an und ich schämte mich. Zu diesem Zeitpunkt überlebte ich größtenteils einfach nur, und das nicht gut. Menschen haben mich immer in Angst versetzt, selbst wenn sie mich nicht wahrnahmen.
In der siebten Klasse hat es einige Hänseleien gegeben, die ihren Höhepunkt erreichten, als mich einige der Jungs in der Umkleide ausgelacht und gedroht haben, mich nackt in den Gang zu schubsen, damit die Mädchen ebenfalls über mich lachen konnten. Seitdem hatte ich vor dem Sportunterricht immer Bauchschmerzen bekommen. Die Schulkrankenschwester dachte, dass ich es nur vortäusche, also hatte ich mich auch übergeben, als ich mich beschwert hatte. Letztendlich habe ich zurückgehen müssen, aber ich wurde gut darin, mich auf der Toilette zu verstecken, bis alle anderen rausgegangen waren. Ich glaube, dass der Lehrer bemerkt hat, was vor sich ging, da er mich nie zur Rede stellte, wenn ich zu spät kam.
Auf diese Weise wurde ich mit der Schule fertig. Menschen waren gefährlich und normalerweise gemein, also mied ich sie. Ich hatte einen Freund, irgendwie, aber ich glaube, dass ich für Bart eher eine Art Zubehör als ein wirklicher Kumpel war. Er ließ mich immerhin recht schnell fallen, als mich die Depression immer mehr vereinnahmte, was während meines gesamten Abschlussjahres der Fall war. Er war der Einzige, der davon wusste, bis ich im Mai während eines Vortrags im Sozialkundeunterricht zusammenbrach.
Das brachte mir einen Besuch beim Familienarzt ein, der bei mir eine depressive Erkrankung diagnostizierte. Irgendwie spuckte er die Diagnose aus, als hätte ich nur eine Erkältung, und ich hatte das Gefühl, dass er mir einen Stempel aufdrückte und mir nur ein paar Pillen verschrieb, anstatt wirklich Hilfe anzubieten. Die Tabletten wirkten nicht gegen die Angstzustände, aber ich wollte nicht noch einen Stempel aufgedrückt bekommen. Ich genierte und schämte mich, und als meine Mom wütend wurde und ihm sagte, dass er keine Ahnung hatte, wovon er redete, widersprach ich nicht. Größtenteils war ich einfach nur dankbar, dass mir erlaubt wurde, den Rest des Schuljahres von zu Hause aus zu beenden. Ich musste nicht einmal zur Abschlussfeier gehen.
Zu dieser Zeit hörte sich das alles super an, als hätte ich eine Freikarte aus dem Gefängnis bekommen, aber die Wahrheit war, dass ich nun ständig gegen meine Mutter kämpfte.
Sie hasste es, dass ich mich von der Welt zurückzog und machte es sich zur Aufgabe, mich mit dem Gesicht voran wieder hineinzustoßen. Obwohl ich seit meiner Konfirmation die Kirche schwänzen durfte, zerrte sie mich jeden Sonntag an den Haaren wieder hinein. Wenn ich schon davon spreche, gegen andere Menschen zu kämpfen – nach jeder Messe kam ein ganzer Schwall von Moms Freunden auf mich zu, lächelte mich übereifrig an und fragte mich, wo ich im Herbst studieren und ob ich mit jemandem ausgehen würde. Wenn ich schlecht auf diese Überfälle reagierte und eine Panikattacke bekam, schimpfte Mom mit mir und Dad sah mich finster an. Hätte ich gewusst, dass mein Zusammenbruch im Unterricht dazu führen würde, hätte ich mich stärker darum bemüht, wie immer erst in der Pause in der Toilettenkabine den Verstand zu verlieren.
Das Straßenfest war eine weitere Gelegenheit für meine Mutter, mich dazu zu zwingen, normal zu sein – und eine Gelegenheit für mich, um zu versagen.
Drei Tage vorher hatte sie mir den Flyer gezeigt und gesagt: »Wir sollten hingehen. Es wäre gut, wenn wir ein paar unserer Nachbarn kennenlernen. So viele junge Paare sind hergezogen.« Ich hatte nicht nein gesagt, was als Zustimmung hätte zählen müssen. Ich ließ zu, dass sie mich zum Einkaufen schleppte, obwohl ich im Supermarkt immer eine Panikattacke bekam. Am Tag der Feier stellte ich mich nicht krank, aber ich weinte in der Dusche, als ich von den rechtsorientierten Programmen, die mein Vater in Radio und Fernseher gleichzeitig verfolgte, überwältigt wurde.
Aber einfach nur anwesend zu sein, reichte meiner Mom nicht. »Hilf mir, den Salat zu machen, Jeremey«, »Geh für mich zum Laden, Jeremey«, »Hilf den Gastgeberinnen beim Aufbauen, Jeremey«. Natürlich versaute ich alles – ich konnte beim Supermarkt nicht aus dem Auto steigen, sodass Dad an meiner Stelle hatte gehen müssen.
