Professors Richard Feynman, zu beginnen, das – etwas aus dem Zusammenhang herausgenommen – wie folgt lautet [1]:
Ich glaube, ich kannmit Sicherheit sagen, dass niemand die Quantenmechanik versteht.
Diese eher entmutigende Aussage muss unter dem Gesichtspunkt gesehen werden, dass man beim Studium der Quantenmechanik erkennt, dass diese Theorie nicht auf Axiomen, sondern auf Postulaten basiert – eine in den Wissenschaften sehr ungewöhnliche Tatsache. Darüber hinauswerden deterministische Ergebnisse durch Wahrscheinlichkeiten ersetzt. Wenn ein Student mit diesen Problemen konfrontiert wird, stellt sich natürlich die Frage: ,,Warum soll ich mich mit der Quantenmechanik befassen, wenn ich sie doch nicht verstehen kann?“ oder noch schlimmer: ,,Ist die Quantenmechanik ein Hirngespinst verrückterWissenschaftler?“ Die Antwort hier ist auch in einem Zitat von Feynman enthalten:
Es ist egal, wie schön eine Theorie ist [...], wenn sie nicht mit dem Experiment übereinstimmt, ist sie falsch.
Diese Aussage kann auch so formuliert werden, dass eine Theorie, die immer Antworten liefert, die mit demExperiment übereinstimmen, höchstwahrscheinlich richtig ist. Obwohl niemand die Quantenmechanik in ihrer Gesamtheit verstehen mag, gibt sie Antworten, die – immer und immer wieder – mit Experimenten übereinstimmen, und tatsächlich einen Mechanismus zur Erklärung der experimentellen Ergebnisse liefert.
Historisch gesehen gab es in den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Versuchsergebnisse, die nicht durch existierende physikalische Gesetze erklärt werden konnten und die etablierte physikalischeDogmen verletzten. Diese Ergebnisse führten zur Entstehung der Quantenmechanik, die aus einer Ansammlung von Ideen hervorging, mit denen diese bisher unerklärlichen experimentellen Ergebnisse erklärt werden konnten. Diese Ideen verschmolzen zu dem Gebiet, das wir jetzt als Quantenmechanik bezeichnen. Diese Theorie hat eine Vielzahl physikalischer und chemischer Beobachtungen unglaublich erfolgreich erklärt – von der Formund Bedeutung des Periodensystems der Elemente bis zum Thema dieses Buches, nämlich der Wechselwirkung von Licht mit Materie, die die Grundlage der Spektroskopie bildet.
Während manche Aspekte der molekularen Spektroskopie klassisch beschrieben werden können (wie z. B. die Rotations- oder Schwingungsenergie einesMoleküls), ist die Vorstellung, dass Atome und Moleküle nur in gequantelten (quantisierten), stationären Energiezuständen existieren können, eine direkte Folge der Postulate der Quantenmechanik. Darüber hinaus erklärt die Anwendung der Prinzipien der zeitabhängigen Quantenmechanik, wie elektromagnetische Strahlung der richtigen Energie einen Übergang zwischen diesen stationären Energiezuständen verursachen kann und beobachtbare Spektren erzeugt. Somit ist das gesamte Gebiet der Molekülspektroskopie ein direktes Ergebnis der Quantenmechanik und repräsentiert die experimentellen Ergebnisse, die die Theorie bestätigen. Das phänomenale Wachstum aller Formen der Spektroskopie in den letzten acht Jahrzehnten hat wesentlich zu unserem Verständnis der molekularen Struktur und den Eigenschaften von Materie beigetragen. Was als einfache Molekülspektroskopie wie Schwingungsspektroskopie, Rotationsspektroskopie, und Absorptions- und Emissionsspektroskopie imsichtbaren Spektralbereich begann, hat sich nun zu einem sehr breiten Feld entwickelt, das beispielsweise die modernen Kernresonanztechniken (einschließlich medizinischer Kernresonanztomographie), nicht linearer Spektroskopie, Oberflächenspektroskopie, zeitaufgelöste Spektroskopie und vieles mehr umfasst. Die Spektroskopie ist ein wesentlicher Bestandteil der Materialwissenschaften, der Chemie, der Physik und der Biologie sowie andererwissenschaftlicher und technischer Bereiche. Daher sind die quantenmechanischen Grundlagen der Spektroskopie ein Hauptthema, das bei der Verfolgung wissenschaftlicher Bemühungen verstanden werden muss.
Literatur
1 Feynman, R. (1964). Probability and Uncertainty: The Quantum Mechanical View of Nature – The Character of Physical Law. Cornell University, Ithaca, NY.
