nicht. Eiserne Entschlossenheit zeichnete auch ihr Gesicht und ließ es bedeutend weniger faltig erscheinen.
Der Mann schnarchte. Das Kinn schlug auf die Brust.
»Mister Cohler«, sagte Fee etwas lauter.
Da zuckte der Schläfer zusammen, sein Kopf flog förmlich empor und er starrte entsetzt auf die Waffe.
»Erschrecken Sie nicht«, sagte Fee. »Und schreien Sie nicht um Hilfe. Ich möchte nicht auf Sie schießen müssen.«
»Fee, auch das noch auf meine alten Tage!«
»Wir müssen beide zusehen, wo wir bleiben, Mister Cohler. Keiner versteht Sie besser als ich. Aber begreifen Sie auch meine Lage. Die Jungens versprachen mir die Hälfte der Beute. So ein Angebot wird mir kaum noch einmal gemacht.«
Endlich schien der Nacht-Marshal seine Lage voll erkannt zu haben. Seufzend hob der die Hände. »Nicht schießen, Fee. Ich weiß, wie verzweifelt Sie sind.
»Dann gibt es ja nichts weiter zu besprechen, Mister Cohler. Nehmen Sie mit der linken Hand den Schlüssel aus der Lade und schließen Sie die Zelle auf!«
»Sie bringen sich in Teufels Küche, Fee!«
»Da bin ich schon lange. Es kann nur noch besser werden. Ich möchte wirklich nicht schießen!«
Der Mann erhob sich, ließ die linke Hand sinken und öffnete die Schublade. Er zog den Schlüssel heraus, trat mit einer erhobenen Hand ans Gitter und schloss die Tür darin auf.
Jay und Rio erhoben sich.
»Was für ein abgekartetes Spiel!«, jammerte der Nacht-Marshal, dem Cobb vergessen hatte, einen Stern an die fadenscheinige Cordjacke zu stecken.
»Umdrehen!«, befahl Jay. »Rio, ein paar Stricke und einen Knebel für Mister Cohler.«
Shayne verließ die Zelle. »Großartig, Fee, du bist ein Schatz!«.
»Ich fühle mich elend wie noch nie«, bekannte das Saloonmädchen.
Rio fand im Spind neben dem Gewehrständer ein paar Stricke und einen einigermaßen sauberen Lappen. Damit fesselten sie den Mann an Händen und Füßen und knebelten ihn.
Als sie die Zelle verließen, lag Cohler auf einer der Pritschen, unfähig, um Hilfe zu rufen.
Fee trat zurück und bedrohte sie mit dem Colt. »Die Waffe behalte ich. Wie verabredet.«
Rio blickte auf den vollen Gewehrständer.
»Lass das!« Jay schob den Partner vor sich hinaus.
Fee folgte ihnen und schloss die Tür. Die Lampe über dem Schreibtisch flackerte.
Auf der Straße war niemand. Auch hinter den Fenstern konnten sie nirgendwo Lichtschein sehen, nicht einmal im Saloon.
»Wie spät ist es?« Jay schaute über die Schulter.
»Drei. In zwei Stunden wird es hell. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Eure Pferde stehen im Mietstall. Ich nehme das eures Freundes, der keins mehr braucht. Dann können sie mir nicht noch anhängen, einen Gaul gestohlen zu haben.«
»Gut, er soll dir gehören«, stimmte Jay zu. Er übernahm die Führung. Sie huschten an den Wänden entlang und duckten sich unter den Fenstern. Das Tor zum Mietstallgelände stand offen. An das barackenähnliche Gebäude war eine kleine Hütte angebaut. Dahinter schloss Buschwerk das Anwesen ab.
»Der Stallmann schläft.«
Jay erreichte die Tür des Stalles. Ein Balken lag quer davor in Eisenkrampen. Er hob ihn aus und legte ihn an die Wand.
Rio öffnete und drang ins Dunkel ein. Leise schnaubten die Pferde.
»Hoffentlich schläft er fest genug«, sagte das Mädchen. »Beeilt euch ein bisschen!«
Sie suchten nach ihren Pferden, befreiten sie von den klirrenden Ketten, drängten sie in den Gang und suchten in der Schwärze nach ihren Sätteln. Rio nahm den erstbesten, der ihm in die Hände fiel, nachdem er merkte, dass er seinen so doch nicht fand.
