Arne Hoffmann

Lustvolle Unterwerfung


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      Michael: Sei du selbst, vergiss die Klischees, leg die Bücher weg, lass dir von niemandem sagen, was gut für dich ist. Sei offen zu deinem Partner über deine Gefühle, sie sind das Wesentliche. Nicht irgendeine Rolle, die du spielst.

      Betty: Man sollte sich zu nichts überreden lassen, was man nicht wirklich will. Klar, kann es vorkommen, dass der Partner etwas vorschlägt, wo man erst denkt: »Hilfe! Auf keinen Fall!«, dass man dann den Gedanken sacken und in der Phantasie etwas brodeln lässt, um dann in ’nem halben Jahr zu sagen »Öhm, weißt du noch, was du damals wolltest und ich nicht; ich glaube, inzwischen hätte ich wohl Lust dazu …«

      Aber wenn jemand ankommt und mit irgendwelchen Mitteln Druck ausübt, zum Beispiel à la »Wenn du mich wirklich liebst …« oder »Wenn du wirklich devot wärest, würdest du …«, dann würde ich dringend dazu raten, ihm einfach nur den Stinkefinger zu zeigen. Jeder sollte nur so weit über den eigenen Schatten springen, wie er springen mag.

      Deidra: Man sollte dem Partner auch unbedingt klar machen, dass man ein Newbie ist. Ich erlebe es immer wieder bei Wunschdoms, dass sie sich wahnsinnig tolle Dinge vorstellen, aber man merkt, dass sie keinen Plan von der Durchführung haben, keinen Schimmer vom Vorgehen (die Ablehnung erfolgt hier nicht, weil sie »neu« sind, sondern weil sie posen, weil ich mich als Subbi, wenn ich gefesselt und wehrlos bin, mich dort unter Umständen in echter Gefahr befinde wegen ihrer Unwissenheit, gepaart mit zuviel falschem Selbstbild). Genauso sehe ich es auch bei vielen Subbis. Der Film im Kopf ist da. Oft auch schon in der Hardcore-Variante, sich selbst in Fesseln und geknebelt am Boden, von blutigen Peitschenstriemen geschmückt, gedemütigt und gepeinigt. Ein Film. Die Wirklichkeit, wenn sie so über Subbi hereinbräche, wäre ein Desaster. Es wäre nicht im mindesten erotisch.

      Man soll klein anfangen. Wenn man sich noch etwas unsicher ist, einfach die Hände nur festhalten lassen, sich etwas befehlen lassen. Wir (mein Partner und ich) nehmen anfangs weiche Tücher (Schere in Reichweite, falls Subbi Angst bekommt!) zum Fesseln und als Augenbinde. Später kam Kerzenwachs dazu (keine gefärbten, keine aus Bienenwachs, das gibt nur Brandwunden). Subbi sollte nur spielen, wenn sie/er sich sicher ist, diesen Tag spielen zu wollen. Selbst eine Session, wo es nur um Anbinden, Wachs und Streicheln mit Federn geht, kann, gerade wenn es neu ist, man ungeübt ist, körperlich (insbesondere in Sachen Kreislauf) sehr anstrengend sein. Man sollte nie die eigene Erwartungshaltung, die Anspannung unterschätzen. Auf jeden Fall gehört das »Stop« als Endewort dazu. Subbi sollte sich sicher sein, dass Dom eher zu früh als zu spät aufhört. Als Subbi sollte man, wenn man nicht sicher weiß, dass der Dom erfahren ist, bitten, regelmäßig nachzuprüfen, wie es einem geht, auch wenn man selbst kein »Stop« sagt. Klamme, verkrampfte Hände, blasse Lippen etc. sind ein Zeichen aufzuhören. Man bekommt nicht immer mit, wie schlecht es einem geht, wenn man erregt ist und im Spiel gefangen.

      Beide sollten hinterher über ihre Empfindungen sprechen. Wenn etwas gefiel oder nicht gefiel, auch sagen, WARUM es so war. Wenn etwas nicht gefiel, kann das auch an der mangelnden Gewöhnung liegen. Selbst die süßeste Eiskrem kann bäh sein, wenn man zuviel von ihr isst. Vielleicht war auch nur eine Reihenfolge falsch, zuwenig Ruhepausen zwischen den Aktionen. Reden ist das A und O, wie bei jeder Beziehung. Einfach auch, um zum Beispiel Dom (wenn jener vielleicht selbst noch in den Anfängen steckt) klarzumachen, dass »Jammern zum Geschäft gehört«, dass Schmerz und unerträglicher Schmerz, der zum Stopp führt, verschiedene Dinge sind. Und: Kein Dom ist ein Hellseher. Jeder Sub ist (wie jeder Mensch) anders. Nur wenn man redet, wird man verstanden.

      Sabine: Was man sich vor Augen halten sollte: Im Kopfkino tut der Mitspieler genau das, was man möchte. In der Realität nicht. Das sollte sowohl dem aktiven wie auch dem passiven Part klar sein – und vielleicht noch für die absoluten Anfänger auf dem Metier: Man darf lachen.

