Sir Thomas Moore

Morgen wird ein guter Tag


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als Speedway bekannt) in Manchester im Belle Vue zu besuchen, der uns beiden ungeheuer gefiel. Das Belle Vue lässt sich als viktorianisches Wunderland beschreiben, einst bekannt als der „größte Rummelplatz der Welt“, mit bis zu zwei Millionen Besuchern jährlich. Zu ihm gehören ein Zoo, ein Zirkus, ein ganz normaler Rummelplatz und eine Konzertveranstaltungshalle namens The Kings Hall. Das daran angrenzende Stadion wurde abwechselnd für Greyhound- und Motorradrennen genutzt und entwickelte sich zur Heimat für das gefeierte Rennteam „Belle Vue Aces“. Einer der Fahrer war Oliver Langton, ein junger Bursche, den ich näher kennenlernte, und der JAP-Maschinen fuhr (ein Kürzel für J. A. Prestwich aus London). Er führte ein Motorradgeschäft in Skipton und war ein furchtloser Fahrer. Vater und ich setzten uns immer auf die Hochtribüne und hielten den Atem an, während die Fahrer mit 80 km/h auf der unter uns liegenden Dreckbahn ein Würfelspiel mit dem Tod veranstalteten. Die Luft lag voller erstickender Auspuffgase, und der Lärm war manchmal so unglaublich laut, dass ich mir die Ohren zuhielt, während Vater lachte, da die aufheulenden Motoren ihn nichts anhaben konnten.

      Onkel Billy erhielt wöchentlich die beiden Magazine The Motor Cycle und Motor Cycling, die er mir gab, nachdem er sie gelesen hatte. Ich war immer ganz ungeduldig, wartete und wartete, las sie von vorne bis hinten durch und fing dann wieder am Anfang an. Meine alten Comics wie The Wizard, Boy’s Own und The Rover gerieten schnell in Vergessenheit. Die Magazine stellten für mich das einzige benötigte Lesefutter dar. Ich verlor das Interesse an den anderen Hobbys wie dem Backen der Haferkekse und dem Teppichknüpfen, eine abendliche Familienbeschäftigung, während wir alle Radio hörten – bis auf Vater, der stattdessen entweder die Zeitung oder ein Buch las.

      Wir besaßen damals ein Philco aus der „Kathedralen“-Reihe, was in einem hölzernen Schränkchen mit einem kuppelähnlichen Aufbau geliefert wurde. Es verfügte über einen großen und durch einen Bezug verdeckten Lautsprecher und alle nur erdenklichen Schalter und Drehpotis zur Einstellung der verschiedenen Funktionen. Es war das Beste der Marke und hatte fünf Röhren. Mutter hörte gerne Tanzmusik der berühmten Bigbands von Henry Hall oder Jack Payne, die man aus den Londoner Hotels übertrug. Ich gehörte zu den „Ovaltineys“, Mitgliedern des Kinder-Radio-Clubs, den die Milchfabrik Ovaltine unterstützte. Die Sendung war jeden Sonntagabend auf der Langwelle von Radio Luxembourg zu hören. Die ganze Familie lachte über die Comedians und sang die Lieder mit, während wir schwungvoll an unseren Teppichen knüpften, die wir als Arbeitssets von der Readicut Rug Company aus Wakefield erhielten. Diese beinhalteten vorgeschnittene Wollfäden – im Gegensatz zu den langen und mühevoll zu verarbeiteten Strängen von früher –, maßgeschneiderte Rohteppiche und kleine Werkzeuge, mit denen man die einzelnen Fäden verwob. Es war eine geradezu süchtig machende Modeerscheinung, durch die aber später einige nette Läufer im Haus lagen. Freda und Mum plauderten unbeschwert vor sich hin, während ich davon träumte, eines Tages auf einem eigenen Motorrad zu fahren. Allerdings hätte ich niemals geahnt, dass sich mein Traum erfüllen würde.

      Es geschah wie aus heiterem Himmel. Eines Tages durchstöberte ich mit Billy (dem Hund) und meinem Freund Walter eine alte Scheune am Ende des Dorfes. In einer dunklen Ecke des abbruchreifen Gebäudes entdeckte ich etwas wirklich Wunderbares. Es war eine Royal Enfield, Baujahr 1921 – eine Zweitakter mit 2-Gang-Getriebe –, halb verdeckt von einer staubigen Schutzdecke. Was für eine Entdeckung! Das elfjährige Motorrad mit zwei platten Reifen sah so aus, als habe man es jahrelang nicht mehr von der Stelle bewegt. Mein Herz klopfte vor Aufregung, denn exakt nach so einem Bike hatte ich Ausschau gehalten. Ich war erst zwölf, aber sprach die Besitzer selbstbewusst an, die sich als sehr freundlich erwiesen und mir die Maschine für einen meiner gesparten Half Crowns verkauften. Ich schob das Motorrad die halbe Meile nach Hause und rollte es in die picobello aufgeräumte Garage von Dad, in der alles ordentlich in den Regalen stand und sich auch eine Inspektionsgrube befand. Der Unterschied zu Billys schmuddeligem Keller hätte kaum größer sein können. Ich erinnere mich nicht, ob ich meinen Eltern von dem Fund berichtete, aber wenn es so gewesen war, reagierten sie keineswegs verblüfft. Vermutlich hätten sie mit einem Lachen gesagt: „Wir sind überrascht, dass du so lange dafür gebraucht hast, Tom.“