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Übergang von der klassischen Physik zur Quantenmechanik
Am Ende des 19. Jahrhunderts war die klassische Physik so weit fortgeschritten, dass viele Wissenschaftler dachten, alle Probleme in der Physik seien gelöst oder würden bald gelöst. Schließlich konnte die klassische Newton’sche Mechanik die Bewegungen von Himmelskörpern vorhersagen; der Elektromagnetismus wurde durch die Maxwell’schen Gleichungen beschrieben (für eine Übersicht über die Maxwell’schen Gleichungen, siehe [1]). Die Formulierung der Prinzipien der Thermodynamik hatte zum Verständnis der gegenseitigen Umwandlung von Wärme und Arbeit und den Einschränkungen dieser gegenseitigen Umwandlung geführt. Die klassische Optik ermöglichte den Entwurf und Bau wissenschaftlicher Instrumente wie Teleskop und Mikroskop, die beide das Verständnis der physikalischen Welt um uns herum erweiterten.
In der Chemie wurde eine experimentell abgeleitete Klassifizierung der Elemente erreicht (das rudimentäre Periodensystem), obwohl die Natur von Atomen und Molekülen und das Konzept der Beteiligung des Elektrons an chemischen Reaktionen nicht verstanden waren. Die Experimente von Rutherford zeigten, dass das Atom aus sehr kleinen, positiv geladenen und schweren Kernen bestand, die jedes Element identifizierten, und aus Elektronen, die die Kerne umkreisten, und die negative Ladung lieferten, um elektrisch neutrale Atome zu erzeugen. Zu diesem Zeitpunkt stellte sich natürlich die Frage: Warum fallen die Elektronen nicht in den Kern, weil sich doch entgegengesetzte elektrische Ladungen anziehen? Eine planetarische Situation, in der die Elektronen durch Zentrifugalkräfte in Umlaufbahnen gehalten wurden, war aufgrund des (Strahlungs-)Energieverlusts, den ein umlaufendes Elektron erfahren würde, nicht plausibel. Dieses Dilemma war eine der Ursachen für die Entwicklung der Quantenmechanik.
Darüber hinaus gab es andere experimentelle Ergebnisse, die mit der klassischen Physik nicht erklärt werden konnten und die die Entwicklung neuer theoretischer Konzepte erforderten, beispielsweise die Unfähigkeit klassischer Modelle, die Schwarzkörperstrahlung, den photoelektrischen Effekt und die Beobachtung der ,,Spektrallinien“ in den Emissions- (oder Absorptions-)Spektren von atomarem Wasserstoff zu reproduzieren. Diese experimentellen Ergebnisse stammen aus dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts und lösten in den 1920er-Jahren eine fast explosive Reaktion in der theoretischen Physik aus, die zur Formulierung der Quantenmechanik führte. Die Namen dieser Physiker – Planck, Heisenberg, Einstein, Bohr, Born, de Broglie, Dirac, Pauli, Schrödinger und andere – sind unauslöschlich mit neuen theoretischen Modellen verbunden, die die Physik und Chemie revolutionierten.
Diese Entwicklung der Quantentheorie nahm Hunderte von Veröffentlichungen, Briefen und Tausende von Seiten gedruckten Materials ein und kann hier in diesem Buch nicht behandelt werden. Daher präsentiert dieses Buch viele der schwierigen theoretischen Ableitungen als bloße Tatsachen, ohne Beweise oder die zugrunde liegenden Denkprozesse anzuschneiden, da das Ziel der Diskussion in den folgenden Kapiteln die Anwendung der quantenmechanischen Prinzipien auf die Molekularspektroskopie ist. Daher sollten diese Diskussionen als Leitfaden für Studenten des 21. Jahrhunderts zur Akzeptanz quantenmechanischer Prinzipien für ihre Arbeit mit molekularer Spektroskopie ausgelegt werden.
Vor der Diskussion der drei Eckpfeilerexperimenten, die die Quantenmechanik einleiteten – Plancks Schwarzkörperstrahlungskurve, der photoelektrische Effekt und die Beobachtung von Spektrallinien in den Wasserstoffatomspektren – wird elektromagnetische Strahlung (Licht) mittels eines Wellenmodells vorgestellt, das die vorherrschende Art war, dieses Phänomen vor dem 20. Jahrhundert zu betrachten.
1.1 Beschreibung von Licht als elektromagnetische Welle
Wie oben erwähnt, wurde elektromagnetischen Strahlung durch die Maxwell’schen Gleichungen in den frühen 1860er-Jahren als eine Welle beschrieben. Die Lösung dieser Differenzialgleichungen beschreibt Licht als transversale Welle elektrischer und magnetischer Felder. In Abwesenheit von Ladung und elektrischem Strom kann eine solche Welle, die sich im Vakuum in der positiven z-Richtung ausbreitet, durch die folgenden Gleichungen beschrieben werden: