Kay Tetzlaff

Moderne Tauchmedizin


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align="left">121 m10.04.2010Long Island, BahamasVariable WeigthFrauenAnnelie Pompe (Schweden)126 m05.10.2010Sharm el Sheikh, ÄgyptenMännerHerbert Nitsch (Österreich)142 m07.12.2009Blue Hole, BahamasNo LimitsFrauenTanya Streeter (USA)160 m17.08.2002Providenciales, Turks und CocosMännerHerbert Nitsch (Österreich)214 m14.06.2007Spetses, Griechenland

      Kompaktinformation

      Apnoetauchen – Wettkampfdisziplinen

      ■ Statisch (= Zeittauchen):

      Der Taucher hält solange wie möglich die Luft an. Er liegt dabei auf der Wasseroberfläche mit dem Gesicht im Wasser, ohne sich fortzubewegen.

      ■ Dynamisch (= Streckentauchen):

      Der Taucher taucht die weitestmögliche Strecke. Es gibt dabei verschiedene Unterdisziplinen, wie Streckentauchen mit und ohne Flossen oder nur mit Armzug.

      ■ Konstant (= Tieftauchen):

      Der Taucher taucht mit eigener Flossenkraft an einem Seil in die Tiefe und taucht mit eigener Kraft auch wieder auf. (Das Seil darf dabei nicht berührt werden, nur um die Tiefenmarke abzureißen, darf das Seil gegriffen werden!)

      ■ Immersion Libre – Free immersion:

      Der Taucher taucht mit eigener Kraft – ohne Flossen – am Seil hinab und wieder hinauf. Er darf sich dabei am Seil mit den Armen hinab- und wieder hochziehen.

      ■ Variabel:

      Der Taucher lässt sich von einem Schlitten mit max. 30 kg Gewicht in die Tiefe ziehen und muss dann aus eigener Kraft wieder an die Oberfläche schwimmen. Es ist auch erlaubt, sich am Seil mit den Armen hochzuziehen.

      ■ No Limits:

      Der Taucher lässt sich von einem Schlitten mit frei wählbarem Gewicht in die Tiefe ziehen und wird von einem Hebesack wieder zurück an die Oberfläche gebracht.

      Mit Blick auf die zum Teil übernatürlich wirkenden Leistungen einzelner herausragender Spitzenathleten, die scheinbar im völligen Widerspruch zum Lehrbuchwissen stehen, stellt sich regelhaft die Frage, wie denn so etwas sein kann. Da es sich beim Apnoetauchen in weiten Bereichen quasi um ein „Spielen mit der Physiologie“ handelt, liegt im Wissen der zugrunde liegenden Physiologie auch der Schlüssel zum Verständnis der Spitzenleistungen. Die wichtigsten Faktoren, die bei den erreichten Leistungen eine wesentliche Rolle spielen, sollen, zumindest soweit bislang bekannt, eine Erklärung finden.

      9.3 Grundlagen des Tauchens mit angehaltener Luft

      9.3.1 Lungenvolumina

      Aus der Tauchausbildung ist bekannt, dass bei der Lunge verschiedene Volumina unterschieden werden können. So wird das totale Fassungsvermögen der Lunge als Totalkapazität (TLC) bezeichnet, jener Anteil, der durch Atembewegung verändert werden kann als Vitalkapazität (VC) und schließlich das Restvolumen, das auch nach maximal tiefer Ausatmung in der Lunge verbleibt, als Residualvolumen (RV).

      Es gilt nun gemeinhin, dass die Summe aus Vitalkapazität und Residualvolumen die Totalkapazität ergibt (VC + RV = TLC), wobei die Vitalkapazität (VC) ca. 3/4 der Totalkapazität (TLC) ausmacht, das Residualvolumen (RV) hingegen 1/4 der TLC. Diese Annahme stimmt aber nur sehr bedingt und stellt lediglich einen groben Mittelwert dar. Tatsächlich ist dieses Verhältnis 3/4 zu 1/4 nämlich in beide Richtungen durchaus veränderbar (Details s. Kap. 12):

      Die VC und damit auch das RV hängen ganz wesentlich von der Elastizität des Brustkorbs, und hier im Besonderen des knöchernen Anteils des Thorax, ab. Zum besseren Verständnis sei hier erläutert, dass die Rippen im Verbund mit der Wirbelsäule und dem Brustbein keinen absolut starren Käfig bilden, sondern dass die Teilkomponenten grundsätzlich elastisch miteinander verbunden sind. Dies ist vor allem deshalb nötig, weil die Brustatmung sonst nicht möglich wäre. Die einzelnen Rippen sind daher sowohl im hinteren Bereich knorpelig-gelenkig mit den jeweiligen Dornfortsätzen der Wirbelsäule verbunden, im vorderen Bereich ebenfalls knorpelig gelenkig mit dem Brustbein. Je elastischer dieses System aber ist, desto größer ist die verschiebliche Luftmenge der Lunge und damit die VC. Im Umkehrschluss ist aber auch die in der Lunge verbleibende Restmenge in diesem Fall kleiner, also das RV.

