der größer ist als unser gegenwärtiger. Wir sehen den überbewussten Geist in seinem Glanz und seiner Freiheit, und wir sehen das Universum in seiner nichtbewussten Knechtschaft unter dem periodischen Kreislauf seiner mechanischen Wiederkünfte, oder wir sehen das Dasein als eine abstrakte Wesenheit und die Natur als eine mechanische Kraft; die bewusste Seele steht als Bindeglied zwischen diesen Gegensätzen, aber sie ist selbst so unvollkommen, dass wir in diesem Glied das Geheimnis nicht zu finden vermögen und auch keine starke Autorität für den Ausgleich daraus machen können. Also sprechen wir die Geburt als einen Irrtum der Seele an und sehen unsere Befreiungschance darin, diese Fesseln unserer Geburt abzuschütteln und eine heftige Rückwendung zum überkosmischen Bewusstsein oder zur Freiheit des abstrakten Seins zu vollziehen. Wenn aber nun die Wiedergeburt in Wahrheit keine lange schleppende Kette, sondern vielmehr zuerst eine Leiter für den Aufstieg der Seele und schließlich eine Aufeinanderfolge mächtiger spiritueller Gelegenheiten wäre? Es wird so sein, wenn das unendliche Dasein nicht das ist, was es für den logischen Intellekt zu sein scheint, eine abstrakte Wesenheit, sondern was es für die Intuition und die tiefere Seelen-Erfahrung ist: eine bewusste spirituelle Wirklichkeit, die hier so wirklich ist wie in jedem weit entfernten absoluten Überbewusstsein. Denn dann wäre die universale Natur kein Mechanismus mehr, der nur das Geheimnis seiner eigenen nichtbewussten Mechanik hütete und nur den Zweck des bloßen wiederkehrenden Funktionierens hätte; sie wäre dann die bewusste Energie des universalen Geistes, verborgen in der Größe seiner Vorgänge, mahimanam asya. Und die Seele, die aufsteigt vom Schlaf der Materie durch das Pflanzen- und Tierleben zur menschlichen Stufe der Lebenskraft und hier mit der Unwissenheit und der Begrenzung darum kämpft, ihr unendliches Königreich in Besitz zu nehmen, wäre der Mittler, dazu berufen, in der Natur den Geist zu entfalten, der in deren Feinheiten und Weiten verborgen ist. Dies ist der Sinn des Lebens und die Welt, die die Idee der evolutionären Wiedergeburt uns erschließt; das Leben wird sogleich eine aufsteigende Entwicklungsreihe für die Entfaltung des Geistes. Es nimmt eine höchste Bedeutung an: Der Weg des Geistes in seiner Macht ist gerechtfertigt, kein närrischer, leerer Traum, kein ewiges Delirium, keine mechanische Riesenplackerei oder ausdruckslose Vergeblichkeit mehr, sondern die Summe der Werke eines großen spirituellen Willens und einer großen spirituellen Weisheit: Die menschliche Seele und der kosmische Geist schauen einander mit edlem, göttlichem Sinn in die Augen.
Die Fragen, die unser Dasein umstellen, werden sofort in einer gewissen befriedigenden Fülle aufgeklärt. Wir sind eine Seele des transzendenten Geistes und Selbstes, die sich im Kosmos in einer ständigen evolutionären Einkörperung entfaltet; deren physische Seite ist nur eine Formgrundlage, die in ihrer Evolution den aufsteigenden Stufen des Geistes entspricht, der wahre Sinn und das wahre Motiv ist jedoch das spirituelle Wachstum. Hinter uns liegen die vergangenen Perioden der spirituellen Evolution, die schon erklommenen, nach oben führenden Stufenfolgen des Geistes, auf denen wir uns durch ständige Wiedergeburt zu dem entwickelt haben, was wir sind, und wo wir uns in dieser gegenwärtigen mittleren Periode des Aufstiegs immer noch entwickeln. Rings um uns ist der ständige Prozess der Entfaltung in ihrem universalen Aspekt im Gange: Die vergangenen Perioden sind hierin enthalten, erfüllt, von uns überschritten, werden aber in allgemeiner und verschiedenartiger Form immer noch wiederholt als Rückhalt und Hintergrund; die gegenwärtigen Perioden sind keine überflüssige Wiederkehr, sondern in aktiver Fruchtbarkeit trächtig mit allem, was vom Geist noch entfaltet werden soll, sie sind keine periodische Wiederkehr in der n-ten Dezimalen, die ihre Gestalten auf ewig hoffnungslos wiederholt, sondern eine sich ausweitende Folge von Mächten des Unendlichen. Vor uns liegen die größeren Potenziale, die noch nicht erklommenen Stufen, die geplanten mächtigeren Manifestationen. Diese Möglichkeiten der nach oben führenden Selbstentfaltung des Geistes zu leben, ist der Grund unseres Daseins. Was wir mit uns und unseren Sinngehalten tun müssen, ist dies: zu wachsen und sie höheren Sinngehalten göttlichen Seins, göttlichen Bewusstseins, göttlicher Kraft, göttlicher Wonne und vielfältiger Einheit zu öffnen; und was wir mit unserer Umwelt tun müssen, ist dies: sie bewusst für die wachsenden spirituellen Vorhaben zu nutzen und sie immer mehr zu einer Gießform für die ideelle Entfaltung der vollkommenen Natur und Selbsterschaffung des Göttlichen im Kosmos zu machen. Dies ist sicherlich der Wille in den Dingen, der sich groß und planvoll ohne Hast noch Rast durch beliebige periodische Zyklen auf eine immer größere Beseelung seiner eigenen endlichen Ausdrucksformen mit seiner eigenen unendlichen Wirklichkeit zubewegt.
