Joe Layden

Van Halen


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      Als Nächstes stattete ich Peter Angelus, unserem jungen und unerfahrenen (aber hochtalentierten) Beleuchter, einen Besuch ab. Peter sollte eines Tages ein erfolgreicher Kameramann, Musikvideo-Regisseur und Manager werden, doch damals war er mehr oder weniger ein Neuling im Geschäft. Bevor ich noch den Mund aufmachen konnte, fiel mir auf, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Petes Gesicht war aschfahl und seine Züge grimmig. Schnell hüpfte ich auf die Plattform neben ihm.

      „Hey, Pete. Gibt es ein Problem?“

      Er nickte.

      „Mein Headset funktioniert nicht richtig. Ich kann mich nicht mit den Jungs austauschen, die die Spotlights bedienen.“ Er hielt kurz inne. „Wir sind im Arsch.“

      Streng genommen lag er richtig. Pete verbrachte in der Regel den ganzen Abend damit, via Headset Anweisungen zu erteilen, wann die Spots zum Einsatz kämen. Es war eine komplizierte Choreografie und verlangte von allen Beteiligten völlige Konzentration. Pete hatte bereits einige Van-Halen-Konzerte gesehen, weshalb er ihre Bühnenshow sehr genau kannte. Doch ohne funktionierende Headsets schien er praktisch hilflos zu sein – wie ein Fluglotse ohne Radar.

      Aber die Show muss weitergehen, nicht wahr?

      Als ehemaliger Tontechniker und Bühnenmanager hatte ich bereits so ziemlich alles erlebt, was bei einer Liveshow schiefgehen kann. Und irgendwie ließ sich doch stets eine Lösung finden.

      „Keine Panik, Peter“, sagte ich. „Ich hab da eine Idee.“

      „Wie sieht die aus?“

      „Ich dirigiere die Spots, während du dich um die Beleuchtung kümmerst.“

      Peter sah mich, als ob ich nicht mehr alle Latten am Zaun gehabt hätte.

      „Nichts für ungut, Noel, aber du hast ihre Show noch kein einziges Mal gesehen.“

      Ich lachte. Das ließ sich natürlich nicht von der Hand weisen. Es war mir aber auch egal. Schwere Zeiten verlangten nach drastischen Maßnahmen.

      „Dann werde ich eben improvisieren müssen“, antwortete ich.

      Ich sprang von der Plattform herunter und begab mich zu jener Leiter, die mich wiederum zu den vier Jungs führte, die die Spotlights bedienten. Sie alle hielten ihre nun nutzlosen Headsets in Händen.

      „Okay“, sagte ich, „ich werde die Spots von hier aus dirigieren.“

      Sie sahen mich mit fragenden Mienen an. Dann zuckten sie mit den Schultern. Ich verstand das weder als Gleichgültigkeit noch als Mangel an Respekt. Diese Typen waren schlicht unerschütterlich – genau das, was man in einem Krisenfall braucht. Wie sich herausstellte, waren sie vom Fach, was meine improvisierte Herangehensweise an diesen Abend letzten Endes viel erfolgreicher erscheinen ließ, als das ansonsten der Fall gewesen wäre.

      Ich blickte auch meine Armbanduhr und realisierte, dass Van Halen in weniger als einer halben Stunde auf die Bühne müssten. Also kletterte ich die Leiter hinab und eilte zu ihrer Garderobe. Die Jungs waren sichtlich nervös. Das war angesichts dessen, was auf dem Spiel stand, auch verständlich, doch die Unruhe wurde sicherlich auch durch das allgemein beengte Gefühl und das Chaos rund um die Show verstärkt. Und nun lag es an mir, noch ein wenig mehr zur Anspannung beizutragen.

      „Hört mal, Jungs, es gibt da ein Problem mit Peters Headset. Ich werde die Spots vor Ort dirigieren.“

      Zuerst sagte keiner ein Wort. Ich glaube, sie waren noch abgelenkt. Es war auch nicht meine Absicht, sie noch nervöser zu machen, aber sie sollten wissen, was Sache wäre, da wir alle ein wenig improvisieren müssten. Schließlich erhob David die Stimme.

      „Wie zum Geier willst du die Spots dirigieren?“, fuhr er mich an. (Seine Stimme war bereits ein wenig rau von seinem Aufwärmprogramm, was keine schlechte Sache war, schließlich klang Dave am besten, wenn seine Stimme an ein tiefes Knurren erinnerte.) „Du kennst doch die Show noch nicht mal!“

      So wie schon Peter gab auch David hier nur die Fakten wieder. Darüber ließ sich gar nicht debattieren. Ich hatte ihre Show noch nicht gesehen, doch zuvor schon bei Tausenden von anderen Shows gearbeitet, weshalb ich mir dachte, dass wir das schon gebacken kriegen würden.

