etwas widerfährt nur anderen. Die Diagnose war das Ende einer Kette, die mit meiner Neugier begann. Durch die Lektüre eines Magazins erfuhr ich, dass Wissenschaftler entdeckt hatten, dass Krebszellen ein bestimmtes Protein bilden, mit dem man Rückschlüsse auf ihre Existenz ziehen kann. Die Forscher hatten einen Test zur Erkennung dieses Proteins entwickelt. Es ist ein hochsensibles Verfahren. Meine Frau Elizabeth und ich entschieden uns zu einer Untersuchung. Als das Testergebnis bei ihr auf Gebärmutterhalskrebs hinwies, durchlebten wir einen Monat nahe der Hysterie. Andere Ärzte wandten gründliche und bewährte Diagnostikverfahren an, fanden jedoch keine Auffälligkeiten. Man klärte uns schließlich auf, dass der erste Test noch zu ungenau sei.
Und dann diagnostizierte man bei mir Prostatakrebs. Bei mir! Mein Hausarzt sagte, dass Prostatakrebs manchmal äußerst aggressiv sei und manchmal so „harmlos“, dass man schon lange vor dem inkurablen Ausbruch an einer anderen Krankheit versterbe. Sterben! Ich? Das durfte alles nicht wahr sein. Um herauszufinden, um welche Ausprägungsform es sich handelte, nahm er mir Blut für den PSA-Wert ab, ein Tumormarker dieser spezifischen Krankheit. Bis zu dem Zeitpunkt lag er bei mir immer bei eins oder zwei, also unterhalb der bedenklichen Werte. „Er liegt bei zehn“, teilte mir mein Arzt nach Auswertung mit. „Es ist aggressiver Krebs.“ Zehn! Mein Körper hatte mich verraten.
Ich habe mich stets dem großen Comedian George Burns verbunden gefühlt, der 100 Jahre alt wurde und einfach nicht sterben „konnte“, solange man ihn buchte. Und auch mein Terminplan war viel zu voll, als dass ich Zeit für den Tod gehabt hätte.
Auf einer intellektuellen Ebene verstand ich die Diagnose. Ich hatte bereits mein Testament gemacht und damit geklärt, wem ich dies oder jenes vererben würde. Doch auf einer emotionalen Ebene war ich mir sicher, nicht zu sterben. Ich lehnte das schlichtweg ab. Ich formulierte meinen „letzten Willen“ und ging dann sofort zu einem netten Stückchen Strudel über. Der Tod? Das betraf mich doch nicht.
Bei Auftritten im Laufe der letzten Jahre bemerkte ich, dass mich immer häufiger Menschen um ein Autogramm baten. Mir war klar, was das bedeutete: Sie spekulierten auf mein baldiges Ableben, wodurch meine Unterschrift urplötzlich an Wert zunähme. Junge, Junge, dachte ich, die werde ich zum Narren halten!
Meine ersten Reaktionen auf die Diagnose glichen denen anderer Menschen: die Weigerung, diese Tatsache anzuerkennen, Angst und Wut – und auch ein Hauch des Gefühls, beleidigt zu sein. Ich bin in meinen Achtzigern, habe ein langes Leben gelebt, war aber sicher noch nicht bereit, es zu beenden. Ich entschied mich also, nicht widerstandslos in die lange Nacht hinüberzugleiten. Ich würde kämpfen! Neue Pferde sollten angeliefert werden, die ich noch einreiten musste. Auf meinem Terminplan standen verschiedene Auftritte wie auch ein Soloprogramm, und ich durfte das Publikum doch nicht im Stich lassen. Ich würde sogar noch einen Film drehen. Ein regelrechtes Meer aus Liebe ergoss sich über mich: die meiner Frau, meiner Kinder und Enkel. Ich habe immer daran geglaubt, dass in uns eine Kraft lodert, ein entschiedenes Verlangen zu leben, das alle Zellen durchdringt, und ich versuchte, es zu entfachen, versuchte, den Schalter zu finden, der das Immunsystem in den Superkiller-Modus versetzte. Keine Ahnung, ob das half oder nicht, doch ich glaubte daran, dass mein Immunsystem hochgefahren würde! Ich würde nicht so einfach sterben.
Dann las ich davon, dass in bestimmten Fällen ein Zusammenhang zwischen Testosteron-haltigen Nahrungsmittelergänzungen und Prostatakrebs bestehe. Und ich nahm solche Mittel ein! Ich fragte meinen Arzt, ob ich sie absetzen solle. „Ja“, stimmte er zu, „das könnte eine gute Idee sein.“
Ich hörte damit auf. Drei Monate später unterzog ich mich einem weiteren PSA-Test. Der Wert war auf eins gesunken. Eins! Der Arzt vermutete, dass das Testosteron den erhöhten PSA-Spiegel verursacht hatte. Nun war mir das Ergebnis des noch unausgereiften Krebstests egal, den ich natürlich nicht wiederholte. Wie die Onkologen mir und Elizabeth erklärt hatten, produzierten wir permanent Krebszellen, die vom Körper abgetötet würden. Die Killerzellen und die T-Zellen greifen an und zerstören sie. Der Organismus produziert also ständig Krebs und eliminiert ihn wieder, doch besagter Test ist so sensibel, dass er schon kleinste Anzeichen nachweist. Kombiniert mit dem PSA-Test hatte mich das davon überzeugt, dass ich sterben würde.