»Macht doch ein bisschen schneller!«, drängte das Saloonmädchen nervös. »Das dauert ja Stunden!«
»Dreh nicht durch, Schatz, wir sind so gut wie weg!« Rio schob das Pferd gegen die Wand. »Los, mach schon Platz.«
Fee blickte hinaus. Den Colt hielt sie immer noch in der Hand. »Das muss doch etwas schneller gehen.«
Jay führte das erste Pferd hinaus. »Da nimm.«
Fee zielte auf ihn. »Versuch nicht, mir den Revolver abzunehmen. Mir kann etwas passieren, was ich wirklich nicht will.«
»Ist doch schon gut.« Jay kehrte in den Stall zurück, brachte sein Pferd und schwang sich in den Sattel.
Fees Tier schnaubte.
Rio tauchte auf. Sein Pferd stieß mit dem das Mädchens zusammen. Das andere Pferd keilte aus. Rios Hengst wieherte und wollte auf die Hinterhand steigen.
»Los, weg!«, brüllte Shayne.
Da öffnete sich die Hüttentür hinter dem Stall. »Was soll denn der Lärm mitten in der Nacht? He, wer ist denn das?«
»Vorwärts!«, befahl Jay.
Sie ritten alle drei zugleich los, trieben die Pferde noch im Hof zum Galopp an und zwangen die Tiere zum Sprung über das Buschwerk.
Der Stallmann lief in die Hütte, holte sein Gewehr und feuerte hinter den Reitern her. Die Kugel pfiff durchs Dickicht und fetzte Zweige von den Sagebüschen.
Fluchend repetierte der Mann sein Gewehr, hastete durch die sich ausbreitende Pulverdampfwolke und schoss abermals.
Doch die Reiter sah er schon nicht mehr. Die Nacht hatte sie aufgenommen. Nur das Dröhnen der Hufe erreichte noch den Hof.
»Alarm!«, brüllte der kleine Mann, hastete zur sSraße, repetierte das Gewehr erneut und schoss in die Luft, obwohl die Männer bereits von allen Seiten gelaufen kamen.
»Die Banditen!«, brüllte der Stallmann. »Und das Flittchen aus der Kneipe! Bedankt euch bei Doug Egger, der das Mädchen unbedingt behalten musste, obwohl wir so was hier nicht brauchen!«
Der Marshal lief im flatternden Nachthemd wie ein Geist als erster in den Stall. Er brannte die Lampe an, schaute in jede Box und ging hinaus.
»Drei Pferde haben sie mir gestohlen!«, jammerte der Stallmann. »So ein Gesindel!«
»Dir fehlt kein einziges Pferd«, stellte der Stadtmarshal richtig. »Es sind die drei Gäule, die ihnen gehörten.«
»Die ich durchfüttern musste.«
Marsahl Cobb ging nicht weiter darauf ein. »Beeilen wir uns! Vielleicht holen wir sie noch ein.«
»Die müssen die Bucks ausgraben, bevor sie sich absetzen können«, verkündete der Schmied.
*
Sie standen im dichten Buschwerk, hielten den Pferden die Nüstern zu und lauschten auf den trommelnden Hufschlag, der durch die Nacht hallte.
Jay ließ seinen Hengst los. »Vorbei.«
Da verklang das Trommeln, und das Echo verlor sich im unübersichtlichen Buschland.
»Jetzt suchen sie nach Spuren«, flüsterte Rio.
»Der Stallmann hat uns alles verpatzt!«, schimpfte Fee.
»Zu spät«, sagte Jay gelassen. »Spuren hätten sie gleich hinter dem Stallgelände suchen müssen. Jetzt finden sie nichts mehr von unseren Pferden.«
Fee trat etwas zurück. Den schweren Revolver hielt sie ständig in der Hand. Das Misstrauen den vermeintlichen Raubmördern gegenüber erfüllte sie immer noch.
Jay tat, als würde er es übersehen.
»Warum reiten Sie denn nicht weiter?« Fees