      Abb. 9.1: Atemgymnastik bei Apnoetauchern. Die Elastizität des Zwerchfells ist in gewisser Weise trainierbar und hat vor allem für das Tieftauchen eine Bedeutung (s. Text). Abbildung mit freundl. Genehmigung von Andreas Falkenroth (abgebildet) und Jörg Eyber (Fotograf)

      Steifen hingegen diese gelenkigen Verbindungen ein, so nimmt entsprechend die VC ab, das RV jedoch in gleichem Maße zu. Sieht man einmal von krankhaften Zuständen ab, ist vor allem ein Mangel an Aktivität für solche Einsteifungen zuständig, wobei auch das Altern eine gewisse Rolle spielt. Umgekehrt können sportliche Aktivität und besondere Atemübungen sowie Atemgymnastik den Brustkorb elastisch halten. Beides, also trainingsbegleitender Ausdauersport und Atemgymnastik, sind daher für ambitionierte Apnoeisten sinnvolle und wichtige Trainingsinhalte, zumal hier auch die Elastizität des Zwerchfells (also quasi die „Hochwölbungsfähigkeit“) mit trainiert wird (Abb 9.1).

      Ein günstiges Verhältnis TLC (bzw. VC) zu RV ist für jede Form des Apnoetauchens von Bedeutung, weil die Lunge der wichtigste Sauerstoffspeicher und CO2-Puffer des Körpers ist. Von besonderer Bedeutung ist dies aber vor allem für Tieftaucher, denn hier bestimmt das Verhältnis TLC zu RV neben anderen Größen die maximale Tauchtiefe (s. unten).

      9.3.2 Steuerung der Atmung

      Die Atemsteuerung erfolgt im Wesentlichen im Übergangsbereich zwischen Rückenmark und Gehirn, dem so genannten verlängerten Mark bzw. der Medulla oblongata (Abb 9.2). Als wesentliche Steuergrößen gelten dabei der Kohlendioxid- und Sauerstoffgehalt des Blutes bzw. genauer die jeweiligen Partialdrücke und der pH-Wert des Blutes, wobei die wichtigsten Größen pCO2 und pH sind und der pO2 eine nur nachgeordnete Rolle spielt. Dabei wirkt ein hoher pO2 atemreizunterdrückend, ein niedriger pO2 beim Gesunden aber nur vergleichsweise schwach atemreizstimulierend. Der Atemreiz erfolgt also vor allem durch den Anstieg des pCO2 und den Abfall des pH-Wertes im Blut. Wird diese Schwelle erreicht, so spricht man vom „breath-hold breaking point“.

      Dieser kann durchaus durch Training herausgezögert werden. So wird derzeit angenommen, dass ein regelmäßiges Apnoetraining eine Sollwertveränderung für das CO2 zur Folge hat und dadurch länger die Luft angehalten werden kann. Darüber hinaus ist es durch Willensanstrengung möglich, noch über den Breaking-point hinaus willentlich die Luft anzuhalten, was allerdings durch unangenehme Begleiterscheinungen wie unwillkürliche Zwerchfellkontraktionen gekennzeichnet ist.

      Abb. 9.2: Einflussgrößen auf die Atemsteuerung

      Zudem beeinflussen weitere Faktoren die Atemsteuerung. Kälterezeptoren der Haut spielen ebenso eine Rolle wie die Bluttemperatur. Eine Reizung der Kälterezeptoren und/oder ein Abfall der zentralen Bluttemperatur führen zu einer Reizung des Atemzentrums und so zu einer Erhöhung des Atemminutenvolumens. Im Hinblick auf das Apnoetauchen ist dieser Zusammenhang deshalb von Interesse, weil durch Kältereiz und damit die verbundene Reizung des Atemzentrums die Fähigkeit zum Luftanhalten eher limitiert ist, in kaltem Wasser die Leistungen daher nicht denen in warmen Wasser entsprechen.

      Ein weiterer wichtiger stimulierender Faktor für das Atemzentrum sind Stresshormone und hier vor allem die Ausschüttung von Adrenalin. Dieses Hormon, entwicklungsgeschichtlich betrachtet gelegentlich auch als „Flucht-oder-Kampf-Hormon“