      „Mach dir keine Sorgen“, sagte ich. „Alles wird gut.“

      Dave lachte sarkastisch.

      „Das hoffe ich sehr, Mann.“

      „Schau mal“, meinte ich zu Dave, „ich stelle euch auf der linken Bühnenseite auf, wo euch keiner sieht. Wenn Marshall ‚VAN HALEN!‘ ruft, übernehmt ihr und liefert eure bestmögliche Show ab. Lasst die Spots mal meine Sorge sein.“

      Marshall Berle war an diesem Tag in der Stadt eingetroffen und sollte dem Publikum die Band ankündigen. Ich verheimlichte der Truppe jedoch, dass Carl Scott und noch über ein Dutzend weiterer Warner-Manager aus den Bereichen Promotion und Künstlerentwicklung im Publikum saßen. Noch mehr Druck musste schließlich echt nicht sein.

      Ich lief hinaus und begab mich auf meine Position bei den Spots.

      „Macht euch bereit, alle vier Jungs anzuleuchten, wenn sie auf die Bühne kommen“, sagte ich zu den Typen hinter den Spotlights. „Folgt einfach eurem jeweiligen Mann.“

      Wie kann ich diese erste Show bloß in Worte fassen? Nun, dieser Abend ist sicher nicht als einer der grandiosesten in die Annalen von Van Halen eingegangen. Technische Schwierigkeiten, eine übervolle Bühne und eine unglaublich schlechte Entscheidung seitens der Jungs in Bezug auf ihre Schuhe machten diesen Abend zu einer großen Herausforderung.

      Während der Proben war mir aufgefallen, dass alle vier Bandmitglieder sich aus irgendeinem Grund für Plateaustiefel mit dicken, hohen Absätzen entschieden hatten. Ich hatte vorgeschlagen, für den ersten Abend auf Nummer sicher zu gehen und etwas Vernünftigeres zu tragen. Allerdings wurde ich zurückgewiesen, vor allem von Alex.

      „Das sind unsere KISS-Stiefel“, sagte er und grinste stolz. „Wir haben 300 Mäuse dafür gelöhnt. Wir lieben sie!“

      Das erschien mir eine unfassbar schlechte Investition zu sein, vor allem, da drei der Bandmitglieder nicht aus reichem Hause stammten. Aber ich fing deswegen keinen Streit an. Es gab zu viele andere Dinge, um die ich mich kümmern musste, und es lag nicht in meinem Aufgabenbereich, der Band vorzuschreiben, was sie tragen sollte.

      Rückblickend hätte ich vielleicht ein Machtwort sprechen sollen. Bereits ab den ersten Klängen der Eröffnungsnummer „On Fire“ wurde klar, dass die Plateaustiefel keine gute Idee waren. Vielleicht funktionierten die Dinger ja für KISS, vor allem, da sie sie damals in Kombination mit abgefahrenen schwarzen Kostümen und Make-up trugen und dabei reichlich Platz für ihre Show hatten. Aber hier im Aragon Ballroom, auf einer Bühne, die aufgrund der ganzen Ausrüstung auf die Hälfte ihrer normalen Größe reduziert worden war, wo überall Kabel herumlagen, waren KISS-Stiefel keine gute Entscheidung.

      Doch die Band ließ sich nicht unterkriegen – so wie auch wir nicht, die wir für die technischen Aspekte zuständig waren –, und gemeinsam brachten wir die Show über die Runden. Van Halen spielten zehn Nummern, ein Bass-Solo sowie ein Schlagzeug-Solo. Insgesamt dauerte das dynamische Set knapp 35 Minuten. Die 5.450 Konzertbesucher – die Location war ausverkauft – schienen beeindruckt von Eddies virtuosem Gitarrenspiel. Sollten die Jungs irgendwie weniger lebhaft als sonst rübergekommen sein, dann lag das daran, dass sie versuchten, nicht zu stolpern und nicht von der Bühne zu purzeln. Manchmal ist Vorsicht eben besser als Nachsicht.

      Sobald die Show vorüber war, bedankte ich mich bei den Beleuchtern und tauschte mit Peter einen herzlichen Handschlag aus. Dann ging ich in die Garderobe, wo Alex, Eddie, Michael und David sich bereits über das Konzert unterhielten. Sie waren zwar nicht zornig, aber auch nicht zufrieden. Ich sah das als gutes Zeichen. Diese Band zeigte einen gesunden Ehrgeiz. Sie wussten, dass sie zu mehr imstande waren, und der nächste Schritt nach vorne bestand in einer Überarbeitung ihres Outfits.

      „Jungs, ihr müsst die hochhackigen Stiefel sein lassen“, sagte ich. Zunächst herrschte Schweigen. Ein paar Augenblicke später betrat