Obwohl es mir ein wenig leidtat, all die Autogrammjäger enttäuschen zu müssen, fühlte ich mich durch das neue Ergebnis wie berauscht. Ich kehrte zurück zur Erkenntnis, nicht sterben zu müssen. Zumindest jetzt noch nicht.
Während der drei Monate, in denen ich mich mit meinem Todesurteil konfrontiert sah, verbrachte ich viel Zeit damit, über das Leben nachzudenken, über die Lektionen, die ich gelernt habe, die Orte, die ich sah, die Wunder, die ich erlebte und all die Begegnungen und Erfahrungen, die vereint einen Energieschub namens Leben ergeben haben. Darauf basierend, will ich nun, zum allerersten Mal, mit Ihnen mein Geheimnis eines guten, langen Lebens teilen:
Sterben Sie einfach nicht.
Das ist es; das ist das große Geheimnis. Leben Sie weiter, und versuchen Sie, nicht einzurosten.
Schon viele Menschen haben ihre Geheimtipps für ein langes und glückliches Leben mit anderen geteilt: Machen Sie dieses, lassen Sie jenes. Essen Sie Mixed Pickles. Vermeiden Sie Mixed Pickles.
All die Ratschläge haben wohl geholfen – bei den jeweiligen Personen.
Andere haben die von ihnen erlangte Weisheit weitergegeben: Meditiere. Den Ärger nicht runterschlucken. Behandle andere Menschen so, wie du selbst behandelt werden willst – mit der Ausnahme, man mag eine andere Person nicht, dann behandle sie oder ihn einfach anders. All das funktioniert, oder es funktioniert nicht.
Auf den folgenden Seiten erzähle ich Ihnen von den Erfahrungen, die sich bei mir positiv auswirkten, die mein Leben bereicherten oder mir Lektionen erteilten, die den Unterschied darstellten. Hier ein erster Ratschlag: Es gibt kein universelles Konzept!
Wenn mich Menschen aufsuchen und um einen Ratschlag bitten – sie nehmen an, dass ich während meiner Lebensspanne etwas Bedeutendes gelernt haben muss –, dann gebe ich ihnen die bestmögliche Hilfestellung: Folgen Sie bloß nicht meinem Tipp. Jeder Mensch ist einzigartig. Unterschiedlich. Ähnelt niemandem. Sie hatten nicht meine Mutter! Niemand kann in meinen Schuhen mühelos gehen; den meisten werden sie nicht einmal passen. Mir wiederum passen Ihre Schuhe nicht; ich würde mir vermutlich die Zehen wundreiben. Doch warum sucht man überhaupt nach Ratschlägen? Wir beginnen jeden Tag mit einem anderen Erfahrungshintergrund. Wir sehen das Leben durch unterschiedliche Prismen. Wir unterscheiden uns körperlich, emotional und mental. Wir sehen und erleben die gleichen Situationen anders. Den Hauch des Windes, das Gefühl, wenn ich mich mit einer Creme einreibe, die Wut, die ich spüre, wenn ein anderer Fahrer mich schneidet, meine Reaktion auf einen Witz oder einen Film – das variiert alles im Vergleich zu den Empfindungen anderer.
Jemanden zu erklären, wie er sein Leben führen soll, ist der Gipfel der Überheblichkeit, nicht nur für mich, sondern für alle. Es gibt nicht den einzigen Weg oder den richtigen Weg, etwas zu machen. Führt nur ein einziger Pfad einen Berg hinauf? Kann man sich nur an eine Formel klammern, um seine Gesundheit zu erhalten? Gibt es nur einen Weg, eine Beziehung zu führen, oder gibt es viele, die sich dadurch unterscheiden, „in welchen Schuhen man steckt“? Ich habe keine Antworten auf diese Fragen, vielleicht haben sie die heiligen Männer auf den Berggipfeln? Allerdings leben sie nun mal auf Berggipfeln – was können sie also schon von der Reaktion eines Trottels wissen, der einem den Weg zum Starbucks abschneidet, wo man sich die erste Tasse des frischen Morgenkaffees gönnen will? Gibt es vielleicht so etwas wie einen „Bergpfad-Ausraster“?
Ich bin der Typ, der Raumschiff Enterprise über 79 Wochen rettete und damit endete, James Spader auf einer Veranda zu küssen. Doch ich stelle immer noch Fragen. Sogar in meinem Alter versuche ich, herauszufinden, wie dieses befremdliche, wunderbare und bizarre Etwas, das man Leben nennt, am besten seinen Verlauf nimmt. Ich weiß, was bei mir funktionierte, und freue mich darüber, dieses Wissen mit Ihnen zu teilen. Nehmen Sie das für Sie Wertvolle an – was in der Realität zuerst den Preis des Buches, abzüglich eines möglichen Rabatts, bedeutet.
Mir wurde in meinem Leben außergewöhnliches Glück zuteil. Mir boten sich Möglichkeiten, die anderen verwehrt blieben. Ich glaube daran, dass wir Wissen sammeln sollten, so viel Wissen, wie wir können,