Dies alles ist für das Mental, das in den Formen der Gegenwart lebt, nicht viel mehr als eine Hypothese, und für den sorgfältigen, mit Überzeugung forschenden skeptischen Geist muss es so sein; denn wenn die Evolution eine anerkannte Vorstellung ist, ist die Wiedergeburt ihrerseits nur eine Mutmaßung. Nimmt man sie als das, ist sie doch eine bessere Hypothese als die naiven, kindlichen religiösen Lösungen, die aus der Welt eine willkürliche Laune und aus dem Menschen die atmende Lehmpuppe eines allmächtigen, mit menschlichem Mental ausgestatteten Schöpfers macht, und mindestens eine so gute Hypothese wie die Vorstellung einer materiellen, nichtbewussten Kraft, die irgendwie in ein unsicheres, kurzlebiges, aber stets weiterlaufendes Bewusstseinsphänomen hineinschlittert, oder eines schöpferischen Lebens, das nach der Bergsonschen Formel in Unterdrückung, jedoch beständig inmitten des allgemeinen Sterbens arbeitet; eine so gute Hypothese auch wie die Vorstellung eines mechanischen Wirkens von Prakriti, Maya und Shakti, in die ein wirkliches oder unwirkliches Einzelwesen hineintappt oder in denen es marschiert, dandramyamano andhena niyamano yathandhah,2 bis es sie mittels einer spirituellen Befreiung wieder verlassen kann. Ausführlich philosophisch hinterfragt, wird es nicht den Anschein haben, dass die Hypothese in Widerspruch zu den bekannten Existenzprinzipien stünde oder mit den Tatsachen und Notwendigkeiten des Seins oder den Erfordernissen von Vernunft und Intuition nicht übereinstimmte, auch wenn sie einen noch nicht verwirklichten Faktor, nämlich Zukünftiges, anerkennt; denn eben dies ist in der Vorstellung der Evolution mit enthalten. Sie kann jede religiöse Erfahrung oder Aspiration verändern, jedoch nicht grundsätzlich zu ihr in Widerspruch stehen – denn sie ist nicht unvereinbar mit einer Einung mit dem Überbewusstsein oder der Seligkeit in jenseitigen Himmeln oder mit jeder persönlichen oder unpersönlichen Beziehung zum Göttlichen, da diese sehr wohl Höhen der spirituellen Entfaltung sein können. Ihre Wahrheit wird von spiritueller Erfahrung und Verwirklichung abhängen; doch hauptsächlich von dieser bedeutsamen Frage, ob es etwas in den Seelenkräften des Menschen gibt, das einen höheren Ausdruck des Seins als seine gegenwärtige Mentalität verspricht, und ob dieser höhere Ausdruck für seine eingekörperte Existenz wirksam gemacht werden kann. Dies ist die Frage, die die psychologische Forschung noch zu prüfen hat, und dies ist das Problem, das im Laufe der spirituellen Evolution des Menschen gelöst werden muss.
Es gibt transzendentale Fragen nach der metaphysischen Notwendigkeit, Möglichkeit und letzten Wirklichkeit einer evolutionären Manifestation dieser Art, doch brauchen sie hier und jetzt nicht in das Spiel gebracht zu werden; vorerst sind wir nur mit deren Wirklichkeit für die Erfahrung und mit der ablaufbedingten Bedeutung der Wiedergeburt beschäftigt, mit der offenkundigen Tatsache, dass wir zu einer Art Manifestation gehören und uns unter dem Druck einer Art Evolution vorwärtsbewegen. Wir sehen eine Macht am Werk und wollen herausfinden, ob in dieser Macht ein bewusster Wille, eine geordnete Entwicklungsmöglichkeit steckt, und wir müssen zuerst entdecken, ob sie das blinde Ergebnis eines organisierten Zufalls oder eines nichtbewussten, selbstaufgezwungenen Gesetzes ist oder der Plan einer universalen Intelligenz oder Weisheit. Haben wir einmal die Entdeckung gemacht, dass es einen bewussten Geist gibt, dessen Ausdruck diese Bewegung ist, oder lassen wir dies als unsere Arbeitshypothese gelten, sind wir verpflichtet, weiterzugehen und zu fragen, ob diese sich entwickelnde Ordnung mit dem jetzigen Sein des Menschen aufhört oder ob sie mit etwas mehr beladen ist, zu dem sie und der Mensch aufwachsen müssen, ein unfertiger Ausdruck, eine größere, noch nicht gefundene Ausdrucksform, und in diesem Fall ist es klar, dass der Mensch zu diesem Größeren aufwachsen muss; es vorzubereiten und zu verwirklichen, muss die nächste Stufe seiner Bestimmung sein. Diesem neuen Schritt in der Evolution muss seine Geschichte als einer Rasse unterbewusst zustreben, und die Kräfte der höchsten Einzelwesen müssen halbbewusst darum ringen, dass dieses Größere