dass Frauen – und mittlerweile gilt dies auch für Männer – dominant sind. Der Vollständigkeit halber: Sadismus und Masochismus sind auch nicht gesellschaftsfähig. Seinen eigenen Sadomasochismus zu bemerken ist nicht selten mit einem Erschrecken verbunden. Manchmal kommen Sorgen über mögliche gesundheitliche Schäden hinzu. Kurz: Man konfrontiert sich selbst mich allen Vorurteilen, die die Gesellschaft gegen Sadomasochisten hat. Hier hilft es, andere Sadomasochisten kennenzulernen, beispielsweise an einem SM-Stammtisch, und zu hören, dass es anderen genauso geht.
Vera: Derjenige sollte sich über das Gebiet informieren, um diese Infos dann zu strukturieren: Was will diese Person erleben? Was kickt sie zwar im Kopf, ist aber fürs erste Mal zu viel und kann man auf spätere Erlebnisse vertagen? Diese Gedanken kann sie dem Top mitteilen (eventuell auch in Form eines Fragebogens), sich mit ihm vor dem ersten Spiel einmal auf neutralem Boden treffen, wenn man sich noch nicht kennt. Ganz wichtig: Zeit nehmen! Das soll heißen: Nicht zu viel Neues in einer Session sowie nicht zu viele Sessions in kurzer Zeit. Das ist auch wichtig, um die ganzen neuen Eindrücke zu verarbeiten. Bei den Nicht-mehr-Einsteigern ist das dann was anderes.
Nina und Eric: Als erstes würden wir dieser Person den Rat geben, nicht alles so ernst zu nehmen. Vor allen Dingen das nicht, was man auf verschieden Homepages lesen kann. Es handelt sich schließlich um eine Sache, die beiden Spaß machen soll, und nicht um einen Wettbewerb nach dem Motto: Wer hat die beste Sklavin oder den tollsten Dom? Man sollte also nicht mit dem ganzen »Was-macht-eine-gute-Sklavin-oder-einen-harten-Dom-aus«-Regelkatalog mit dem Spiel beginnen.
Sich vorher mit dem Thema zu beschäftigen ist durchaus sinnvoll, aber bitte mit gesundem Menschenverstand. Wenn man auf Dinge stösst, die Magendrücken verursachen – Finger weg!
Man sollte sich von keinem (auch nicht vom Partner) unter Druck setzen oder gar überreden lassen. Sondern selber schauen, was einem gefällt und was nicht. Und dann gilt wieder der altbewährte Rat: Reden, reden, reden.
Aus unserer Sicht ist Zeit ein ganz wichtiger Faktor: Besser nichts überstürzen, sondern mit viel Geduld und eben Zeit an die ganze Sache herangehen. Man muss nicht in einem halben Jahr sämtliche Techniken ausprobiert haben. Wozu? Wer drängt einen? Vor allem ergibt sich so immer wieder die Möglichkeit, etwas Neues in das Spiel einzubringen. Auch dürfen je nach Richtung niemals Sicherheit und Hygiene außer acht gelassen werden. Man kann eine Session ruhig schon einmal im Kopf durchspielen und hierbei auf mögliche Risiken achten. Dies gilt insbesondere bei Fessel-, Knebel- und Nadelspielen. Oder bei Dingen mit Wachs oder Strom. Der Phantasie sind nun mal keine Grenzen gesetzt.
Eva: Es ist sehr hilfreich, sich grob darüber auszutauschen, was für Phantasien man hat. Aber auch darüber, was man sich (erst mal) nicht vorstellen kann und wovor man gegebenenfalls Angst hat. Wenn ersteres schon schwer genug ist, so ist letzteres nicht leichter. Da die wenigsten Menschen, die noch keine persönliche Erfahrung damit gemacht haben, sagen können, was sie warum wie mögen, kann man nicht alles abdecken. Es gibt tolle Spielpraktiken-Abfragebögen im Internet und in Büchern, bei denen man angeben kann, was einem wieviel Spaß macht. So was finde ich für das erste Mal zum einen eher abschreckend, zum anderen ist es meistens verwirrend, da man über das meiste davon noch nie nachgedacht hat und gar nicht einschätzen kann, ob das überhaupt etwas für einen wäre. Außerdem rauben sie einem den Zauber, den das eigene Herantasten an das Thema SM für einen hat, denn sie sind sehr formelhaft und unpersönlich.
Daher bin ich der Meinung, dass diese Fragebögen erst mit etwas Erfahrung hilfreich sind. Die ersten Gespräche darüber, was man gerne ausprobieren würde, sind darum am besten solche, die wirklich aus dem Bauch heraus beschreiben, was man sich vorstellt. Für das erste Mal würde ich dann etwas wählen, was für beide relativ spannend aber auch nicht wirklich schwer ist.
Zum Beispiel mag es zwar für eine Seite sehr reizvoll sein, wenn sich der devote Partner vor dem dominanten Partner hinkniet, aber so einfach das körperlich ist, so schwer mag das in der Realität für manchen sein. Diese scheinbar einfache Geste der Unterwerfung fällt vielen schwer auszuführen und anderen schwer ernsthaft zu akzeptieren. Andererseits kann sie einen wirklich schnell ins Reich der erotischen Lust, der erotischen Leichtigkeit und Freiheit abschießen.
