und 1915 von Arthur D. Little am Massachusetts Institute of Technology (MIT) formuliert. Hier gab es ab 1880 auch den ersten Chemical Engineer. Erste Vorlesungen zur Verfahrenstechnik wurden in Deutschland 1928 von Kirschbaum an der damaligen TH Karlsruhe angeboten. Kirschbaum leitete ab 1941 das erste verfahrenstechnische Institut, das »Institut für Apparatebau und Verfahrenstechnik«. 1935 wurde vom VDI die »Arbeitsgemeinschaft für Verfahrenstechnik«, später »Fachausschuss Verfahrenstechnik«, ins Leben gerufen, die Verfahrenstechnik etablierte sich langsam als wissenschaftliches Arbeitsgebiet. Es dauerte, bedingt durch den 2. Weltkrieg, allerdings bis zum Jahr 1952, als in Aachen das erste Institut für Verfahrenstechnik gegründet wurde. Seit 1959 wird Verfahrenstechnik an allen bedeutenden technischen Hochschulen angeboten.
Kapitel 2
Aggregatzustände
IN DIESEM KAPITEL
Lernen Sie Phasen und Gemische kennen
Lernen Sie alles über Aggregatzustände
Wird Ihnen das ideale Gasgesetz vorgestellt
Lernen Sie das Teilchenmodell kennen
Werden Sie erfahren, was ein Mol ist
Sehen Sie, warum Phasenübergänge in der Verfahrenstechnik wichtig sind
Zuerst müssen Sie einige verfahrenstechnische Grundlagen definieren, sozusagen das Fundament gießen, auf dem die Verfahrenstechnik steht. Die hierbei beschriebenen Begriffe benötigen Sie immer wieder.
Phasen und Gemische
Phase, verfahrenstechnisch gesehen
Die elektrotechnische Phase interessiert uns hier überhaupt nicht! Uns ist es egal, in welche Richtung der Strom fließt, ob von Plus nach Minus oder umgekehrt. Und in welcher Phase der Mond gerade steht, kümmert uns erst recht nicht. Aber auch in der Verfahrenstechnik gibt es Phasen, und die interessieren uns sehr. So findet bei Stoffumwandlungsprozessen häufig ein Phasenwechsel statt.
Sie wissen, dass Alkohol bei der Destillation aus der Flüssigkeit in den dampfförmigen Zustand übergeht und so von der flüssigen Phase Wasser getrennt werden kann.
Jetzt ahnen Sie schon, wie eine Phase definiert ist:
Eine Phase ist ein homogener Teil eines Systems.
Homogen bedeutet, dass die physikalischen Größen sich in einer Phase nicht sprunghaft ändern. Schauen Sie sich die Dichte an: innerhalb einer Phase ändert sich die Dichte nicht. Stoßen aber zwei Phasen aneinander, wie beispielsweise Gas und Flüssigkeit, so ändert sich die Dichte an der Phasengrenze sprunghaft. Die Dichte einer Flüssigkeit ist etwa 1000-mal so groß wie die des Gases.
Phasen kommen als
feste,
flüssige oder
gasförmige
Aggregatzustände vor. Eine Phase kann als
reine Phase oder als
Mischphase
vorliegen.
Während eine reine Phase nur aus einer Komponente besteht (zum Beispiel Wasser), besteht eine Mischphase aus mehreren Komponenten (zum Beispiel besteht die Mischphase Luft im Wesentlichen aus den Komponenten Sauerstoff und Stickstoff).
Homogene und heterogene Gemische
In der Verfahrenstechnik werden häufig Stoffgemische getrennt. Sie müssen dabei unterscheiden zwischen
homogenen und
heterogenen
Gemischen.
Ein homogenes Gemisch besteht aus einer Phase, normalerweise einer Mischphase. Ein heterogenes Gemisch ist dagegen ein Mehrphasensystem.
Mehrphasensysteme sind aus mehr als einer Phase zusammengesetzt, wie zum Beispiel
Nebel (gasförmig/flüssig),
Rauch (gasförmig/fest, kennt jeder Raucher),
Schaum (flüssig/gasförmig, besonders beliebt bei Biertrinkern, wenn sie nicht gerade aus England kommen),
Suspensionen (flüssig/fest, wenn Sie beim Bier bleiben, ist das die feste Hefe im Hefeweizen).
Abbildung 2.1 verdeutlicht den Zusammenhang. Links sehen Sie die homogene Mischphase Luft, die aus den gasförmigen Komponenten Stickstoff und Sauerstoff besteht. Als Beispiel für ein heterogenes Stoffgemisch sehen Sie rechts Luft, in der sich Feststoffpartikel befinden. Heterogene Gemische bestehen daher immer aus mehreren Phasen, während homogene Gemische aus nur einer Phase bestehen.
Abbildung 2.1 Homogene und heterogene Gemische
Grundlegende Überlegungen zu Aggregatzuständen
»Zustände sind das hier!« Wer kennt diesen Ausruf nicht. Wir Verfahrenstechniker wissen, was damit gemeint ist: der Aggregatzustand.
Ein Aggregatzustand ist die Erscheinungs- und Zustandsform, in der die Materie existiert.
Das hört sich sehr vernünftig an. Aber wie wissen Sie denn, welchen Aggregatzustand ein bestimmter Stoff einnimmt? Der Aggregatzustand ist abhängig von dem Stoff, den Sie betrachten. Außerdem ist er temperatur- und druckabhängig. Ändern Sie den Druck oder die Temperatur, kann sich der Aggregatzustand eines Stoffs ändern.
Sie wissen, dass Sie bei Wasser den flüssigen Aggregatzustand durch Temperaturänderung ändern können zu fest (Eis) oder gasförmig (Dampf).
Phasendiagramm
Wie können Sie aber für einen bestimmten Stoff darstellen, wie er sich bei Änderung von Druck und Temperatur verhält? Sie merken vermutlich schon, wie wichtig das ist. Sie wollen doch wissen, wann der Alkohol verdampft, damit Sie ihn rein gewinnen können!
Zur Darstellung können Sie sich sogenannter Phasendiagramme bedienen. In Phasendiagrammen wird die Abhängigkeit des Aggregatzustands (oder des enger gefassten Begriffs der Phase) von verschiedenen Einflussgrößen gezeigt. Das Phasendiagramm ist ein Hilfsmittel für die Veranschaulichung von Zuständen und den zugehörigen Phasen.
Die Aggregatzustände reiner Stoffe lassen sich im p,T-Diagramm veranschaulichen. Abbildung 2.2 zeigt ein solches Phasendiagramm. Aufgetragen ist der Druck p über der Temperatur T.