Sie ging mit mir zum Picknickplatz, um beim Aufbauen zu helfen, wobei sie mich mit dem Ellbogen anstieß und mir zuflüsterte, dass ich nicht so nervös sein sollte. Als die unzähligen Befehle und die Geräusche der lauten Frauen drei Häuser weiter zu viel wurden, bemerkte eine der Gastgeberinnen, dass ich mich nicht gut fühlte, und bat mich, mich auszuruhen. »Wir schaffen den Rest auch ohne dich, mach dir keine Sorgen.«
Mom machte sich keine Sorgen, aber sie war wütend. Ihrem Empfinden nach hatte ich sie durch mein Verhalten in der Öffentlichkeit blamiert.
Mom wollte einen klugen, lächelnden, charmanten Sohn. Sie wollte, dass ich eine andere Antwort auf die Frage hatte, die alle immer wieder stellten – Wo wirst du diesen Herbst studieren? Sie wollte, dass ich log, der Frage auswich oder besser noch, auf magische Weise nicht mehr so depressiv und erschöpft war. Und normalerweise wollte ich nur zurück in mein Bett, anstatt ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Zu sagen, Ich habe mir noch kein College ausgesucht, war meiner Meinung nach ein Kompromiss, denn wir alle wussten, dass ich es nirgendwo schaffen würde, aber das war nicht der Sohn, den meine Mutter wollte.
Ich war nicht der Sohn, den meine Mutter wollte.
Ich lächelte nicht, ich flirtete nicht und ich konnte auch nicht voraussehen, was die Gastgeberinnen brauchten. Ich hockte mich hin, wandte den Blick ab und ließ die Auflaufformen fallen. Jedes Mal, wenn jemand zu laut lachte, zuckte ich zusammen. All die Unterhaltungen aus so vielen Richtungen lösten Panik in mir aus, also tat ich mein Bestes, um alles um mich herum auszublenden – was bedeutete, dass ich nicht antwortete, wenn mir jemand eine Frage stellte.
Die Gastgeberinnen und die anderen Partygäste klopften mir auf die Schultern und neckten mich damit, dass ich nur zu gestresst vom wilden Teenagerleben sei, aber mein Dad zog die Brauen zusammen und meine Mom presste die Lippen aufeinander, sodass ich wusste, dass ich später in Schwierigkeiten stecken würde. Ich hatte kein wildes Teenagerleben. Ich war am Abend zuvor nicht zu lange weg gewesen. Das war ich nie. Ich war nicht schüchtern, weil auf der Party auch Mädchen in meinem Alter waren. Das war ein ganz anderes Problem, eins, von dem meine Eltern noch nichts wussten.
Es war nicht so, dass ich es nicht versuchte. Ich ging zu diesem schrecklichen Straßenfest und gab mich so normal, wie ich nur konnte. Natürlich war es nicht genug. Meine Eltern würden mir niemals zuhören. Ich konnte die Zukunft schon vor mir sehen und es war beängstigend und dunkel und lähmend, mir vorzustellen, in einem fremden Studentenwohnheim in einer unbekannten Stadt zu sein, wo mich alle nur auslachen oder unbehaglich das Gesicht verziehen würden, wenn sie mich fragten, was mein Problem sei. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, ob es nicht für alle das Beste wäre, wenn ich nicht mehr da war.
Ich versuchte gerade, mich zu beruhigen, indem ich mir einen Plan zurechtlegte, wie ich dafür sorgen konnte, dass alles aufhörte, als der Junge zu mir kam.
Ich hatte gesehen, wie er mit seinen Eltern gekommen war, aber ich hatte ihm gerade genug Aufmerksamkeit geschenkt, um festzustellen, dass er mich weder hänseln noch für Unbehagen sorgen würde, ehe ich ihn schon wieder abgeschrieben hatte. Mir war undeutlich bewusst, dass er anders war, dass irgendetwas an ihm nicht stimmte, aber sonst hatte ich nicht viele Gedanken an ihn verschwendet, sondern ihn in den Nebel meiner Wahrnehmung mit allen anderen Gästen geschoben. Außer dass er plötzlich auf mich zukam, mit der deutlichen Absicht, eine Unterhaltung anzuregen.
Das Seltsame war, dass er mich nicht ansah. Er sah in meine Nähe, aber er sah mich nicht an und lächelte. Er blieb vor mir stehen und drückte seine Füße fest auf den Boden. Während er sich leicht zur Seite neigte, ballte er die Hände in einem seltsamen Winkel vor sich zur Faust, starrte die Luft neben mir an und begann zu sprechen.
»Hallo. Ich möchte mich gern vorstellen. Mein Name ist Emmet Washington. Wie geht es dir?«
Ich blinzelte ihn an und verstand nicht wirklich. Ich meine, ich verstand schon, was er sagte, aber die Art, wie er es gesagt hatte, war so seltsam. Er klang leicht roboterhaft, die Worte ohne Punkt und Komma und seine Betonungen lagen immer auf der falschen Stelle. Selbst die Frage war komisch – er hob am Ende die Stimme, als wäre ihm bewusst, dass er das bei einer Frage tun musste, aber irgendwie war es die falsche Art von Hebung.
Irgendetwas stimmt nicht mit ihm, flüsterte die panische Stimme in meinem Kopf. Ich