Joe Layden

Van Halen


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auf – nur gerade so lange, um mir einen Eindruck von der Lage zu verschaffen. Doch als ich kurze Zeit später noch einmal zurückkehrte, glich der Raum einem Schlachtfeld. Die Einrichtung fehlte oder war zerdeppert, und überall – auf jeder Oberfläche, dem Boden und der Decke – waren Unmengen von Ketchup verteilt. Als ich nun den Schaden unter die Lupe nahm und dabei gerade noch vermied, dass mich ein besonders ekelhaft zugerichteter Deckenventilator mit Beweismitteln volltropfte, konnte ich wirklich nicht genauer bestimmen, ob hier nun eine Orgie oder ein Massaker stattgefunden hatte. Es war die Art Anblick, die einen Caligula wohl stolz gemacht hätte.

      Am nächsten Morgen traf ich mich mit dem Manager.

      „Es tut mir wirklich leid“, legte ich los. „Es gibt absolut keine Entschuldigung dafür, in was für einem Zustand sich unsere Zimmer befinden.“

      „Wie schlimm ist es denn, Mr. Monk?“, fragte er.

      Vor meinem inneren Auge zuckte kurz ein Abbild der Ausschweifungen der vergangenen Nacht auf. Mir schauderte. Dann musste ich das Verlangen, laut loszulachen, unterdrücken.

      „Es sieht nicht gut aus“, sagte ich, bevor ich ihm die entsetzlichen Details schilderte. Als ich fertig war, hatte das Gesicht des Managers einen purpurnen Teint angenommen.

      „Es ist wirklich ungewöhnlich, dass sie sich so benehmen“, fügte ich noch hinzu, womit ich dem armen Mann direkt ins Gesicht log. „Sie sind ein paar nette junge Männer. Vielleicht liegt es ja am Wasser, dass sich ihre Persönlichkeit so radikal verändert hat.“

      Der Manager lachte.

      „Mr. Monk, ihr seid nicht die erste Band, die in diesem Hotel abgestiegen ist. Und ihr seid auch nicht die Ersten, die eines unserer Zimmer zerstört haben.“

      Ich seufzte erleichtert.

      „Okay, wie verfahren wir?“

      „Ganz einfach“, sagte er. „Stellen Sie bitte einen Scheck aus.“

      Ich begab mich die Treppen hoch und versammelte die Jungs in meinem Zimmer. Ich erklärte ihnen, dass der Hotelmanager keine Anzeige erstatten werde und eingewilligt habe, uns einfach für die Schäden bezahlen zu lassen. Er werde bald hochkommen, um das Massaker zu besichtigen, und uns eine Rechnung stellen.

      „Haben wir denn Geld für so etwas?“, fragte David.

      „Mach dir keine Sorgen“, beruhigte ich ihn. „Warner Bros. wird sich darum kümmern.“

      Sie alle lächelten und tauschten High Fives aus.

      „Das ist spitze, Noel“, sagte Edward. „Klasse Leistung.“

      „Danke. Natürlich wird alles letztendlich auf euch zurückfallen.“

      „Was meinst du damit?“

      „Das nennt sich Schadloshaltung, Jungs. Ich erkläre euch das später.“

      Es sollte eine Weile dauern, bevor sie dieses Konzept begriffen: Letzten Endes kam das Geld aus ihren eigenen Taschen. Für Erste schienen sie jedoch happy mit meiner Erklärung und darüber, dass es keine weiteren Konsequenzen geben würde. Nachdem der Manager den Schaden inspiziert und vermutlich einen Termin mit seinem Seelenklempner vereinbart hatte, stellte er uns eine in Einzelposten aufgegliederte Rechnung zusammen. Ich beglich sie mit Plastik.

      „Wir wissen Ihr Verständnis und Ihre Professionalität zu schätzen“, sagte ich. „Ihre Diskretion ebenso.“

      Der Manager nickte. „Und wir schätzen es, Geschäfte mit Ihnen zu machen. Kommen Sie gerne wieder.“ Er hielt inne und lächelte. „Wir werden das Stockwerk, das nun renoviert wird, für sie bereithalten.“

      Manchmal war das Demolieren von Hotelzimmern bloß eine Nebenwirkung von Langeweile und Anspruchsdenken. Dies war kein normaler Lebensstil, den wir hier führten. Man werfe noch ein paar Groupies sowie bewusstseinsverändernde Substanzen in rauen Mengen dazu, und man erhält einen ganz schön zerstörerischen Cocktail. Dahinter steckte zumeist keinerlei Feindseligkeit. Es war einfach nur kindisch und verantwortungslos. Und ziemlich oft verdammt lustig. Aber es kam auch vor, dass zwischenmenschliche Dynamiken und fragile Beziehungen innerhalb der Band in die Gleichung einflossen. Ich meine damit speziell die tiefgründige und außergewöhnliche Verbindung zwischen den Gebrüdern Van Halen.

