Marco Gehrig

Jahresabschluss nach dem Schweizer Rechnungslegungsrecht


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(Swiss GAAP FER) sowie dem schweizerischen Aktienrecht erstellt. Sie vermittelt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns. Die Konsolidierung erfolgt aufgrund von geprüften und nach einheitlichen Richtlinien erstellten Einzelabschlüssen der Konzerngesellschaften.

      Swiss GAAP FER (FER RK-6) umschreibt das Konzept des True and Fair View als Grundlage der Jahresrechnung: Die Grundlage für die Jahresrechnung bildet ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild (True and Fair View). True and Fair View ist ein Grundsatz, der verlangt, dass alle Informationen einer Organisation ausgerichtet sind.

      • die wirtschaftlichen Tatsachen wiedergeben und somit frei von Täuschungen

      • und Manipulationen,

      • zuverlässig sowie

      • auf die Bedürfnisse der Empfänger

      ausgerichtet sind.

      In Anlehnung an das Framework der IFRS wird als qualitative Anforderung von Swiss GAAP FER ergänzend der Grundsatz der Verlässlichkeit festgehalten.

      3.4 Anerkannte Standards zur Rechnungslegung

      3.4.1 Entwicklung und Bedeutung

      Der Vorteil privater Rechnungslegungsgremien ist die gegenüber der meist langwierigen Gesetzgebung rasche Anpassung an die veränderten Informationsbedürfnisse der Investoren.

      Gesetzlich haben die Normen von privaten Rechnungslegungsgremien jedoch keinen zwingenden Charakter, weshalb diese als Soft Law bezeichnet werden. Die entsprechenden Empfehlungen sind Normen des Privatrechts und können als solche rascher als Gesetzesnormen (Hard Law) auf neue wirtschaftliche Verhältnisse und Informationsansprüche angepasst werden. Sie erhalten ihre Bedeutung durch eine breite Anwendung auf freiwilliger Basis. Es ist jedoch auch möglich, dass der Gesetzgeber auf den Erlass von Vorschriften verzichtet und stattdessen auf die privaten Standards verweist. In diesem Fall spricht man von anerkannten Standards zur Rechnungslegung. Während der Jahresbeschluss nach dem Rechnungslegungsrecht wegen des Massgeblichkeitsprinzips wesentlich nach steuerrelevanten Aspekten (Tax Driven Accounting) erstellt wird, bildet die True and Fair View (Fair Presentation) die Grundlage der von privaten Gremien ausgestalteten Rechnungslegungsstandards.

      Nachdem sich in der Schweiz in den 1970er Jahren abzeichnete, dass es bei der Revision des Aktienrechts von 1936 schwierig werde, auf Gesetzesebene die Aussagekraft und Vergleichbarkeit bei den Einzelabschlüssen und in der Konzernrechnung durchzusetzen, wurde 1983 auf Initiative von Professor A. Zünd, Universität St. Gallen, in Zusammenarbeit mit der Treuhand-Kammer, ein privates Gremium zur Ausarbeitung von Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER) gegründet.

      Die schweizerische Wirtschaft reagiert auf das neue Rechnungslegungsgremium zurückhaltend, teilweise ausdrücklich ablehnend. Ein Meinungsumschwung zeichnete sich zu Beginn der 1990er Jahre ab, als die Schweizer Börse – der Entwicklung auf den internationalen Finanzmärkten folgend – für die Kotierung grundsätzlich einen Abschluss nach dem True-and-Fair-View-Konzept forderte. Damit wurden FER, ab 2005 Swiss GAAP FER, und internationale Rechnungslegungsstandards wie IAS (heute IFRS) und US-GAAP für die Konzernrechnung zwingend. Diese traten an die Stelle der gesetzlichen Normen (aOR 662 ff.). Mit den privaten Rechnungslegungsstandards wurden die von den gesetzlichen Normen gewährten Ermessens- und Handlungsspielräume und damit die Möglichkeit zur Verschleierung der Ertrags- und Vermögenslage (Stille Reserven) in der Rechnungslegung eingeschränkt. Mit der dadurch erreichten Vergleichbarkeit der finanziellen Berichterstattung sollen die Investoren bei ihren Anlageentscheidungen unterstützt werden.

      Es ist eine grundlegende Neuerung des Rechnungslegungsrechts 2011, dass die Anwendung von privaten Regelwerken als anerkannte Standards ausführlich geregelt wurde (OR 962 und 962a). Man folgte dabei der EU, welche für kapitalmarktorientierte Unternehmen in den EU-Staaten seit 2005 die Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) für die Konzernabschlüsse in der nationalen Gesetzgebung (in Deutschland z. B. durch HGB 315a) vorschreibt.

      Bei der Anwendung eines anerkannten Standards in der Rechnungslegung ist zu unterscheiden zwischen einem zusätzlichen Einzelabschluss nach True-and-Fair-View-Konzept und einem Einzelabschluss nach OR und einem Konzernabschluss nach dem True-and-Fair-View-Konzept. Bei einer Unternehmensgruppe, welche eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard erstellt, genügt ein Einzelabschluss der Muttergesellschaft nach OR (OR 962 III).

      Ein Einzelabschluss nach einem anerkannten Standard, welcher zudem den Anforderungen des OR 958 ff. entspricht – dualer Abschluss genannt – wurde vom Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt, weil wegen der widersprüchlichen Funktionen beider Abschlüsse unterschiedliche Zielsetzungen bestehen. True and Fair View und Tax driven Accounting sind schlicht nicht vereinbar. Deshalb werden buchführungspflichtige Unternehmen ohne Börsenkotierung nur in Ausnahmefällen einen zusätzlichen Einzelabschluss nach einem anerkannten Standard erstellen (image Abb. 5).

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      Abb. 5: Anerkannte Standards der Rechnungslegung

      3.4.2 Swiss GAAP FER

      Auf Initiative von Prof. André Zünd (Universität St. Gallen) gründete die Schweizerische Treuhandkammer 1984 eine Stiftung als Rechtsträgerin der «Fachkommission für Empfehlungen zur Rechnungslegung» (FER). Die Aufgabe der aus Vertretern der verschiedenen, an der Rechnungslegung interessierten Kreise (Unternehmungen, Wirtschaftsprüfer, Finanzanalytiker, Wissenschafter) zusammengesetzten Fachkommission war ursprünglich, mittels Fachempfehlungen «die Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Einzelabschlüsse sowie der Konzernrechnungen zu erhöhen und deren Gleichwertigkeit mit internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen zu erreichen».

      Grundlage bildet das ab dem 1. Januar 2006 geltende Rahmenkonzept der Swiss GAAP FER, welches die Grundsätze der Rechnungslegung festlegt sowie die Grundlage für die zukünftigen Rechnungslegungsnormen bildet. Für all jene Fragen und Probleme, die noch nicht geregelt sind, stellt es eine Orientierungshilfe zur Verfügung. Das Rahmenkonzept behandelt:

      • Zielsetzung der Jahresrechnung (FER-RK 5 und 6),

      • Gliederung des Geschäftsberichts (FER-RK 7),

      • Erstmalige Anwendung der Swiss GAAP FER (FER-RK 8),

      • Grundlagen der Jahresrechnung (FER-RK 9-14),

      • Definition von Aktiven und Passiven (Verbindlichkeiten und Eigenkapital, FER-RK 15-20),

      • Definition von Erträgen, Aufwendungen und Erfolg (FER-RK 21-24),

      • Zulässige Bewertungskonzepte von Aktiven und Verbindlichkeiten (FERRK 25-27),

      • Qualitative