Patricia Vandenberg

Dr. Norden Extra Staffel 2 – Arztroman


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erübrigt sich ein Gespräch«, sagte er kühl. Da entfernte sie sich schnell, zutiefst beleidigt und sich unverstanden fühlend. Nichts traf sie mehr, als wenn sie von Männern so abgefertigt wurde, da sie doch meinte, unwiderstehlich zu sein.

      Anja Koenig hatte zwar keine Angst vor Tessa, aber sie sagte sich jetzt auch, daß es wohl zu einem Skandal gekommen wäre, hätten sie sich hier getroffen. Sie konnte nun wieder zu Benjamin gehen und ihn beruhigen, denn mit dem Schlafen war es bei ihm vorerst vorbei.

      Dann bekam er Gesellschaft, die ihn ablenkte.

      Schwester Nora brachte Ulrich zu ihm. »Das ist toll«, freute sich Benjamin. »Mein Daddy hat mir schon erzählt, daß du mich besuchen kommst. Das ist Anja, sie ist nett.«

      »Wir sind uns auch schon begegnet«, sagte Anja und sah den Kleinen voller Mitgefühl an, denn sie wußte ja, was er alles schon hatte durchmachen müssen.

      Ulrich nickte, dann streichelte er Benjamins Hand. »War es schlimm?« fragte er mitfühlend.

      »Ist schon vergessen«, erwiderte Benjamin. »Bleibst du jetzt auch hier?«

      »Für eine Weile schon. Aber vielleicht fahre ich mit Mami dann in ein Sanatorium, hat Constantin

      gesagt. Da bleibe ich dann auch bei ihr.«

      »Du hast eine liebe Mami, und ich habe einen lieben Daddy«, meinte Benny. »Wir könnten uns eigentlich zusammentun.«

      Anja erschrak bei dieser Bemerkung. Kinder konnten eigenwillige Wünsche durchsetzen, wenn sie auf Gegenliebe bei den Eltern stießen, aber da sagte Ulrich, daß Benjamin doch auch eine Mami hätte.

      »Die will ich nicht mehr haben, die ist so gemein«, sagte Benjamin. »Die hat immer was anderes vor und hat mich nicht lieb.«

      Erschrocken sah ihn Ulrich an. Er wußte jetzt nicht so recht, was er sagen sollte, denn er konnte es nicht verstehe, daß eine Mami nicht lieb sein konnte. Anja wußte auch nichts zu sagen.

      »Spielen wir was?« fragte Benjamin ablenkend. »Anja hat mir zwei Spiele mitgebracht.«

      Ulrich sah Anja fragend an. »Spielst du auch mit?«

      »Ich muß jetzt wieder gehen, aber ihr könnt auch allein spielen. Das habt ihr schnell begriffen. Ich habe es Benny schon erklärt.«

      »Ja, ich weiß, wie es geht«, sagte Benjamin eifrig. »Hoffentlich kommt Tessa nicht noch mal.«

      »Sie ist gegangen, und ich gehe jetzt auch«, sagte Anja.

      »Aber du kannst wiederkommen«, erklärte Benjamin.

      Als sie gegangen war taute auch Ulrich auf. Kinder untereinander unterhielten sich ganz anders, wenn sie allein und unbeobachtet waren. Benjamin ließ sich erst noch einmal weidlich über Tessa aus. Ulrich dann auch über Joana. Sie waren sich schon einig, daß nicht alle Frauen so lieb waren wie Cordula und Anja, und Benjamin erklärte auch, daß er lieber eine von den beiden als Mami haben würde.

      »Aber ich würde lieber Constantin als Papi haben«, erklärte Ulrich seinerseits.

      Dann spielten sie friedlich miteinander. Es gab keinen Streit zwischen ihnen. Jeder wollte den anderen mal gewinnen lassen.

      »Zwei goldige Kinder«, sagte Schwester Nora zu Jenny, als sie auf dem Weg zum Krankenzimmer war, um Ulrich zu holen, denn Cordula war jetzt munter und wollte ihren Sohn sehen.

      *

      Schwester Nora war zu Frau Frankl gerufen worden, die kurz vor ihrer Entlassung stand und gar zu gern noch etwas über Cordula in Erfahrung bringen wollte.

      Sie stellte es ganz raffiniert an, aber Schwester Nora fiel nicht darauf herein. Da Frau Frankl aber schon auf den Fluren herumlaufen konnte, schnappte sie allerhand auf. Für eine Person, die so neugierig war, tat sich doch allerhand in der Klinik.

      Sie hatte die erboste Tessa getroffen, und das war freilich schon Gesprächsstoff genug.

