Burkhard Lohrengel

Verfahrenstechnik für Dummies


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dankbar.

      Im Jahre 1478 veröffentlichte ein österreichischer Arzt namens Michael Puff von Schrick das erste Buch über die Destillation. Und jetzt raten Sie einmal, was geschah. Genau, das Buch wurde ein absoluter Bestseller, in 20 Jahren gab es 14 Neuauflagen. Offiziell war es selbstverständlich ein medizinisches Nachschlagewerk! Viele Leser wussten aber nun zum ersten Mal, was Sie mit Ihren mühsam gesammelten Feldfrüchten anfangen konnten.

      Unter Tage: Bergbau

      In den Flugstaubkammern konnte der Grobstaub aus dem Abgas abgeschieden werden. Dazu wurde der Rauch bei G aus dem Kamin in die Flugstaubkammer D geleitet. Aufgrund der geringeren Strömungsgeschwindigkeit in der Kammer fielen die groben Partikeln nach unten aus und sanken auf den gefliesten Boden. Das von groben Partikeln gereinigte Abgas strömte bei E in den Kamin F und ins Freie. Dass Menschen in diesem Prozess keine große Bedeutung hatten, zeigt die Reinigung der Staubkammern. Der abgesetzte Staub wurde von der die Leiter heraufsteigenden Person mit dem Reisigbesen D zusammengekehrt, sodass der Staub dem Schmelzvorgang A wieder zugeführt werden konnte. Die Reinigungskraft hatte eine feste Arbeitsstelle. Da die Schmelzöfen für den Reinigungsvorgang selbstverständlich nicht abgeschaltet wurden, könnte man hier aber auch von einer zeitlich befristeten Stelle sprechen! Die dargestellten Rauchfänge stellen den Beginn der Umwelttechnik dar.

      Die Industrialisierung

       1863 Meister, Lucius & Co, Hoechst, später Hoechst AG,

       1863 Friedrich Bayer & Co, Barmen, später Bayer AG,

       1865 Badische Anilin- und Sodafabriken, Ludwigshafen, später BASF und

       1867 Aktiengesellschaft für Anilinfarben, Berlin, später AGFA.

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      Es handelte sich bei der Anlage somit um ein frühes verfahrenstechnisches Konzept, das aus Adsorption mit chemischer Umsetzung am Kalk, einem Biofilter (Holzkanal mit Birkenreisig), einer Absorption mit Wasser als Absorbens (Mühlräder) sowie einem Tropfenabscheider (Kammer mit Bretterbohlen) bestand, siehe Abbildung 1.9. Heutige Verfahrensingenieure werden sich ob dieser Anlagenschaltung vor Freude auf die Schenkel schlagen und aus dem Lachen nicht mehr herauskommen. Damals fehlten aber die wissenschaftlichen Grundlagen (die Sie spätestens nach dem Lesen dieses Buchs kennen werden), es wurde nur gebaut, was bekannt war. Und dass basischer Kalkstein Säure bindet, wusste man bereits damals. Auch Mühlräder waren bekannt, konnten daher wohl auch bei der Abgasreinigung nicht schaden.

      Chemische Produkte wurden in der industriellen Produktion immer wichtiger. So entwickelte der Chemiker Baekeland 1909 ein Verfahren zur Herstellung des ersten hochvernetzten duroplastischen Kunststoffs, des so genannten Bakelits. Im gleichen Jahr wird das Haber-Bosch-Verfahren zur Herstellung von Ammoniak großtechnisch entwickelt, die Grundlage für eine gewaltige weltweite Ertragssteigerung in der Landwirtschaft durch die wirtschaftliche Bereitstellung von Düngemitteln. Die Zusammenarbeit des Chemikers Haber, der die chemische Reaktion entwickelte, und des Ingenieurs Bosch, der für die praktische Umsetzung und die Beherrschung der hohen Drücke verantwortlich war, setzte hier Maßstäbe. Es wurde zunehmend deutlich, dass ein Ingenieur für die technische Umsetzung chemischer Verfahren erforderlich war. Ja genau: ein Verfahrensingenieur!

      Die Entwicklung der Verfahrenstechnik

      In Deutschland gab es im 19. Jahrhundert lediglich das Fachgebiet der chemischen Technologie, die Verfahrensbeschreibungen vom Rohstoff