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Wohnungsfrage 3.0


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ist in den Großstädten überdurchschnittlich hoch. Es läge also die Vermutung nahe, dass der Rückgang der durchschnittlichen Wohnfläche in den Großstädten allein auf einen überproportionalen Anstieg der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zurückzuführen sei. Dem ist jedoch nicht so, denn auch unter der Großstadtbevölkerung ohne Migrationshintergrund ist die Wohnfläche zuletzt rückläufig.

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      Es scheint also so, als würden Veränderungen in der Bevölkerungszusammensetzung und lokale Marktanspannungen den langanhaltenden Trend eines stetig steigenden Wohnflächenkonsums pro Kopf in Teilen der Bevölkerung ausbremsen. Dies zeigt sich auch hinsichtlich der durchschnittlich zur Verfügung stehenden Anzahl an Wohnräumen pro Kopf. In der Gesamtschau ist auch dieser Indikator seit der Wiedervereinigung stetig angestiegen. Im Jahr 1990 standen jedem Einwohner im Durchschnitt 1,5 Räume zur Verfügung, im Jahr 2018 sind es mit 1,9 ein Viertel mehr. Die Entwicklung der durchschnittlichen Wohnfläche und der durchschnittlichen Anzahl an Wohnräumen pro Kopf ist nahezu perfekt miteinander korreliert, soll heißen: Im Zeitverlauf haben sich diese beiden Indikatoren im Gleichlauf entwickelt. Die durchschnittliche Raumzahl stagniert seit 2010 unter den Mietern und liegt bei 1,6. Unter den Eigentümern hingegen ist sie weiter gestiegen und lag im Jahr 2018 bei 2,1 Wohnräumen pro Kopf.

      Subjektive Einschätzung zur Wohnfläche

      Wohnen dient zum einen der Befriedigung eines Grundbedürfnisses, dem Obdach, zum anderen ist Wohnen auch ein Konsumgut. Nicht jeder Mensch konsumiert gleich viel, egal welches Konsumgut man betrachtet. Neben dem finanziellen Spielraum sind auch die subjektiven Ansprüche und Gewohnheiten entscheidend für den Wohnflächenkonsum.

      Die subjektive Bewertung der Größe der eigenen Wohnung hat sich seit der Wiedervereinigung verändert (image Abb. 6). Dabei ist insbesondere unter den Eigentümern der Anteil derjenigen gestiegen, die ihre Wohnung als zu groß einschätzen: von 12 % im Jahr 1990 über 16 % im Jahr 2000 auf 24 % im Jahr 2018. Auch bei den Mieterhaushalten hat sich dieser Anteil von 5 auf 9 % deutlich erhöht. Doch der Anteil derjenigen, die ihre Wohnung als zu groß einschätzen ist unter den Mietern deutlich geringer als unter den Eigentümern. Das umgekehrte Bild zeigt sich beim Anteil derjenigen, die ihre Wohnung als zu klein ansehen. Unter den Mieterhaushalten waren dies im Jahr 2018 rund 18 %, bei den Eigentümern lediglich 6 %. Die Anteile derjenigen, die ihre Wohnung als zu klein ansehen, sind dabei über die Zeit recht konstant. Insgesamt spiegeln sich die objektiven Ergebnisse auch in der subjektiven Selbsteinschätzung der Haushalte wider.

      Außerdem unterscheiden sich die Einschätzungen der Mieter und Eigentümer dahingehend, was sie als zu groß oder zu klein ansehen. Im Jahr 2018 lag die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf bei Mietern, die ihre Wohnung als zu klein bezeichnen bei 27 m2, bei Eigentümern waren es 34. Gerade richtig sind bei Mietern im Durchschnitt 42 m2 pro Kopf und bei Eigentümern 51. Zu groß schließlich bedeutet durchschnittlich 66 m2 bei Mietern und 82 m2 pro Kopf bei Eigentümern.

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      Wohnkosten im Fokus

      Den Wohnkosten kommt im öffentlichen Diskurs breite Aufmerksamkeit zu. Steigende Preise können dabei ein Indiz für einen angespannten Wohnungsmarkt sein. Das Angebot an Wohnraum reagiert aufgrund der langen Bauzeiten nur mittel- bis langfristig auf Anstiege in der Nachfrage. Der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage entsteht zunächst durch höhere Preise, was Anreize für mehr Bautätigkeit schafft und den Wohnungsbestand erhöht. Mittel- bis langfristig werden so die Preisanstiege gebremst. An dieser Stelle soll auf zwei Facetten der Preisanstiege eingegangen werden: die Entwicklung der Vermögenswerte und die der Wohnkosten.

