Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

Die Evolution der Seele und Natur


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in der Pflanze – doch ist es nicht auf den Gipfeln der Pflanzenerfahrung nur noch halb unterbewusst? – im Tierkörper bewusst wird. Wenn wir tiefer hinabsteigen, finden wir Hinweise, dass in den rohesten subvitalen Materieformen die Ansätze genau derselben Lebensenergie und ihrer Reaktionen stecken.

      Und dann erhebt sich die Frage, ob es nicht einen ununterbrochenen roten Faden in der Natur gibt, keine Spaltungen und Schnitte, keine unüberbrückbaren Abgründe oder unpassierbare Grenzen, sondern eine vollständige Einheit, einen Materieinstinkt mit unterdrücktem Leben, einen Lebensinstinkt mit unterdrücktem Mental, einen Mentalinstinkt mit der unterdrückten Energie einer göttlicheren Intelligenz, wobei sich aus jeder neuen Entstehungsform oder -art eine Stufe in der Abfolge niedergehaltener Kräfte herausentwickelt, und auch hier wäre die Evolution nicht am Ende, sondern diese umfassende, prall gefüllte Intelligenz wäre das Mittel, um eine größere und jetzt unterdrückte Selbst-Macht des Geistes zu befreien. So begegnet unserem Auge in der Welt eine spirituelle Evolution, die eine innere Kraft über eine Stufenleiter von Entstehungsformen durch die Entfaltung ihrer eigenen verborgenen Mächte zur Größe ihrer vollen und höchsten Wirklichkeit emporhebt. Das Wort des alten Veda gilt immer noch – aus dem All-Ozean der Nichtbewusstheit, apraketam salilam sarvam idam, wird dieses eine spirituelle Existierende durch die Größe seiner eigenen Energie geboren, tapasas tan mahina ajayata ekam. Wo erscheint das, was wir Seele nennen, in dieser Evolution zum ersten Mal? War es nicht da, so muss man fragen, muss es nicht dagewesen sein von Anfang an, wenn auch sozusagen schlummernd oder schlafwandelnd in der Materie? Wenn der Mensch nur ein höheres Tier mit einem größeren Radius an physischem Mental wäre, wäre es denkbar, dass wir sagen, es gab weder Seele noch Geist, sondern nur drei aufeinanderfolgende Mächte der Energie in einer Reihe von Materieformen. Doch im Zenit dieser menschlichen Intelligenz erscheint eine größere Macht des Geistes; wir erheben uns zu einem Bewusstsein, das nicht durch seine physischen Mittel und Formeln begrenzt ist. Dieses Höchste ist nicht, wie es zunächst scheinen könnte, eine substanzlose Sublimierung des Mentals und das Mental eine subtile Sublimierung lebendiger Materie. Es erweist sich, dass diese Größe eben die aus sich selbst existierende Substanz und Kraft unseres Seins ist; alles andere erscheint im Vergleich dazu nur ihre unbedeutendere Form, die sie für eine fortschreitende Enthüllung benutzt; der Geist erweist sich am Ende als das Erste und nicht nur als das Letzte, sowohl als Alpha wie als Omega und als das ganze Geheimnis des Daseins von Anfang an. Wir kommen zu einer unauslotbaren Vorstellung aller dieser Dinge, sarvam idam, worin wir sehen, dass es ein dunkles allgegenwärtiges Leben in der Materie gibt, ein durch dieses Leben in Tätigkeit versetztes geheimes, schlummerndes Mental, im Schutze dieses schlummernden Mentals einen darin enthaltenen allwissenden, alles erzeugenden Geist. Dann aber darf man sich die Seele nicht als etwas Wachsendes oder Entstehendes vorstellen, von dem wir das Ankunftsdatum oder eine Entwicklungsstufe festlegen können, die zu einer ersten Gestaltungsfähigkeit führt, vielmehr ist hier alles ein Gestalt-Annehmen durch eine geheime Seele, die im Sich-selbst-Suchen des Lebens für die wachsende Selbstgewissheit immer offenbarer wird. Alles Gestalt-Annehmen ist ein beständiges und doch fortschreitendes Entstehen oder Werden der Seele, sambhava, sambhuti –, das ist auch das dumpfe, blinde und rohe Dasein und nicht nur das verfeinerte und mental bewusste menschliche oder animalische Dasein. Dieses ganze unendliche Werden ist eine Geburt des Geistes in die Form. Das ist die Wahrheit, für den Verstand zunächst dunkel oder verschwommen, doch sehr licht für ein inneres Erleben, von dem der alte indische Gedanke der Wiedergeburt ausging.

