erfolgt in Projekten. Ein Designprojekt integriert die Phasierung (Themenfindung, Manuskript, Deklamation, Schnitt und Nachnutzung) und ergänzt diese Phasen um spezifische Einstiegsszenarien, exakte Arbeitsanweisungen, Sozialformen, Auswahlverfahren für Medien, Leistungsbewertungen, Veröffentlichungsszenarien etc.
Das lerntheoretische Konstrukt von Designprojekten gründet auf der Vorstellung, dass die Lerner*innen im Designprojekt einen Rollentausch vollziehen. Sie werden im Laufe der inhaltlichen Auseinandersetzung zu Lehrkräften, die Fachinhalte [29] erklären und vermitteln. Designprojekte sind folgerichtig dadurch gekennzeichnet, dass die Lerner*innen in den verschiedenen Phasen ihre Perspektive (Lerner*innen, Lehrer*innen, Produzent*innen teilweise auch externe Konsument*innen bzw. Rezipient*innen) wechseln. Aus der Perspektive von Lehrer*innen bzw. Produzent*innen geht es darum, den Inhalt didaktisiert zu vermitteln, das Manuskript zu schreiben, den Film zu schneiden etc. Aus der Perspektive von Lerner*innen muss zunächst ein Verständnis von den Inhalten, aber auch von der Didaktik und der Technik entwickelt werden. Die Perspektive von Konsument*innen definiert Prozesse, die eine erfolgreiche Nachnutzung der Handlungsprodukte (Filme) einleiten.
Tendenziell wird die Lehrer*innenrolle gegen Ende eines Designprojekts sukzessive dominanter eingenommen. Während die Lerner*innen sich in den ersten beiden Phasen eines Designprojektes (Einstieg und Manuskript) intensiv mit den Inhalten auseinandersetzen und dabei klassisch die Rolle von Lerner*innen einnehmen, erodiert dieses Rollenverständnis im weiteren Verlauf der Projekte immer weiter. Den ersten Kontakt mit der Rolle von Lehrkräften haben die Lerner*innen in der Regel, wenn sie die visuellen Medien aussuchen, mit denen der Inhalt, das Thema des Films, später aufgearbeitetet bzw. visualisiert wird. In den weiteren Phasen festigt sich dieses Rollenverständnis als Lehrer*in zunächst. Die Phase Videoschnitt regt dann erneut einen Perspektivenwechsel an. Jetzt wird zumindest teilweise die Rolle von Rezipient*innen bzw. Konsument*innen eingenommen, um bestimmte Animationen bzw. filmische Elemente auszuwählen und einzusetzen mit dem Ziel, bestimmte inhaltliche Elemente optimal in Szene zu setzen. Im Lernprozess wird diese Phase dadurch sichtbar, dass didaktische Fragestellungen die fachlichen Fragen ergänzen und teilweise sogar ablösen. Typisch sind Fragen zu ergänzenden visuellen Medien, den richtigen Pausenlängen in den Sprechtexten, zur Sprechgeschwindigkeit im Allgemeinen, zur Farbgebung im Film etc. In den Perspektivenverschränkungen reflektieren die Lerner*innen ihr Tun, werden mit ihrem derzeitigen Wissensstand und ihren aktuellen Fähigkeiten konfrontiert und denken darüber nach, wie externe Rezipient*innen auf den Film reagieren. Die Perspektivenverschränkung kann im Übrigen auch innerhalb der Gruppe stattfinden, etwa dann, wenn Lerner*innen sich gegenseitig helfen.
[30] 3 Konsequenzen für die Entwicklung von Designprojekten
Designprojekte nehmen etablierte Methoden und Verfahren der Projektpädagogik auf und nutzen digitale Technologien und Medien als übergreifendes Organisations-, Kommunikations-, Kollaborations-, Gestaltungs- und Dokumentationsinstrumentarium zur Umsetzung von Projekten. Im methodischen Kern können Designprojekte der produktionsorientierten Filmbildung zugerechnet werden. Hier wird der Umstand aufgegriffen, dass der Film mit seinen vielfältigen Formaten (2D, 3D als Virtual-Reality-Applikation etc.) als Informations- und Bildungsmedium aktuell eine bedeutende Aufwertung erfährt (vgl. Kapitel 1 und 4). Die Produktionsorientierung schafft die Möglichkeit Lernprozesse zu gestalten, in denen digitale Medien und Technologien ganzheitlich integriert sind. Über eine rezipierende Komponente eröffnet das Konzept zusätzlich die Möglichkeit, klassische E-Learning-Konzepte, Flipped-Classroom-Konzepte oder Blended-Learning-Konzepte umzusetzen. Dadurch werden Wiederholungs- und Übungsphasen möglich, die einen Beitrag zur Individualisierung von Kompetenzentwicklungsprozessen leisten können.
