Jesse Fink

Bon - Der letzte Highway


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Publikum war von beiden Bands vollauf begeistert“, schrieb das Courier-Journal. „Es fuhr total auf ein kleines elektronisches Gerät ab, mit dem eine Note auf der Gitarre gedehnt werden konnte, nachdem die Saite angespielt und die Hand von der Gitarre weggezogen war. In Louisville geht das bei einem Rockkonzert als Virtuosität durch.“

      AC/DCs winterliche Tour endete mit zwei Shows Ende des Monats. In Largo, Maryland, sprangen sie als Vorband von Kiss für Bob Seger und die Silver Bullet Band ein. In Pittsburgh teilten sie sich hingegen die Bühne mit Blue Öyster Cult.

      Als das Spektakel vorüber war, so erinnerte sich Barry Taylor, zerstreuten sich die fünf Trucks und die 50 Mann starke Crew in alle Windrichtungen.

      * * *

      In Greensboro, North Carolina, spielten AC/DC ihr allererstes Konzert mit Cheap Trick aus Illinois. Peinlicherweise war der Name der australischen Band falsch buchstabiert: AC/BC.

      „Beide Bands befanden sich in ihren Karrieren in einer ähnlichen Position“, erzählt Cheap Tricks Drummer Bun E. Carlos, der im Jahr 2016 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde. „Wir hatten beide ausgemachte Knalltüten als Leadgitarristen, coole Sänger und rockende Bassisten und Schlagzeuger. Beide Bands tourten sich den Arsch ab. Cheap Trick waren live ein wenig härter als auf Platte. Bon wirkte stets wie ein gewöhnlicher, hart rockender Typ, der jederzeit für einen Spaß zu haben war. Das einzige Gesundheitsproblem, das uns auffiel, war seine exzessive Trinkerei in seinem letzten Lebensjahr. Leider überraschte sein Tod niemanden.“

      Kümmerte sich AC/DCs Management ausreichend darum, dass Bon sein Alkoholproblem in den Griff bekommen konnte? War dem Rest der Band bewusst, wie schlimm es um ihn stand?

      „Niemand schien irgendetwas gegen seinen Suff zu unternehmen, aber das war damals nicht ungewöhnlich. Niemand hatte was von Entzugskliniken, Babysittern oder ähnlichen Dingen gehört. Das Management war irgendein Typ in Anzug, der sich in L. A. oder New York City blicken ließ.“

      Laut Silver Smith kam Bon ein Entzug nie in den Sinn. „Nein, soweit ich weiß, hat er das nie versucht“, sagte sie. „Ich war ziemlich ignorant und wusste bis Mitte der Achtziger nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gibt.“

      „Ein Entzug stand nicht im Raum“, sagt Mick Jones. „Die Anonymen Alkoholiker? Was zum Geier ist das denn, bitte? Das stand wirklich nicht zur Debatte. Es hieß nur, dass man sich trockenlegen oder irgendwo hingehen musste. Ich tat das auch. Ich begab mich manchmal für drei oder vier Wochen in eine erholsame Umgebung, vielleicht eine Gesundheitsfarm oder so, was ja irgendwie in dieselbe Richtung wie eine Entziehungskur geht.“

      Bis Jones dem Trinken abschwor, begegnete er den Anonymen Alkoholikern misstrauisch.

      „Wann auch immer ich AA-Leuten über den Weg lief, dachte ich mir: ‚Uuuuh, zieht bloß Leine.‘ Als wären sie der Teufel oder so.“

      Gab es eine Intervention?

      „Nein. Anscheinend waren viele geplant [lacht]. Aber irgendwann kümmerte ich mich aus eigenem Antrieb darum. Ein Freund organsierte etwas für mich und ich flog in die Karibik. Das war die besten Entscheidung meines Lebens. Das hat mir das Leben gerettet. Ich wollte wohl den Traum eines lasterhaften Daseins ausleben, Starruhm, all diese Dinge eben, die einen in große Schwierigkeiten bringen. Ich begriff, dass ich die Beziehung zu meiner Familie und alles andere auch aufs Spiel setzte. Alles, was ich hätte verlieren können, hätte ich auch verloren. Zunächst hätte ich mal mein Leben verloren. Darauf wäre alles über kurz oder lang hinausgelaufen. Ich habe gesehen, wie das vielen Menschen zustieß, auch Bon. Bon war eines der frühen Opfer in unserer Generation in den Siebzigern, am Übergang zu den Achtzigern. Tragisch. Musiker sind sehr sensible Leute. Es ist nicht unbedingt der Hunger oder Macht oder Geld, was sie antreibt. Es geht mehr um den Ruhm. Um dieses Gefühl auf der Bühne, wenn du dich mit all diesen Leuten da draußen in Verbindung setzt und Unmengen von Menschen berührst. Und irgendwie versucht man, diesen Traum am Leben zu erhalten, auch wenn man es nicht mehr wirklich auf die Reihe bekommt. Ich kann mich an so viele Male erinnern, als ich mir vornahm, etwas zu unternehmen, aber nach ein paar Tagen der Enthaltsamkeit dachte ich mir: ‚Ach, ich habe seit fünf Tagen nichts mehr getrunken, ich habe es mir verdient, dieses Wochenende so richtig die Sau rauszulassen.‘ Das war ein sich stets wiederholender Kreislauf. Du weißt schon, des Leugnens eben. Ein Alkoholiker kann sich nicht auf nur einen Drink oder eine Droge oder was auch immer beschränken. Ich wusste, wenn ich meinen Scheiß nicht geordnet bekäme, würde ich die Musik bleiben lassen müssen.“

      Diese Kultur des Leugnens war auch bei AC/DC nicht ganz unbekannt.

      „So wie er sich hielt, hätte man glauben können, dass Bon Scott unsterblich wäre“, sagte Angus Young. „Er soff wie ein Loch und am nächsten Morgen sah er überhaupt nicht mitgenommen aus. Du fragtest dich dann, wie er das nur schaffte.“

      Eine wirklich gute Frage.

      Am 30. April 2016 wurde in Kirriemuir eine Statue von Bon errichtet. Sie wurde zur Gänze von Fans finanziert. Die Inschrift bezeichnet ihn als „Jungen aus Kirriemuir“.

      Teil II

      1978

      8

      What’s Next To The Moon