Ralph Raymond Braun

Irland Reiseführer Michael Müller Verlag


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mit Kais und Kränen, mit La­ger­schup­pen, Kopf­stein­pflas­ter, Ei­sen­bahn­gleisen und einem Heer von Schau­erleuten, die in ärmlichen Vier­teln hinter dem Hafen wohn­ten. Heute glänzt das Gebiet mit neuer Urbanität aus Glas und Stahl. Hier gibt sich Dub­lin als Weltstadt, mit Bü­ros für Anwälte und Fi­nanz­dienst­leister, mit Kul­tur­pa­läs­ten und Kon­gress­zen­tren, dazu Apart­ments für die Bes­ser­ver­die­nen­den, die es sich hier zu wohnen leis­ten kön­nen und ihre Blocks mit Zäunen und Kameras sichern.

      Mit dem neuen Glanz kontrastieren die verbliebenen Inseln des Verfalls. Be­stands­ent­wicklung gibt es hier nicht. Al­tes vermodert, bis es abgerissen wird, Neues kommt direkt vom Reißbrett. Oft ge­nug führt die Spurensuche nach je­nen du­bio­sen Töchtern, die mit ri­s­kan­ten Fi­nanz­produkten nur scheinbar grund­so­lide Ban­ken an den Rand des Ab­grunds brachten, in die Docklands. An­ge­lockt von nie­dri­gen Steuersätzen und einer laxen Aufsicht vernichtete die­se Fi­nanzindustrie schließ­lich in der letz­ten Krise Milliardenwerte. Umso mehr er­staunt es, dass diese Zweck­ge­sell­schaf­ten noch immer aktiv sind und die gu­ten Adressen in Dublins neu­em Ban­k­enviertel keinen Leerstand ver­mel­den.

      Vor allem das Südufer bietet sich für eine Erkundungstour mit dem Fahrrad an. Vom Grand Canal Dock mit seinem schi­cken Theaterbau fährt man über Rings­end, dem Landungsplatz Crom­wells, auf den South Wall, einer im 18. Jh. angelegten Kai­mauer. Pigeon House Fort, das früher die Hafen­ein­fahrt bewachte, ist heute ein Kraft­werk. Von hier ragt der Wellenbrecher noch 2 km in die Dublin Bay, bis das Pool­beg Light­house Landende und zugleich die Ha­feneinfahrt signalisiert.

Dublin wächst und wächst

      Dublin wächst und wächst

      Einer von sechs in Irland Geborenen lebt im Ausland. Und einer die­ser Aus­lands-Iren, der frühere Coca-Cola-Chef Ne­ville Isdell, hat der Diaspora nun für ei­nen zweistelligen Millionen­betrag ein Mu­seum eingerichtet. Doch was heißt hier Mu­seum? Die Exponate stecken nicht in Vitrinen, sondern in der Cloud und er­scheinen nur als Projektion, und außer Touchscreens und Spielkonsolen (das freund­liche Per­so­nal hilft!) kann man nur ein paar Kunstinstallationen an­fassen. Schau­spieler er­zäh­len die Schick­sale der Migranten, wobei we­ni­ger die Ursachen und der Ablauf der Aus­wanderung als vielmehr die Er­folge der Iren in Übersee im Fo­kus stehen, sei’s als Po­li­tiker, Tüftler, Sport­ler oder Künst­ler. Hat der Be­su­cher sei­nen ein­gangs aus­ge­stell­ten Reise­pass an allen Sta­tionen ab­ge­stempelt, wird seine Aus­dauer zum Schluss mit der Chance be­lohnt, eine vir­tuelle Postkarte an Da­heim­ge­blie­bene zu mailen.

      ♦ Tägl. 10-18.45 Uhr, Einlass bis 17 Uhr. Eintritt 17 €. Bus Nr. 151 ab Eden Quay, Luas Station George’s Dock. Custom House Quay, epicchq.com.

      Am Nordufer der Liffey ankert die ori­gi­nal­getreue und hoch­see­taug­liche Re­plik eines 1847 in Quebec vom Stapel ge­laufenen Schiffs, das auf 16 Fahr­ten nord­amerikanisches Holz nach Irland und im Gegenzug iri­sche Aus­wan­de­rer nach Amerika brach­te. Die neue Jeanie John­ston wurde in den 1990ern zum Ge­den­ken an die Gro­ße Hungersnot ge­- baut; gelegentlich ope­riert sie als Segel­schul­schiff und Aus­flugsboot, liegt aber die meiste Zeit am Kai und kann be­sichtigt wer­den. Eine kleine Aus­stel­lung an Bord ver­ge­gen­wärtigt die Über­fahrt der dicht an dicht ge­dräng­ten Aus­wanderer.

      ♦ Füh­run­gen tägl. 11, 12, 14, 15 Uhr, April-Okt. auch 16 Uhr. Eintritt 11 €. Bus Nr. 151 ab Eden Quay, Luas Station Mayor Square. www.jeaniejohnston.ie.