      Felix: Dem dominanten Partner könnte man sagen: »Sei dir bewusst, dass die Unterwerfung des/der Devoten ein riesiges Geschenk ist, ein Kapital, dass sorgfältig gepflegt werden will. Denkt immer daran, es geht um lustvolle Erfüllung – für beide. Wenn du in dich schaust und entdeckst, dass es Frauen/Männer in deinem Leben gab, auf die du immer noch wütend bist, dann sei ehrlich zu dir und vermische diese Themen nicht: Dein(e) Sub hat damit nichts zu tun. Wenn du das nicht trennen kannst, geh lieber zu einem Therapeuten.«

      Dem passiven Partner: »Überfordere deine Herrschaft nicht. Auch wenn es so verlockend ist, die Verantwortung abzugeben, ›Objekt‹ oder ›Kind‹ zu sein, der andere ist auch nur ein Mensch und kann nicht dauernd stark sein oder dir permanent die Verantwortung abnehmen.

      Selbst wenn er es behauptet. Sprich klar über deine Erlebnisse und Bedürfnisse, lass neue Erfahrungen zu und mach den aktiven Partner nicht nur zur Projektionsfläche uralter Sehnsüchte. Das macht blind und du nimmst nicht mehr wahr, mit wem du es wirklich zu tun hast. Und sei ehrlich – brauchst du wirklich eine Art »Papa« oder »Mama«, oder gibt es in deiner Geschichte etwas aufzuarbeiten? Wenn ja, kannst du das trennen? Und achte darauf, dass du, bei aller Unterwerfung, als Mensch in deinem Kern respektiert bleibst.«

      Beiden würde ich raten: »Lernt, die Sprache eurer Bedürfnisse zu sprechen, lernt, klar auszudrücken, wie ihr euch fühlt, was ihr erlebt habt und wovor ihr Angst habt. Schafft eine SM-freie Zone des partnerschaftlichen Gesprächs auf gleicher Augenhöhe. Heiligt diese Zeit, macht sie zu einem immer wiederkehrenden Ritual und hört euch zu, ohne zu bewerten oder euch zu unterbrechen, und unterdrückt den Wunsch, das letzte Wort zu haben. Das dient der Beziehungshygiene und nichts, was dort gesagt wurde, darf unbeachtet unter den Teppich fallen oder später ›geahndet‹ werden.«

      Werner: Ehrlich sein, reden. Ich habe zum Beispiel mal eine Session erlebt, wo ein Chat-Dom ohne reale Erfahrungen einen Chat-Sklaven (mit kaum realen Erfahrungen) richtiggehend verprügelt hat. Das Ganze endete mit Abstürzen beider Beteiligter. Der Fehler war ganz einfach folgender: Der Sub wollte nicht zugeben, dass ihm die Art des Tops nicht so zusagt, und der Top dachte, der wimmert ja gar nicht, da schlag ich fester zu. Das hat sich dann hochgesteigert bis zum für beide nicht sehr schönen Ende.

      Also: Reden. Sagen, was man will – auch wenn man noch so geil ist; die paar Minuten Reden bringen mehr als alles andere.

      Ansonsten: Sich fallen lassen, genießen, als Top auch auf versteckte Signale des Sub achten und sich nicht durch Zuschauer (so man öffentlich spielt) durcheinander bringen lassen.

      Wenn man härtere Geräte benutzt, sollte man sich nicht zu schade sein, damit zu üben. Ich habe mit einer befreundeten Domina anfangs die Benutzung von Singletails geübt. So richtig kann ich’s immer noch nicht. Die 3,50 Meter langen Teile tun noch nicht immer das, was ich will. Aber ich übe auch weiter mit ihr, sie ist einfach sehr fit in diesen Dingen.

      Lady Wanda: An erster Stelle steht für mich Authentizität. Bleibe dir selbst treu! Betrachte dich selbst als einen Schauspieler, der eine für ihn interessante Rolle annimmt. Für ein paar Stunden wirst du versuchen, diese Rolle nicht nur zu spielen, sondern exakt diese Figur zu sein! Bedenke aber, dass du als Schauspieler nur Rollen annehmen solltest, die dich reizen und gegen deren Umsetzung du keine Bedenken hast. Mit dieser Prämisse sind deine Tabubereiche zunächst festgelegt. Es kommen nur Szenen in Betracht, die nicht mit deinen ethischen Maßstäben kollidieren. Alles andere solltest du, auch und erst recht als »professionelle(r)« Dom(me), ablehnen, denn es schadet dir nur. Der erste Schritt besteht also darin, dich selbst, deine Grenzen und deine Möglichkeiten zu erkennen. So hast du die Möglichkeit, du selbst zu bleiben, obwohl du zeitweise eine Rolle zu spielen einwilligst. Ein Schauspieler bleibt er selbst, auch wenn er in eine andere Identität schlüpft. Für den Moment aber belebt er diese Identität, füllt sie aus mit seiner Energie. Dasselbe sollst du tun. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Rolle, da sie dich interessiert, hat etwas mit dir zu tun. Bereitet sie dir Bauchschmerzen oder andere Kümmernisse, dann lehne sie ab. Auf diese Weise kommt die oft zitierte »Authentizität« zustande. Eine Rolle gefällt dir und du bist in der Lage, sie mit Leben zu füllen. Du lässt eine fiktive Identität Realität werden. Für diejenigen, die sich am Begriff Rollenspiel stören, möchte ich folgendes anmerken. Das Leben besteht aus einer Aneinanderreihung von Rollenspielen, die im Idealfall zusammen deine Identität ausmachen. Der