Wolfgang Santjer

Gänseblut


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passiert, was er schon lange befürchtet hatte: Ausgerechnet Böltjer hatte ihn und seine Freundin Gretje Alting bei ihrem Schäferstündchen im Hammrich überrascht. Böltjer hatte plötzlich von außen an die beschlagene Seitenscheibe des Autos geklopft. Gretje hatte sich furchtbar erschrocken, als der Mann durch die Scheibe auf ihre nackten Körper starrte. Böltjer hatte laut gelacht. »Schau an, Romeo Hortema und Julia Alting, das ist ja sehr interessant!« Dann war er verschwunden und Kuno hatte versucht, seine Freundin zu beruhigen.

      Ihm wurde flau im Magen, als er daran dachte, was nach Böltjers Entdeckung nun alles passieren konnte. Menno Alting und Hero Hortema hatten keine Ahnung vom Verhältnis ihrer beiden Sprösslinge. Böltjer hatte den Nagel auf den Kopf getroffen – es war wie bei Romeo und Julia: ein unglückliches Liebespaar, weil ihre Väter sich leidenschaftlich hassten. Böltjer, dieses Schwein, würde versuchen, Vorteil aus seinem Wissen zu ziehen! Kunos Hände verkrampften sich zu Fäusten.

      Unterwegs nach Bunde

      zum Lohnunternehmen Böltjer

      Sven hielt sich genau an Kunos Wegbeschreibung. Auf dem Parkplatz des Lohnunternehmens stellte er seinen Wagen ab. Kurz darauf stand er wieder in einem Büro, diesmal saß Jakobus Böltjer vor ihm.

      Böltjer war das genaue Gegenteil seines Jagdkollegen Hortema. Klein, eine schlechte Körperhaltung, und der lange Schnurrbart sollte wohl die fehlende Haarpracht ersetzen. Seine linke Hand fummelte ständig an den Bartspitzen herum. Kleine, dunkle Augen sahen Sven prüfend an.

      Wie eine Ratte, dachte Sven, und war auf der Hut. Er hatte sich kurz vorgestellt und wartete vergeblich darauf, dass ihm Böltjer die Hand gab oder ihm einen Stuhl anbot.

      Böltjer stand schließlich auf, ging zu einer Tür, riss sie auf und schrie: »He, Max und Moritz, antraben!« Sven konnte in eine große Werkstatt sehen, wo einige Trecker und Arbeitsmaschinen standen.

      Kurz darauf kamen zwei Männer in das Büro. Ihre Körpersprache war eindeutig, Angst und Unterwerfung. Sie wagten nicht, Böltjer anzusehen, sondern stierten auf den Fußboden. Böltjers Stimme triefte vor Sarkasmus. »Darf ich vorstellen, meine Chefmechaniker Siefko Specker, genannt Max, und sein ebenso ahnungsloser Gehilfe Wirtje Hummers, genannt Moritz.« Er drehte sich zu Sven um. »Haben Sie auch einen Spitznamen?« Sven schwieg. »Na gut, dieser Mann wird euch Idioten zeigen, wie man einen Motor zum Laufen bringt. Los, an die Arbeit!«

      Wie geprügelte Hunde drehten sich Max und Moritz um und gingen in die Werkstatt. Sven wollte ihnen folgen, wurde aber von Böltjer aufgehalten. »Herr Richter, noch auf ein Wort.«

      Er drehte sich zu Böltjer um. Dieser Mann hatte ihn in eine unmögliche Situation manövriert. Brachte er den Motor zum Laufen, hatte er Max und Moritz gegen sich aufgebracht. Schaffte er es nicht, war er bei Hortema und Böltjer unten durch und konnte gleich wieder nach Bayern zurückfahren. Das fiese Grinsen in Böltjers Gesicht wollte nicht verschwinden. Du Drecksack weißt genau, was du angerichtet hast, dachte Sven, und du freust dich noch darüber.

      »Ich mag Sie nicht, Richter.« Böltjers Stimme war eiskalt. »Wir haben schon diese armen Schlucker Max und Moritz im Hegering. Noch so ein Niemand … Das Beste wird sein, Sie verpfeifen sich gleich wieder. Aber wer weiß«, Böltjer Hand spielte mit den Bartspitzen, als er mit arrogantem Ton sagte: »Jeder braucht doch einen nützlichen Idioten. Wenn Sie was können und mir den Arsch küssen, dürfen Sie vielleicht einmal mein Gewehr tragen und es saubermachen.« Er lachte hämisch und zeigte mit dem Finger in Richtung Werkstatt.

      Sven wollte sich auf ihn stürzen und ihn erwürgen. Aber er hatte einen Plan und er durfte nicht auffallen.

      In der Werkstatt standen Max und Moritz ratlos vor einem Trecker. Max, also Siefko Specker, war wohl der Wortführer. Er war größer als Wirtje Hummers. Ein seltsames Paar. Dick und Doof hätte auch gut auf die beiden gepasst.

      Sie starrten ihn wütend an. Sven hob abwehrend die Hände. »Ich heiße Sven und Böltjer hat mich auch gerade angemacht …«

      Siefko Specker, alias Max, unterbrach ihn. »Denk bloß nicht, du kannst dich bei uns ausheulen. Wir haben gehört, dass du hier Jäger werden möchtest. Damit eins klar ist: Wir beide, Wirtje Hummers und ich, sind arme Deichjäger und werden wie Dreck behandelt. Nach uns kommen nur die Jagdhunde, aber du stehst jetzt ganz unten. Du bist nichts und jetzt bring den Motor zum Laufen.« Der blanke Hass schlug Sven entgegen. Ihre Wut auf den Chef ließen sie in den nächsten Stunden an Sven aus.

      Nachdem er den Motor endlich zum Laufen gebracht hatte, wusste Sven, warum man sich für Max und Moritz als Spitznamen entschieden hatte. Ungeziefer im Bett verstecken, Mühlen ansägen und Hühner quälen, so was hätten Dick und Doof nicht getan.

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