      Es war noch relativ früh auf der Tour, als ich sie zum ersten Mal so richtig loslegen sah, aber das sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. Ich verstehe, dass Familien wie komplexe Organismen funktionieren, da ich selbst in einem dysfunktionalen Haushalt mitsamt betrunkenem Vater und übergriffiger Mutter aufwuchs. Sowohl meine Schwester als auch ich litten unter diesem Ambiente, weshalb mir innerfamiliäre Dynamiken nicht fremd sind. Dennoch wirkte es auf mich, als würden die Van-Halen-Brüder die Belastbarkeit ihrer Familienbande bis ins Extrem ausreizen, was bei ihrer Beziehung zu ihrem Vater Jan Van Halen anfing.

      Die ersten paar Male, als ich Jan traf, empfand ich ihn als sympathischen Mann, der auf ein interessantes Leben zurückblicken konnte. Offensichtlich liebte er die Musik und wünschte sich Erfolg für seine Söhne. Das meiste von dem, was ich über Jans Leben wusste, erfuhr ich bei unseren gemeinsamen Sessions an einem lokalen Schießstand in Los Angeles. Jan hatte Spaß daran, seine eigene Munition zu fabrizieren bzw. Waffen zu sammeln und zu tauschen. Aber am meisten genoss er die Schießerei. Hört sich das jetzt für euch nach einem beängstigenden Typen an? Nicht für mich. Ich habe den Großteil meines Lebens Zugang zu Waffen gehabt und weiß, dass sie nur so gefährlich sind wie die Menschen, die sie in Händen halten. Damit möchte ich selbstverständlich nicht sagen, dass jeder eine Feuerwaffe besitzen sollte. Aber Jan wirkte wie ein vernünftiger Kerl, obwohl er auf seltsame Weise gleichzeitig einen entspannten, aber auch intensiven Eindruck machte, was für Niederländer gar nicht so außergewöhnlich ist. Trotzdem hatten wir gemeinsam eine Menge Spaß.

      Der Schießstand, den wir am häufigsten frequentierten, befand sich nahe bei Jans Haus. Wir tauschten Anekdoten aus, und seine waren dabei immer bedrückender als meine. Als ich Jan ein wenig besser kennenlernte, fielen mir auch Verhaltenszüge auf, die eigenartig und eigentlich unsympathisch waren. Zum einen war er Alkoholiker. Lassen wir mal für einen Augenblick beiseite, dass Säufer und Drogensüchtige nicht mit Feuerwaffen herumhantieren sollten: Jan schien in dieser Hinsicht immer sehr verantwortungsbewusst zu sein. Es war vielmehr die Art, wie er über das Trinken sprach und wie es sich auf seine Kinder auswirkte, was mich nachdenklich machte.

      Ich zweifle nicht daran, dass Jan seine Kinder liebte, doch wie er das zum Ausdruck brachte, war merkwürdig. So glaubte er, dass mit ihnen zu trinken, eine der besten Methoden wäre, eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Ich spreche hier nicht von einem Bierchen, das ein Vater mal mit seinen volljährigen Kindern zischt. Nein, ich spreche von einem Typen, der sich mit seinen jugendlichen Söhnen in der Hoffnung volllaufen lässt, dass diese Art der Kameradschaft sie ermuntern würde, in ihrer Beziehung zueinander Ehrlichkeit und Transparenz walten zu lassen, sodass keine Geheimnisse zwischen ihnen bestünden. Jan wollte der coole Dad sein, dessen Kids ihm davon berichteten, was sich so in ihrem Leben abspielte: Freud und Leid und sogar die hässlichen Details. Nun, mir kam es so vor, als ob Jan diesen Ansatz stets bis zum Äußersten verfolgte, um es milde auszudrücken.

      Wenn diese Typen dann mal so weit waren, an ihrer Bindung zu arbeiten und zu kommunizieren, waren sie zu betrunken, um sich über irgendetwas Gehaltvolles auszutauschen. Mir erschien das vollkommen sinnlos und, soweit es Jan betraf, auch egoistisch. Damit rechtfertigte er seine eigene Trinkerei und vermied die zweifellos schwierige Aufgabe, Kinder zu verantwortlichem Handeln zu erziehen. Stattdessen war er ein besoffener Vater, der die Flasche an seine Söhne weiterreichte, die sich später ebenfalls zu Alkoholikern entwickeln würden. Ich denke, ich reagierte darauf so sensibel, da ich selbst mit einem Trinker als Vater aufgewachsen war, auch wenn meiner sicher ausfälliger war als Jan. Dennoch verstand ich das Krankheitsbild und hatte selbst darunter zu leiden gehabt. Auch wenn ich Jan mochte, stellte ich seine Erziehungsmethoden doch stark infrage.

      Auch Alex erzählte mir Geschichten, die Jans Ausführungen bestätigten. Er erklärte mir gerne, dass er sich dann am besten mit seinen Eltern verstehe, wenn er sternhagelvoll sei. Nicht nach ein paar Drinks, sondern