Für viele mag es da leichter sein, wenn sie mit Augen-zu-Spielen anfangen: Der dominante Partner befiehlt dem Devoten, die Augen zu schließen und sich auf das einzulassen, was kommt. Anschließend kann der Devote aufgefordert werden, ein paar Schritte auf den Dominanten zuzugehen, ohne genau zu wissen, ob etwas im Weg ist, sich in die Arme von Dom fallen zu lassen, oder stillzuhalten, wenn ein Glas mit einer unbekannten Flüssigkeit an den Mund gesetzt wird. Für die mehr körperlich spielenden Paare könnte hier auch etwas Kerzenwachs (immer zuerst auf der Innenseite des eigenen Unterarms ausprobieren, bevor man es auf dem Partner benutzt) oder ein Eiswürfel reizvoll sein.
Das Entscheidende bei diesem Spiel ist, dass der Devote jederzeit die Möglichkeit hat, einen Rückzieher zu machen und die Augen zu öffnen. Er ist dem Dominanten also nicht wirklich ausgeliefert. Andererseits hat er das Gefühl, die Magie des Ganzen zu zerstören, sobald er seine Augen auch nur einen Spalt öffnet, und wird sich davor hüten. Der Dominante hingegen braucht keine Angst zu haben, dabei erwischt zu werden, wenn er sich dumm anstellt.
Überlegungspausen werden vom Devoten als spannungssteigernde Pausen wahrgenommen. Der Dominante steht also viel weniger unter Druck.
Insgesamt ist das etwas eher Leichtes, kann für beide Seiten aber sehr spannend sein. Denn es baut genau das auf, was für eine Unterwerfungsbeziehung entscheidend ist: Vertrauen zueinander. Man kann relativ wenig falsch machen, muss sich keine Gedanken um das ganze Drumherum machen und kommt relativ leicht hinein.
Und schließlich sollte man eines nicht vergessen: viel trinken. Denn wenn etwas besonders aufregend ist, verbraucht der Körper auch viel Flüssigkeit.
Claudia: Nun, es ist ja so, wer sich mit SM beschäftigen möchte, der hat auch Ideen, Fantasien und Gedanken dazu im Kopf. Es kann wirklich sehr hilfreich sein, sich hinzusetzen und diese schriftlich darzulegen. Sich in all dem Wirrwarr der Vorstellungen darüber klar zu werden, was mag ich denn überhaupt? Was kann ich mir tatsächlich in der Realität vorstellen?
Wer dies geschafft hat, wird unter Umständen feststellen, dass so manches kaum machbar ist oder er in seiner Gedankenwelt schon recht weit nach vorne geschritten ist.
Generell würde ich jedem empfehlen, sich eine Art Tagebuch anzulegen und dort seine Gedanken, Empfindungen, Wünsche, Fantasien, Ängste und Nöte niederzuschreiben. Zum einen, weil es schriftlich wesentlich schwieriger, aber expliziter ist, sich mit der Thematik zu befassen, zum anderen, weil es sehr interessant ist, später nachzulesen, wie man sich inzwischen weiter entwickelt hat.
Des weiteren würde ich sehr empfehlen, sich so genannte Spielnamen zuzulegen, vor allem für den Devoten. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Wurde und werde ich auch heute noch mit diesem Namen angesprochen, dann weiß ich, dass alles, was in diesem Rahmen geschieht, nicht meine gesamte Person betrifft, sondern nur meine Neigung. Und trotzdem fällt es anfangs hin und wieder schwer zu differenzieren, je nachdem, wie gut Dom sich darstellt.
Dass man miteinander redet, ist ja wohl klar. Was mir dabei am Herzen liegt: Dass man sich wirklich klar ist, dass es nichts, aber auch gar nichts geben sollte, was man nicht miteinander besprechen könnte. Wer da feststellt, dass dem nicht so ist, der sollte sich noch einmal Gedanken darüber machen, wie weit sein Vertrauen dem Gegenüber gefestigt ist, oder sich fragen, wie sehr er es wirklich verinnerlicht hat.
Angela: Generell sollte man meines Erachtens nach eines haben und nehmen: Zeit! Zeit zu reden, Phantasien auszutauschen, Tabus festzulegen, Stimmungen auszuloten. Und ich meine nicht nur die großen Tabus, als da wären Kinder, Tiere, Kotspiele etc., ich meine eher die kleinen Tabus. Worte, die man nicht ertragen kann; Gesten, die einen möglicherweise schrecken. Auch sollte man vorab einen festen Rahmen stecken, in dem sich beide bewegen sollten. Lieber sehr vorsichtig beginnen. Steigerungen sind jederzeit möglich, doch ein zu heftiges Spiel kann das erworbene Vertrauen stören, gar zunichte machen. Man sollte versuchen, Scham abzulegen und offen zu reden, davor und vor allem danach. Was war gut, was weniger. Und man sollte bei allem