meine Auszeiten, wenn ich sie brauche und nicht, wenn mein Chef es mir sagt. Dann doch lieber ein bisschen weniger Geld haben und tun, was mir Spaß macht. Und wenn ich denke, dass nichts mehr geht, kommt immer ein neuer Auftrag und meistens macht es auch noch einen höllischen Spaß.
Heute hat sie die Buchhaltung gemacht, das ist etwas, was sie sehr ungern tut, jedoch der Fiskus will Zahlen sehen. Als sie endlich fertig ist, klappt sie den Laptop zu und gießt sich ein Glas Single Malt ein. Sie lächelt zufrieden.
Dafür reicht mein Geld immer. Es ist aber auch zu schön, wenn er meine Kehle hinunterfließt und wärmt, seidig und cremig mit einem Hauch Haselnüssen sowie leichtem Torfrauch. Speyside Single Malt 12 Jahre, ich habe ihn letztens bei meinem Einkauf entdeckt und beschlossen, ihm eine neue Heimat zu geben.
Draußen scheint die Sonne und sie denkt an ihr letztes Abenteuer. Ihre Füße liegen auf dem Schreibtisch und sie ist schon in Feierabendstimmung. Sie träumt. Einen Wohnwagen mieten, oder besser noch, ein kleines Wohnmobil und dann ab an die Nordseeküste, auf eine der Inseln. Das würde sie jetzt am liebsten tun. Notebook mitnehmen, ab und zu am Strand liegen und an einem Roman schreiben.
Es klingelt. Myriam schwingt ihre Beine auf die Erde, umrundet den Schreibtisch und öffnet die Tür.
Ihr Mund verschluckt die harschen Worte, die auf ihrer Zunge liegen, weil ihre Träumerei gestört wird und schaut in zwei haselnussbraune Augen. Sie gehören zu einer wahren Schönheit mit dunkelbraunem Haar, einer atemberaubenden Figur und einem Duft aus Moschus. Myriam schnuppert: Opium. Mein Lieblingsparfüm.
«Guten Abend! Treten Sie doch ein!» Myriam tritt zur Seite und geleitet sie mit einer Handbewegung in ihr Büro.
«Vielen Dank, sind Sie Frau Sanders?»
Myriam nickt.
«Sie wurden mir von Noemi empfohlen. Sie sagt, sie würden sich sehr diskret um mein Problem kümmern.»
«Oh, vielen Dank. Wie geht es ihr denn? Ich habe schon lange nichts mehr von ihr gehört.»
«Sie ist mit neuen Papieren ins Ausland gegangen, sodass sie von Antonia Moretti nicht mehr gefunden werden kann. Und auch ich habe seit ihrer Abreise kein Lebenszeichen von ihr bekommen.»
«Nehmen Sie doch Platz!» Myriam rückt den schäbigen Stuhl zurecht und schämt sich wieder einmal für ihr mageres Ambiente.
Vielleicht sollte ich mir neue Büromöbel kaufen. Mit dem Scheck von Noemi, er traf bereits am nächsten Tag bei mir ein, konnte ich meine Schulden bei der Bank tilgen und habe nun auch noch ein kleines Polster. Ich werde meine Preise erhöhen. Heute noch!
«Danke, gerne», und die Fremde setzt sich nieder, als wäre es ein Thron. Sie ist unglaublich schlank, sieht aus, als wenn sie unter ihrer Bluse eine Korsage trägt, die sehr eng in der Taille geschnürt ist. Hautenge Jeans lassen ihre Kurven erahnen, ein runder knackiger Po, lange Beine, Erotik ausstrahlend. Ihre Haare sind zu einem Pferdeschwanz gebunden und er wippt lustig auf ihrem Rücken. Wäre sie nicht eine Kundin, Myriam wüsste schon, was sie mir ihr anfangen könnte. Sie setzt ihr geschäftliches Gesicht auf. «Was kann ich denn für Sie tun?»
«Oh, das werde ich Ihnen erklären. Ich bin mit einem einflussreichen Mann verheiratet Aber manchmal bin ich völlig ratlos. Ich möchte wissen, wohin mein Mann an jedem ersten Dienstagabend verschwindet. Er geht einfach, lässt mich unwissend zurück und ich frage mich, was tut er, das so geheimnisvoll ist, dass er mir nichts darüber erzählen kann oder will. In den frühen Morgenstunden ist er dann wieder zu Hause. Sagt kein Wort und erklärt auch nichts? Vielleicht macht er was Illegales, was weiß ich. Und vielleicht ist es sogar strafbar. In diesem Fall kann ich die Scheidung einreichen und er bekommt nichts. Wissen Sie, als wir geheiratet haben, wurde ein Ehevertrag aufgesetzt. Mein Vater bestand darauf, denn das Vermögen gehört meinem Vater und mir. Wenn aber ich die Scheidung einreiche, ohne dass er sich was hat zuschulden kommen lassen, so bekommt er eine sechsstellige Abfindung. Die würde ich gerne sparen. Zu seinen Ausflügen nimmt er immer ein Taxi. Wohl, damit ich ihm nicht auf die Schliche komme.»