      »Ich habe ja schon lange geahnt, daß es in der Riedmann-Ehe nicht stimmt«, sagte sie genußvoll, »aber ein Wunder ist es ja nicht, wie die sich benimmt! Vielleicht wird jetzt aus Riedmann und Cordula Bürgner ein Paar, wenn sie wirklich wieder gesund ist.«

      »Wie kommen Sie denn darauf?« fragte Nora ironisch.

      »Wäre doch ein gutes Gespann, der Filmemacher und die Diva.« Frau Frankl schwelgte förmlich schon in solchen Vorstellungen. »War die Operation bei dem Kleinen denn so schlimm, daß man Tessa nicht zu ihm läßt? Sie tat ja ganz verzweifelt, aber bei ihr darf man das nicht ernst nehmen.« Sie sah Nora erwartungsvoll an und hoffte, daß diese ihr nun auch etwas erzählen würde. Aber Nora schwieg.

      »Kennen Sie auch Frau Bürgner? Ich möchte zu gern wissen, wie es ihr geht. Man kennt sich doch und nimmt Anteil.«

      »Wir geben keine Informationen weiter«, erwiderte Nora. »Sie haben sicher Verständnis dafür, Frau Frankl. Es war peinlich genug, daß es gleich Schlagzeilen machte, daß Frau Bürgner aus dem Koma erwacht war.«

      »Darüber hat man sich doch nur gefreut. Es müssen doch nicht immer negative Schlagzeilen sein.«

      Wenn Frau Frankl erst mal ins Reden kam, hörte sie so schnell nicht wieder auf, aber Schwester Nora entfloh. Sie hatte schließlich anderes zu tun.

      So suchte sich Frau Frankl ein neues Opfer. Das war Lisa Lang, die auch schon aufstehen durfte. Aber bei ihr kam sie an die falsche Adresse, denn Lisa wußte, was für eine Klatschbase Frau Frankl war. Sie erklärte auch sehr direkt, daß sie für Klatsch nichts übrig habe.

      Davon unberührt genoß es Cordula, ihren Ulrich bei sich zu haben. Der Kleine konnte eine ganze Menge erzählen, von Benjamin, und was er über seine Mutter gesagt hatte. Von Anja, die Benjamin lieber hatte als die leibliche Mutter.

      »Aber gell, du tust dich nicht mit Bennys Daddy zusammen, Mami?«

      »Wie kommst du denn auf so was?« wollte sie erheitert wissen.

      »Benny hat das gesagt. Er soll sich lieber an Anja halten, die ist wirklich nett. Ich möchte lieber, daß Constantin zu uns gehört. Er ist lieb.« Er sah Cordula bittend an. »Du hast ihn doch auch gern, Mami?«

      »Ja, sehr gern«, erwiderte sie. »Und es macht mich froh, daß ihr euch so gut versteht.«

      *

      Ulrich hatte Cordula dann doch von dem Unfall erzählt. Nun wollte sie alles genau wissen, und es blieb Constantin nichts anderes übrig, als ihr reinen Wein einzuschenken.

      Sie hörte mit ernster, nachdenklicher Miene zu. »Ob Joana jetzt nachdenkt, wie es ist, wenn man so hilflos ist und sich nicht rühren kann?« meinte sie.

      »Wenn sie bei Bewußtsein ist, wird sie schon nachdenken. Sie hat ja viel Zeit.« Oder auch nicht mehr, dachte er weiter, aber darüber wollte er nicht sprechen. Er war noch nicht dazu gekommen, sich nach Joanas Befinden zu erkundigen.

      Und schon sagte Cordula, daß er sich doch erkundigen solle, wie es um Joana stehe. »Es soll alles für sie getan werden, ich komme für die Kosten auf. Jochen ist sicher im Druck durch die Renovierung des Hotels.«

      So war Cordula. Immer großzügig und nie nachtragend, wenn sie wahrhaftig auch allen Grund hatte, Joana nicht zu trauen. Wie oft hatte sich Joana unfair verhalten! Constantin wußte es!

      »Ich rufe morgen bei Jochen an«, versprach Constantin, »mir werden sie im Krankenhaus keine Auskunft geben. Aber vielleicht kann einer der Ärzte auch von hier aus anrufen.«

      »Es ist eine seltsame, tragische Verkettung.«

      »Aber Ulrich hat mehrere Schutzengel, das habe nicht nur ich festgestellt.«

      »Mögen sie ihn immer begleiten, Constantin. Es muß doch auch einmal wieder Freude in unserem Leben geben!«

      »Bald, mein Liebes«, erwiderte er weich, »sehr bald.«

      »Ich muß dir noch etwas sagen, Constantin. Ich habe mein Baby verloren.