      Auf den ersten Blick scheint jedoch die wiederholte Geburt desselben Individuums in dieser überwältigenden universalen Einheit nicht unbedingt notwendig zu sein. Für den logischen Intellekt könnte es wie ein Widerspruch erscheinen, da alles hier das eine Selbst, der Geist, die in die Natur hineingeborene Existenz ist, die eine Fülle von Formen annimmt und über viele Abstufungen ihrer Phasen der Selbstenthüllung emporsteigt. Dieses summarische Entzweischneiden der Existenz in das Ich und das Nicht-Ich, das unseren egoistischen Begriff von den Dingen und Verhältnissen so bequem machte und eine für das Handeln so machtvolle Denkweise war, könnte ein bloßer praktischer oder mechanischer Einfall des einen Geistes sein, um die Sondererscheinung seiner Geburt und die bewusste Abweichung vom gemeinsamen Vorgehen abzustützen, ein Zaubertrick der universalen Intelligenz; es ist nur eine offenbare Tatsache des Seins; nicht dessen Wahrheit – es gibt keine Abtrennung, nur eine allumfassende Einheit, einen einzigen Geist. Aber ist das nicht möglicherweise wieder ein Ausschlagen in das andere Extrem? Wie das Ego eine übermäßige Spaltung in der Einheit des Seins war, so kann diese Vorstellung eines Ozeans der Einheit, in dem unser Leben nur eine unbeständige augenblickliche Welle wäre, etwas für die Welten-Ordnung Unentbehrliches gewaltsam herausschneiden. Individualität ist für die Art und Weise des Geistes der Existenz etwas so Wichtiges wie Universalität. Das Individuum ist jenes mächtige Geheimnis von dessen Sein, auf welches das Universale Gewicht legt und sich stützt und aus dem es den Knoten der Macht für sein ganzes Wirken bildet: Wie das Individuum an Bewusstsein, Weitsicht, Wissen und an der ganzen göttlichen Macht und Qualität wächst, so nimmt es auch immer mehr das Universale in sich selbst, aber auch sich selbst im Universalen wahr, gewahrt seine eigene Vergangenheit, die in dem vergänglichen Körper weder begann noch endete, sondern sich künftigen Zielen öffnet. Wenn es der Zweck des Universalen in unserer Geburt ist, sich seiner selbst bewusst zu werden und sein Sein zu besitzen und zu genießen, wird dies doch durch das Blühen und Sichvollenden des Individuums geleistet; wenn der Endzweck die Flucht aus seinem eigenen Tun wäre, wäre es doch das Individuum, das entkäme, während das Universale sich damit zufriedengäbe, seine mannigfaltigen Geburten in alle Ewigkeit fortsetzen zu können. Daher würde das Individuum als wahre Macht des Geistes erscheinen und nicht als bloße Illusion oder ein bloßer Einfall, außer insofern, als das Universale ebenfalls, wie manche sagen würden, eine ungeheure Illusion oder ein großartiger, aufgezwungener Einfall sein könnte. Auf dieser Linie kommen wir zu der Vorstellung einer großen spirituellen Existenz, in der das Universale und das Individuelle Zwillingskräfte sind, zwei Pole ihrer Manifestation, unbegrenzte Peripherie und vielfaches Zentrum der in Tätigkeit versetzten Wirklichkeiten ihres Seins.

      Dies ist eine Art, die Dinge zu sehen, in ihrer Kompliziertheit ist sie zumindest harmonisch, sie ist geschmeidig und lässt sich zu einem gewissen allumfassenden Horizont erweitern, und sie kann uns als Grundlage für unsere Gedanken zur Wiedergeburt dienen – eine aufsteigende Einheit, ein im materiellen Dasein eingeschlossener Geist, der durch das Leben hindurch zum organisierten Mental viele Stufenfolgen herrlich erklimmt und über das Mental hinausgeht zur Evolution seiner eigenen vollen Selbstgewissheit, wobei das Individuum diesem Stufengang und der Kraft zu seiner Selbstkrönung folgt. Wenn das menschliche Mental das letzte Wort seiner Möglichkeit auf Erden ist, dann muss die Wiedergeburt im Menschen enden und jäh aufhörend entweder zu einem Dasein auf anderen Ebenen übergehen oder sich zur Auflösung ihres spirituellen Kreislaufs anschicken. Wenn es aber höhere Mächte des Geistes gibt, die durch Geburt erreichbar sind, dann ist der Aufstieg nicht beendet, ein höheres Annehmen von Körpern kann vor der Seele liegen, die jetzt zur Vollendung der hohen Menschheitsstufe gelangte und emporgehoben wird. Es ist sogar möglich, dass diese aufsteigende Wiedergeburt nicht der lange Raketenschuss eines bewussten Wesens aus der Materie heraus nach oben ist oder ihr wirbelndes Kreisen im Mental, dazu bestimmt, in der hohen Luft eines ruhigen Nichts oder einer schweigenden, zeitlosen Unendlichkeit nachzulassen und sich aufzulösen, sondern ein Fortschritt zu großer Tat und hoher Entfaltung des Göttlichen Wesens, das seiner unbeirrbaren Absicht in einer ewigen Schöpfung eine weise, glorreiche Bedeutung gibt. Oder dies kann zumindest eine Macht des unendlichen Wirkungsvermögens des Ewigen sein.

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      Kapitel 7

      Involution und Evolution

      Worte Sri Aurobindos

      Der westliche Evolutionsgedanke ist die Aussage über einen Gestaltungsprozess, keine Erklärung unseres Seins. Auf die physikalischen und biologischen Daten der Natur beschränkt, macht er nicht, beziehungsweise nur summarisch oder oberflächlich den Versuch, seinen eigenen Sinn zu entdecken, sondern er begnügt sich damit, sich als das allgemeine Gesetz einer ganz geheimnisvollen und unerklärlichen Energie darzustellen. Die Evolution