      Vermögensungleichheit zwischen Mietern und Eigentümern

      Der Marktwert von Wohnimmobilien ist in den 2010er Jahren deutlich gestiegen. Sinkende Zinsen für Hypothekendarlehen, die es erlauben, deutlich höhere Kaufpreise zu finanzieren, und eine hohe Nachfrage, die insbesondere in den Ballungsräumen auf ein geringes Angebot trifft, ließen die Kaufpreise ansteigen. Dies trifft Mieter und Eigentümer in entgegengesetzter Weise. Für Mieter – oder besser: potenzielle zukünftige Wohneigentümer – bedeuten die gestiegenen Immobilienpreise, dass der Schritt ins Wohneigentum schwieriger wurde. Denn während die gefallenen Zinsen vielerorts zwar dafür sorgten, dass der jährlich für einen Kredit fällige Betrag aus Zinsen und Tilgungsrate (die Annuität) deutlich schwächer anstieg, als die Kaufpreise es zunächst vermuten ließen, gilt dies nicht für die Eigenkapitalanforderungen, die prozentual an die Kaufpreise gekoppelt sind.

      Für Eigentümer, die ihre Immobilie bereits vor dem Immobilienboom der 2010er Jahre erworben haben, folgen daraus deutliche Vermögenszuwächse (image Abb. 7). Das durchschnittliche Nettoimmobilienvermögen, der Marktwert der selbstgenutzten Immobilie abzüglich noch ausstehender Hypotheken, ist zwischen 2012 und 2017 um 25 % auf etwas mehr als 140.000 € gestiegen. In den städtischen Regionen fielen die Wertzuwächse der Eigentümer einer selbstgenutzten Immobilie mit einem Plus von rund 28 % höher aus als in ländlichen Regionen, wo diese um 17 % anstiegen. Somit haben sich die ohnehin schon bestehenden Unterschiede im Nettoimmobilienvermögen zwischen städtischen und ländlichen Regionen noch verstärkt. Im Jahr 2017 lag dieses in städtischen Regionen bei knapp 160.000 € und damit 43 % über dem Durchschnitt im ländlichen Raum. Im Jahr 2012 lag die Differenz noch bei rund 30 %.

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      Unterschiede in den Nettoimmobilienvermögen zeigen sich insbesondere auch im Altersverlauf. Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil der Immobilieneigentümer zu, die schuldenfrei wohnen. So lag der durchschnittliche Nettowert der selbstgenutzten Immobilie unter den über 75-Jährigen in städtischen Regionen im Jahr 2017 bei 210.000 €, bei den 36- bis 45-Jährigen sind es rund 100.000 € weniger. Diese Unterschiede im Immobilienvermögen machen sich auch im gesamten Nettovermögen bemerkbar. Aber insbesondere hat dies Implikationen für die Vermögensunterschiede zwischen Mietern und Eigentümern.

      Mieter sind in allen Altersgruppen weniger vermögend als Eigentümer. Diese Differenz ist in den jüngeren Altersgruppen weniger stark betont, steigt aber mit zunehmendem Alter an. Unter den Mietern lag das durchschnittliche Nettovermögen im Jahr 2017 bei lediglich 26.000 €. Demgegenüber stehen die Eigentümer mit einem durchschnittlichen Nettovermögen von 180.000 €. Die über 65-jährigen Eigentümer kommen auf ein Nettovermögen von rund 230.000 €, das 8-Fache der Mieter im selben Alter. Im hohen Alter wohnen die Eigentümer also nicht nur mietfrei, sondern sie haben auch noch ein beträchtlich höheres Vermögen angespart als Mieter.

      Zyklizität bei den Wohnkosten

      Der deutsche Wohnungsmarkt hat seit der Wiedervereinigung erst zwei Phasen deutlich ansteigender Preise erlebt: die erste Phase in den 1990er Jahren, die zweite in den 2010er Jahren. In den 2000ern stagnierten die Preise nominal, preisbereinigt gingen sie zurück: Die allgemeine Preissteigerung überstieg also die Preisentwicklung bei den Wohnimmobilien. Preisanstiege wirken sich keineswegs gleichmäßig auf die Wohnkosten