gelehnt und betrachtete den Hausbesitzer aufmerksam. Gressmer hob hilflos die Arme.
»Bei dem Chaos! Wie soll ich da wissen, was fehlt?«
»Ist der Schmuck Ihrer Frau denn noch vollständig?«
»Ich glaube, ja. Schon komisch! Dabei hat meine Frau die Stücke extra versichern lassen!«
Tann horchte auf. »Interessant! Haben sie Fotos?«
»Sie sagen es! Dass ich nicht selbst darauf gekommen bin.« Er stand auf und ging zur Anrichte. »Die Fotos hatte meine Frau ganz unten in der Schublade.«
Er bückte sich und kramte eine Plastikhülle aus der Schublade.
Tann betrachtete die Fotos etwas abwesend. Er war erschöpft und müde von der langen Nacht. Das Gefühl, irgendetwas übersehen zu haben, wirkte sich auch nicht gerade motivierend aus.
»Herr Gressmer, die Spurensicherung hat ihre Arbeit erledigt. Sie können alles wieder einräumen. Einer unserer Beamten wird hier bleiben und Sie unterstützen. Bitte prüfen Sie alles genau. Wenn Fragen sind, in unserer Leitstelle ist immer jemand erreichbar.«
Er hinterließ die Telefonnummer und machte sich auf den Heimweg.
Zwei Tage später waren die Ermittlungen abgeschlossen. Die Polizei stand vor einem Rätsel. Fingerabdrücke waren ausschließlich von der Nachbarin und den Eheleuten Gressmer festgestellt worden. Nachdem Gressmer mit Unterstützung seiner Schwester aufgeräumt hatte, fehlte augenscheinlich nichts, nur eine teure chinesische Vase war zerbrochen. Einbruchspuren konnten nicht festgestellt werden.
Hauptkommissar Brunger hatte seine Leute zur Lagebesprechung zusammen getrommelt. Brunger gehörte zur Kriminalpolizei Bielefeld und war vom Präsidium für die Aufklärung von Mordfällen nach Gütersloh abgeordnet worden. Er leitete die Einsatztruppe im Fall Gressmer. Die Hände tief in den Taschen seiner schwarzen Jeans vergraben, marschierte er auf und ab, bis alle Platz genommen hatten.
»Der Fall Gressmer ist mir ein Rätsel. Keine Einbruchspuren, keine geraubten Gegenstände. Hat einer der Anwesenden eine Idee, was da geschehen ist?« Brunger beobachtete seine Kollegen aufmerksam.
»Vielleicht war es Gressmer selbst oder seine Frau, um die Versicherungssumme kassieren«, fiel Klaus Mersch ein. Erheiterndes Gelächter.
»Was will er denn kassieren, wenn nichts fehlt?«, knurrte Alfons Weiß.
»Also, meine Herren. So dumm finde ich die Idee gar nicht«, fiel Brunger ein. »Gressmer hat ein Alibi, aber seine Frau ist noch nicht befragt worden. Sie könnte theoretisch tagsüber das Chaos veranstaltet haben. Tann, Sie fahren noch einmal zu Gressmer. Danach besuchen Sie die Frau. Irgendwas ist da faul. Am besten machen Sie sich gleich auf den Weg.«
Tann erhob sich. »Okay, dann will ich mal los.«
Tann traf Gressmer im Vorgarten. Er trug derbe Gartenhandschuhe und beschnitt den Rosenstrauch.
»Tag, Herr Kommissar. Gibt’s noch was?«, fragte er, ohne mit der Arbeit einzuhalten.
Tann sah, wie sich beim Nachbarhaus die Gardine bewegte und meinte: »Es ist besser, wenn wir hineingehen.«
»Bin sofort soweit«, brummte Gressmer, griff seinen Korb und ging zur Haustür. Seine groben Gartenschuhe zog er aus und ging auf Socken ins Haus. Tann folgte ihm.
Etwa eine Stunde später besuchte Tann Frau Gressmer im Landeskrankenhaus. Er fand sie im Park. Sie machte einen zufriedenen Eindruck. Als Tann auf ihre Tochter zu sprechen kam, lächelte sie sanft:
»Susanne ist so ein nettes Mädchen.«
Sie sah durch die Bäume des Parks hindurch zum Himmel, als könne sie ihrer Tochter zuwinken. Tann verabschiedete sich schnell.
Ein kurzes Gespräch mit dem Arzt bestätigte ihm, dass Heidelinde Gressmer völlig verwirrt in ihrer eigenen Welt lebte. Seine Frage, ob Frau Gressmer zwischenzeitlich das Krankenhaus verlassen hätte, wurde verneint, allerdings räumte der Arzt ein, dass sie durchaus die Möglichkeit gehabt hätte.
Nachdenklich fuhr Tann zur Einsatzzentrale zurück. An seinem Schreibtisch wartete eine Menge Arbeit auf ihn. Sein Abschlussbericht war gerade fertig, als ihm etwas Wichtiges einfiel.
Gressmer war überrascht, als Tann vor der Tür stand.
»Herr Gressmer kann ich das Tagebuch Ihrer Tochter einmal sehen?«
»Natürlich! Kommen Sie.«
Auf dem Nachttisch in Susannes Zimmer lag der Holzengel. Von dem Tagebuch keine Spur.
»Es hat hier gelegen, neben dem Engel.« Gressmer schaute sich suchend um.
»War es vor dem Aufräumen noch da?«, erkundigte sich Tann und half bei der Suche.
Gressmer schaute ihn erstaunt an. »Sie glauben doch nicht etwa, der Einbrecher hat es mitgenommen?«
Tann nickte. »Könnte durchaus sein!«
»Und wozu wurde dann alles durchwühlt?«
»Keine Ahnung! Vielleicht hat der Dieb noch etwas anderes gesucht.«
Tann ging ans Fenster und schaute in den Garten. Der Rasen war geschnitten. Alles sah äußerst gepflegt aus.
»Beschäftigen Sie einen Gärtner?«, fragte Tann beiläufig.
Gressmer schaute erstaunt auf. »Ein Rentner aus der Nachbarschaft. Hat Langeweile. Der macht das gern. Fast umsonst.«
Tann grinste. Er wusste, dass viele Dinge unter der Hand erledigt wurden. Die Schattenwirtschaft blühte gerade im Kleingewerbe.
»Kommt der Mann regelmäßig?«, erkundigte er sich.
»So ein-, zweimal im Monat. Im Winter gar nicht.«
Gressmer waren die Fragen sichtlich unangenehm. Tann ließ sich davon nicht beirren.
»Der Mann versteht sein Handwerk. Der Garten sieht gut aus. Ich würde ihn gern aufsuchen. Können Sie mir seine Adresse geben.« Als Gressmer zögerte, fuhr er fort: »Er könnte uns möglicherweise einen Hinweis geben.«
Tann notierte die Adresse des Gärtners und verabschiedete sich. An der Haustür drehte er sich noch einmal um und sagte zu Gressmer, der ihm gefolgt war:
»Ich an Ihrer Stelle würde schnellstens das Schloss auswechseln lassen.«
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