eine ebenso flüchtige von unserem Verkehr mit seinem Volk, den Bakuena, zu geben. Als wir uns zuerst unter ihnen niederließen, hatten wir ihnen ein kleines Stück, soviel wie zu einem Garten hinreichte, abgekauft, obschon dies in einem Land kaum notwendig war, wo der Gedanke, Land zu kaufen, ein ganz neuer war. Sie hatten erwartet, dass wir um Überlassung eines passenden Platzes nachsuchen und von demselben sodann sogleich Besitz ergreifen würden, wie es von jedem anderen Mitglied des Stammes geschah. Allein wir erklärten ihnen, wir sollten jedem Anlass zu künftigen Streitigkeiten vorbeugen, wenn das Land einmal im Wert gestiegen sein oder wenn ein törichter Häuptling zur Regierung gelangt sein würde, der, wenn wir große oder kostbare Gebäude darauf errichtet hätten, etwa auf das Ganze Ansprüche zu erheben versucht wäre. Diese Gründe wurden für stichhaltig angesehen. Wir bezahlten daher einen Wert von ungefähr fünf Pfund Sterling an Waren für ein Stück Grund und Boden, und es wurde ein Übereinkommen getroffen, dass ein ähnliches Grundstück jedem anderen Missionar und an jedem anderen Platz, wohin der Stamm übersiedeln möge, zugeteilt werde. Die einzelnen Bedingungen dieses Kaufes klangen dem Ohr dieser Leute zwar seltsam, wurden aber trotzdem vom Stamm bereitwillig angenommen.
Der Ort, wo wir uns zuerst unter den Bakuena niederließen, heißt Tschonuane, und er wurde zufällig während des ersten Jahres unseres dortigen Aufenthalts von einer jener langen Dürren heimgesucht, welche von Zeit zu Zeit sogar in den allerbegünstigsten Bezirken von Afrika vorkommen.
In unserem zweiten Jahr fiel aber wiederum kein Regen. Im dritten folgte dieselbe außerordentliche Dürre. Während dieser beiden Jahre fielen buchstäblich keine zehn Zoll Regen, und der Kolobeng trocknete ganz aus; es kamen so viele Fische um, dass die Hyänen aus der ganzen Gegend sich zu diesem Labsal versammelten und doch nicht imstande waren, die faulenden Massen aufzuräumen. Ein großer alter Alligator, der unseres Wissens niemals Unheil angerichtet hatte, wurde hoch auf dem Trockenen unter anderen Opfern im Schlamm gefunden. Das vierte Jahr war gleich ungünstig, da nicht einmal genügend Regen fiel, um das Getreide zur Reife zu bringen. Es war eine schwere Heimsuchung. Als das Wasser sich verzog, gruben wir im Bett des Flusses immer tiefer und gaben uns Mühe, nur so viel Wasser zu bekommen, um die Obstbäume für bessere Zeiten am Leben zu erhalten, allein es war vergeblich.
Es wollte also kein Regen fallen; die Bakuena glaubten, ich habe Setschele mit irgendeinem zauberhaften Bann gefeit, und schickten mir abends häufig Deputationen, aus den ältesten, ratgebenden Männern des Stammes bestehend, welche mich dringend anflehten, ich möchte ihm erlauben, doch nur einige wenige Regenschauer zu machen. »Das Getreide wird hinsterben, wenn du es verweigerst, und wir werden zerstreut werden. Lass ihn nur dieses eine Mal Regen machen, und wir wollen alle, Männer, Weiber und Kinder, in die Schule kommen und singen und beten, solange du willst!« baten sie. Vergebens stellte ich ihnen vor, ich lasse Setschele ganz nach seinen eigenen Begriffen von Recht handeln, da er das Gesetz hierfür in der Bibel niedergelegt finde; und es war mir betrübend, in ihren Augen hartherzig zu erscheinen. Die Wolken sammelten sich oft verheißungsvoll über uns, und rollender Donner schien uns erfrischende Regengüsse bringen zu wollen; allein am folgenden Morgen stieg die Sonne wieder an einem klaren wolkenlosen Himmel auf; und selbst diese Anzeichen von trübem Wetter waren weit weniger häufig, als Tage voll Sonnenschein in London sind.
Das Betragen der Leute während dieser lange andauernden Trockenheit war ein auffallend gutes. Die Weiber entledigten sich der Mehrzahl ihrer Zierrate, um Getreide von begünstigteren Stämmen zu kaufen. Die Kinder durchstreiften das Land nach allen Richtungen hin und suchten mancherlei Knollen und Wurzeln, die zum Lebensunterhalt dienen können, und die Männer gingen auf die Jagd. Sehr bedeutende Mengen von großem Wild: Büffel, Zebras, Giraffen, Tsessebes, Kamas oder Hartebeests, Kokongs oder Gnus, Pallahs, Nashörner u. a. m. fanden sich an einigen Quellen in der Nähe von Kolobeng zusammen, und es wurde daher in deren Nachbarschaft zu ihrer Erlegung eine große Fanggrube erbaut, welche hierzulande Hopo genannt wird. Der Hopo besteht aus zwei Verhauen oder Hecken in Gestalt des Buchstabens V, welche in der Nähe des Winkels sehr hoch und dicht sind. Anstatt dass aber beide Hecken im Winkel zusammenstoßen, sind sie so angelegt, dass sie eine schmale Gasse von etwa fünfzig Armlängen bilden, an deren Ende eine Grube von sechs bis acht Fuß Tiefe und zwölf bis fünfzehn Fuß Breite und Länge angebracht ist. Über die Ränder der Grube sind Baumstämme gelegt, besonders über den Rand zunächst der Stelle, wo die Tiere in das Loch hinunterspringen sollen, und auf der gegenüberliegenden Seite, über welche sie, wie man voraussetzt, versuchen werden zu entkommen, wenn sie hinuntergefallen sind. Die Stämme hängen so lose über den Rand, dass sie das Entkommen beinahe unmöglich machen. Das Ganze ist sorgfältig mit kurzen grünen Binsen bedeckt, wodurch die Vertiefung einer versteckten Fallgrube ähnlich wird. Da die Hecken gewöhnlich ungefähr eine englische Meile lang sind und an ihren Enden etwa ebenso weit voneinander abstehen, so kann ein Stamm, der um die Grube herum einen Kreis von drei bis vier Meilen bildet und nach und nach näher zusammenrückt, darauf rechnen, eine große Menge Wild einzuschließen. Dieses wird dann unter Geschrei nach dem engen Teil des Hopo getrieben, die dort versteckten Männer schleudern ihre Wurfspeere unter die bestürzten Rudel, die erschreckten Tiere rennen immer weiter bis zu der Öffnung, die sich am Ende der zusammenlaufenden Hecken befindet, und stürzen in die Grube, die sich bis zum Rand füllt und einem lebenden Knäuel ähnlich zu sein scheint. Manche entkommen, indem sie über die anderen hinwegspringen. Es ist ein grässlicher Anblick: die Männer, vor Aufregung ganz wild, stoßen mit wahnwitzigem Vergnügen