Die Frau grinst bösartig.
Ich glaube, sie ist von ihrem Mann sehr verletzt worden, denkt Myriam.
«Was genau ist denn nun meine Aufgabe?»
«Sie sollen ihn beschatten und genau herausfinden, wohin er geht, was er macht und welchen Geschäften er nachgeht. Ich habe es satt, immer nur dumm zu Hause herumzusitzen.»
Myriam hat ihr Gehalt in Gedanken gerade verdoppelt.
«Gut, ich nehme den Auftrag an. Ich bekomme 2000 Euro Vorschuss und noch einmal 2000, wenn der Job erledigt ist.»
«Abgemacht. Am Dienstag ist es wieder soweit. Seien Sie bitte um einundzwanzig Uhr vor unserem Haus. Wenn sie ihn verlieren, können Sie erst nächsten Monat wieder in Aktion treten, also rate ich Ihnen, nicht zu versagen.»
Ihr Ton ist unmissverständlich. Sie würde eine gute Domina abgeben.
Sie erhebt sich und gibt Myriam zwanzig schöne, grüne Geldscheine und eine Karte mit der Adresse und eine Handynummer. Myriams Stimmung ist auf dem Höhepunkt. Super, ein neuer Auftrag, leicht verdientes Geld. So sollte es immer laufen.
Pünktlich, kurz vor dem vereinbarten Termin wartet Myriam in ihrem kleinen Auto an der Ecke unweit des Hauses mit den Garagen. Das ist mehr als ein Haus! Eine Villa, ein Palast! Alle Menschen in dieser Gegend scheinen im Geld zu schwimmen. Soll mir recht sein.
Kein Taxi, sondern ein dunkler Mietwagen kommt vorgefahren. Der Mann verlässt das Haus, steigt ein, nimmt hinten Platz und der Wagen rollt die Einfahrt hinunter, dann gibt er Gas und verschwindet in der Nacht.
Myriam nimmt die Verfolgung des Mannes auf und bleibt hinter ihm, weit genug entfernt, damit er nicht merkt, dass er verfolgt wird. Er fährt in Richtung Dahlem.
Hier sollen doch die Reichsten der Reichen wohnen! Was weiß ich über Dahlem? Mal nachdenken. Er zählt zu den wohlhabenden Stadtteilen Berlins, geprägt durch Villen und kleine Parkanlagen. Neben alten renovierten Gebäuden, findet man aber auch neue Luxus-Wohnanlagen auf dem Gelände des ehemaligen US-Hauptquartiers. Viele Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen haben sich hier niedergelassen, darunter die Freie Universität Berlin, die Max-Planck-Gesellschaft und verschiedene andere Institute.
Sie passieren ein schlossähnliches Gebäude. Hier wird er langsamer und biegt in die Einfahrt ab.
Myriams Gedanken kreisen.
Den Ankh-Schlüssel habe ich bei mir und das Halsband auch. Jetzt brauche ich nur noch eine willige Sklavin, die mich da hineinbringt..
Myriam schaut sich um und parkt dann ihr Fahrzeug an einem Gebüsch unweit des Tores. Langsam nähert sie sich dem Gelände und geht so unauffällig, wie möglich, in Richtung Eingang.
Ein Mercedes rollt durch das Tor und hält. Ein Mann steigt aus. Das ist nicht, was Myriam gebrauchen kann. Minuten später. Ein roter Jaguar-E braust durch die Einfahrt und parkt neben den anderen Autos. Wieder ein Mann. So geht das eine halbe Stunde. Zirka 30 Wagen. Dann herrscht Ruhe. Keine Frauen. Myriam zerbricht sich den Kopf und wartet in ihrem Wagen. Sie nickt ein.
Plötzlich wird es laut. Ein Kleinbus fährt in den Hof, gefolgt von mehreren weiteren Wagen.
Erschrocken fährt Myriam hoch. Schaut auf die Uhr. Es ist 11:30.
Mein Gott. Ich bin eingepennt. Jetzt oder nie.
Myriams Herz klopft laut, als sie sich der heißen Blondine, die aus dem letztem Wagen ausgestiegen ist, von hinten nähert. Blitzschnell legt sie der Frau das Halsband an und lässt das Schloss zuschnappen.
Myriam hält den Atem an.
Was wird die Frau jetzt tun? Wird die Magie hier funktionieren? Oh, ist das aufregend!
Die Blondine dreht sich langsam um und schaut Myriam mit großen Augen an.
«Was haben Sie mit mir gemacht? Es schnürt mir die Luft ab!»
«Dann zerren Sie nicht daran! Sie sollen mir sagen, wie