      Abschied von Irland

      Der Aufenthalt in Sandycove endete für Joyce dramatisch: Ein an­de­rer, von Alp­träumen geplagter Gast ergriff eines Nachts seinen Re­volver und bal­lerte in das Kaminfeuer. Der Hausherr entwand ihm die Waffe und feuer­te sei­ner­seits mit den Worten „Lass ihn mir!“ auf die Töpfe und Pfan­nen am Bord über dem Bett, in dem Joyce lag. Der nahm den Hinweis ernst, zumal er Go­gar­ty zuvor in einem Gedicht angegriffen hatte, und ver­ließ am nächs­ten Mor­gen für immer das Haus, um sich mit Nora Bar­nacle zum Kon­ti­nent ein­zu­schiffen.

      Schon vom Fähranleger in Dun Laog­haire erblickt man den Martello-Turm, wo „Ulys­ses“ beginnt und ein Mu­seum heute die Erinnerung an James Joyce pflegt. Ro­bert Nicholson, lang­jähriger Ku­rator und Joyce-En­thu­si­ast, sam­mel­te Briefe, Fotos, Ma­nus­kri­p­te, Erst­aus­ga­ben, Überse­tzun­gen und persönliche Ge­genstände des Meis­ters. Der jun­ge Joyce ver­brachte 1904 sei­ne letzten Tage auf Irland in dem Turm. Sein Freund Oli­ver St John Gogarty, der uns im „Ulysses“ als Buck Mul­ligan be­geg­net, hatte das Ge­mäuer da­mals für acht Pfund im Jahr vom Mi­li­tär gemietet. Forty Foot Pool, ein Ba­de­platz auf der See­seite des Turms, war lange ein Re­fu­gium männ­licher Nu­dis­ten, die selbst im Winter von den Fel­sen ins eiskalte Was­ser spran­gen. Seit sich auch Frauen den Zugang erkämpft ha­ben, gebietet ein Schild „Ba­de­klei­dung“. Der Betrieb beginnt be­reits mor­gens um sechs, wenn Werktätige und Früh­auf­ste­her, im Winter mit der Ta­schen­lampe bewaffnet, sich im Meer er­fri­schen und stählen.

      ♦ Tägl. 10-18 Uhr, im Winter bis 16 Uhr. Eintritt ge­gen Spende. Bus Nr. 59 ab Dun Laoghaire. DART Sandycove. www.joycetower.ie.

      Das Meeresmuseum im Vorort Dun Laoghaire wurde passender­wei­se in der ehe­maligen Kirche für See­leu­te ein­ge­ric­h­tet. Im Mittelpunkt ste­hen Mensch und Technik, die Na­tur kommt etwas kurz. Blickfang und High­light ist die im Chor anstelle des Altars auf­gestellte, im Mi­nutentakt ro­tie­rende Op­tik eines Leucht­turms. An­de­re Ex­po­nate darf man anfassen und aus­pro­bie­ren, was vor allem kleinen und viel­leicht auch gro­ßen Jungs Freu­de macht: einmal mit dem Nebel­horn tuten oder die Schiffs­glo­cke läu­ten. Wir dürfen aller­lei Kno­ten auspro­bieren, an Tau­cher­hel­me und uralte Au­ßen­bord­mo­to­ren klop­fen und er­leben dra­ma­tische Schiffs­un­glü­cke und den Einsatz des See­not­ret­tungs­dienstes.

      ♦ Di-So (im Sommer tägl.) 11-17 Uhr. Eintritt 6 €. Haigh Terrace, Dun Laoghaire. DART Dun Laoghaire. www.mariner.ie.

      Piranhas, hochgiftige Steinfische und 700 andere Spezies sind sicher hinter den di­cken Glaswänden des Aquariums an der Uferpromenade von Bray ver­wahrt. Dass sich die Tiere offenbar auch in der Gefangenschaft pudelwohl füh­len, beweist, dass sie für mehr Nach­wuchs sorgen, als in den 200 Aqua­rien Platz findet. Fort­ge­schrit­te­ne Aqua­rianer können sich hier mit jung­en Exoten eindecken, ohne das Arten­schut­z­ab­kommen verletzen zu müssen. Ir­lands größter Wasserzoo mit 10.000 Fi­schen war das Lebenswerk des Mee­res­biologen Michel Collins, bevor er von der Sea­life-Gruppe übernommen wur­de, die auch in Deutschland Aqua­rien betreibt.

      ♦ April-Okt. tägl. 10-18 Uhr, Nov.-März Mo-Fr 11-16, Sa/So 11-18 Uhr; Einlass bis 1 Std. vor Schlie­ßung. Eintritt 13,50 €. DART Bray. www.visitsealife.com.

      Ausflugsziele um Dublin

      Küstenwanderung auf der Halbinsel Howth

      Steinzeit-Gräber Newgrange & Co im Tal des Boyne

      Klostersiedlung Glendalough