Die Entwicklung von Designprojekten sollte auf der Vorstellung basieren, dass pädagogisches Handeln, anders als naturwissenschaftlich-mathematisches Handeln, nicht von Gegenständen, sondern von bewusstseinsgesteuerten Wesen beeinflusst ist. Die Theorielinien, die ein Organisationsmodell zu einer Lehrveranstaltung, zu einem pädagogisch fundierten didaktischen Konzept machen, sind damit verhaltensorientiert. Entwicklung und auch Umsetzung haben entsprechend zu berücksichtigen, dass Lernen immer eine inter- und intrapersonale Dynamik besitzt. Genau das macht aber die Umsetzung von (Design-)Projekten so kompliziert: (Design-)Projekte brauchen viel Vorbereitung und noch mehr pädagogisches Fingerspitzengefühl. Dabei gilt die einfache Regel, dass der Vorbereitungsaufwand für die Implementierung von Designprojekten umso größer ist, je ungeübter die Lerner*innen in der freien Arbeit sind. Dieses Lehrbuch entwirft jedoch einen Rahmen, in dem auch diese Dynamik kanalisiert werden kann.
Designprojekte basieren weiter auf der Annahme, dass geplantes und absichtliches Lernen insbesondere dann zustande kommen kann, wenn die Lerner*innen [31] Gründe für ihre Lernaktionen haben. Lernen wird idealerweise nicht von Seiten der Lehrkräfte initiiert (fremdorganisiert), sondern von Seiten der lernenden Subjekte (selbstorganisiert). Im Idealfall handelt es sich also um lerner*innenaktive Projekte (Selbststeuerung), bei denen die Themenwahl selbstorganisiert erfolgt. Das bedeutet konkret, dass die Inhalte innerhalb der curricularen Grenzen ‚frei‘ gegeben bzw. mit Blick auf das Anforderungsniveau moderiert zugewiesen werden. Die Lerner*innen suchen sich den Aspekt, den sie in ihrem Designprojekt vertiefen wollen, selbst aus und dokumentieren ihn. Im Ergebnis entstehen verschiedene Handlungsprodukte, die thematisch einen Gesamtkontext (Lernsituation) abbilden. Abbildung 1 zeigt einen Screenshot zu den Handlungsprodukten aus verschiedenen Designprojekten, die zu einer Lernsituation (Fehlerdiagnose im System heizbare Heckscheibe) gehören. In der Lernsituation haben neun Lerngruppen verschiedene Designprojekte umgesetzt. Die Zuteilung der Designprojekte basierte auf den Interessen und der Leistungsfähigkeit der Projektteilnehmer*innen. Die Differenzierung zeigt sich bei den Handlungsprodukten u. a. in der Filmlänge. Abbildung 1 veranschaulicht, dass der neunte Beitrag mit einer Laufzeit von 2 Minuten und 46 Sekunden deutlich umfangreicher ist als die anderen Beiträge, die nur jeweils eine Filmlänge von ungefähr einer Minute haben.
Abbildung 1: Verschiedene Handlungsprodukte (MP4-Filme) zu einer Lernsituation. Quelle: http://www.kfz4me.de [Zugriff: 06-01-2020]. Bildschirmkopie
[32] Designprojekten liegt bezüglich der Rolle der Methode die Auffassung zu Grunde, dass das Lernen nicht automatisch besser wird, wenn eine andere Methode bzw. andere Technologien oder andere Medien verwendet werden. Methoden liefern vielmehr Antworten auf die Frage, wie Lernen und Lehren unter formalisierten und institutionalisierten Bedingungen der Gegenwart organisiert werden kann. Idealerweise wird Lernen in Designprojekten aber zusätzlich so organisiert, dass es sich auf Handlungsprobleme bezieht. Dabei kann jeweils das gelernt werden, was notwendig ist, um Aktivitäten fortzusetzen und neue Handlungsmöglichkeiten zu generieren (vgl. Holzkamp 2004: S. 29).
[33] 4 Zur Bedeutung des Mediums Film als Bildungsmedium
Das Medium Film ist im Rezeptionsmodus als Unterhaltungsmedium seit vielen Jahren breit akzeptiert. Der Aufstieg zum Bildungsmedium verlief dagegen zunächst eher schleppend. Als in den späten 1960er Jahren das Fernsehen anfing, Film als Bildungsmedium einzuführen, konnten sich die starren und behavioristisch angelegten Formate wie beispielsweise Telekolleg zunächst nicht durchsetzen. Der Neustart des Films als Bildungsmedium gelang mit der Digitalisierung, was neben einschlägigen Studien auch Blicke in die Klassenräume der Schulen, die Seminarräume der Hochschulen und die Werkstätten der Bildungszentren von Handel, Handwerk und Industrie belegen. Auch in der Präsenzlehre gehört der Einsatz von Videos mittlerweile zum didaktischen Standardrepertoire. Es lässt sich entsprechend kaum bestreiten, dass der Film mit seinen vielfältigen Formaten (2D, 3D, Virtual-Reality-Applikation etc.) aktuell auch als Informations- und Bildungsmedium einen Hype erlebt (vgl. mpfs 2018; Bitkom 2015, IFAK 2019).
Bewegtbilder sind nicht nur für Zielgruppen interessant, die sich ungern mit Textinformationen auseinandersetzen und bewegte und vertonte Bilder als Informationsquelle bevorzugen, sie sind auch in der Lage, Informationen anschaulich, passgenau und kompakt zu transportieren. Entsprechend gibt es seit vielen Jahren die Idee, das Medium Film als Bildungsmedium zu etablieren. Mit der Technisierung