      Allerdings boten sie mir keine Hilfe an und mischten sich nicht ein. Es war mein Projekt, und nun lag es an mir, das Ding wieder zum Laufen oder das Motorrad Billy zum Ausschlachten zu bringen. Ich muss wohl ein praktisch veranlagter junger Bursche gewesen zu sein, denn ich zerlegte die dreckige und nicht funktionierende Maschine, baute sie wieder zusammen und machte sie funktionstüchtig. Niemand half mir dabei! Ich hatte ja Billy zugesehen und genügend Magazine gelesen, um zu wissen, was man machen muss. Dazu gehörten auch das Ablassen und Austauschen des alten Treibstoffs und des verkrusteten Öls, durch die die komplette Mechanik zum Erliegen gekommen war, gegen neues Benzin und Motoröl. Die schwierigste Aufgabe begann, als ich die Einzelteile wieder in umgekehrter Reihenfolge einbauen musste, doch aufgrund meiner technisch-mechanischen Denkweise bewältigte ich auch das Problem.

      In der ersten Zeit fuhr ich nur über Felder, wo mir niemand begegnete. Das tat ich nach Herzenslust. Diese freudige Erfahrung kam mir im folgenden Jahr zugute, als mich mein Freund John Driver anrief und mich veräppeln wollte. Sein Onkel besaß eine Farm in den Dales, auf der er Pferde hielt. Obwohl ich Prince und Duke innig liebte, hatte ich mich noch nie auf den Rücken dieser Tiere gesetzt. „Versuchʼs doch mal“, schlug John vor, bevor er mir auf ein Pferd half. Erst später erfuhr ich, dass es sich um einen im Steeplechase [Hindernis-Geländerennen] trainierten Zossen handelte. Schon als ich aufsaß, schlug der Gaul die Hinterläufe zusammen und galoppierte im halsbrecherischen Tempo durch die Moore. Ich hätte dabei leicht ums Leben kommen können, doch ich hielt mich fest im Sattel, weil ich das Motorradfahren gewohnt war. Nachdem ich die ersten Minuten überstanden hatte, genoss ich das Erlebnis –

       und ganz besonders die Geschwindigkeit –, doch es war alles in allem eine Erfahrung, die ich nicht unbedingt wiederholen wollte.

      Dank der Motorrad-Magazine wusste ich ganz genau, wohin es mich mit hoher Geschwindigkeit zog – zu den TT-Rennen auf der Isle of Man, an denen Keighleys furchtloser Alec Jackson in den frühen Zwanzigern erfolgreich teilgenommen hatte, als er sich noch nicht aus einem Heißluftballon in die Tiefe stürzte! Die TT fanden erstmalig 1904 als 83-Kilometer-Wettrennen statt, für Fahrer der damaligen Tourenwagen, die schneller fahren wollten als die

       32 km/h, die man auf dem Festland gestattete. Im darauffolgenden Jahr fand das erste Motorradrennen statt, was aber noch keinen offiziellen Status hatte. Der Snaefell Mountain Parcours der TT hatte vier Kategorien für 250 ccm, 350 ccm, 500 ccm und Maschinen mit Beiwagen. Das Rennen wurde über eine ganze Woche veranstaltet und führte über 60 Kilometer öffentlicher Straßen, die zu dem Zweck abgesperrt worden waren. Sie variierten in Höhe (vom 0 bis 400 Meter über dem Meeresspiegel) und Terrain. Als ich die Artikel von Billys Magazinen durchblätterte, wurde Stanley Woods schnell zu einem meiner Helden. Er war ein irisches Idol, das mit Norton-Maschinen fuhr und das Rennen zum ersten Mal mit nur 18 Jahren auf einer Cotton bestritt. Woods konnte 29 internationale Grand-Prix-Gewinne verbuchen und fuhr die TT zehnmal, wonach er zu Moto Guzzi und später zu Velocette wechselte. Die TT wurden wegen der außergewöhnlich hohen Geschwindigkeit von 130 km/h in den engen Kurven des Parcours als gefährlichstes Rennen der Welt eingestuft. Seit dem offiziellen Beginn im Jahr 1907 waren 13 Todesfälle zu beklagen gewesen. Allein 1934 kamen drei weitere Fahrer ums Leben, doch möglicherweise lag der Nervenkitzel gerade in dieser Gefahr. Ich fand es ungemein aufregend und konnte nur noch darüber reden.

      Nachdem meine Eltern erkannt hatten, wie viel mir der Motorsport bedeutete, fuhren sie mit Freda und mir häufig zu den sogenannten Belastungsrennen, um Billy zu bestaunen, der daran teilnahm. Sie fanden einmal im Monat und immer an den Wochenenden statt, woraus sich ein regelmäßiger und für mich aufregender Familienausflug entwickelte. Die Rennstrecken waren manchmal 160 Kilometer lang und wurden aufgrund der natürlichen Unwegsamkeiten ausgewählt wie zum Beispiel kaum bezwingbare steile Strecken, große Wasserpfützen, höchst gefährliche Haarnadelkurven, loser Schiefer und ungewöhnlich buckliger Untergrund mit großen Felsen und tiefen Schlaglöchern. Die Fahrer verloren Punkte, wenn sie aus dem Gleichgewicht kamen, Zickzack fuhren, sich mit den Füßen abstützten, gingen oder die Maschinen an den steilsten Anstiegen hochschoben.

      Der Sport war damals so beliebt, dass alle Zeitungen darüber berichteten. Die Yorkshire Post erwarb 1926 einen