Arbeit der Seeleute nie enden. Ständig wurden Befehle gebrüllt, die von der Mannschaft wiederholt wurden, gefolgt von einem immerwährenden Singsang, der hin und her ging. Sie hatte schnell gelernt, dass „Hauptsegel einholen“ bedeutete, dass das Schiff bald wenden würde, und sie richtete sich darauf ein, damit sie nicht umhertaumelte, sondern sich festhielt.
Anjou wünschte sich nichts sehnsüchtiger, als aus der Kabine zu laufen und zu sehen, warum sie hin und hergeworfen wurden. Aber ihre Angst würde dadurch nicht geringer werden und sie hätte vermutlich ihrer größten Angst gegenübergestanden, nämlich als Futter für die Monster aus der Tiefe zu enden. Sie hatte von Hannah erfahren, dass ihre Kabine direkt neben der des Kapitäns lag - wo auch ihr Bruder war - und sie zog sich die Decke über den Kopf, anstatt nachzusehen, was passierte.
Nachdem der Sturm vorüber war, fiel sie in einen unbeständigen Schlaf, in dem sie von Aidan träumte. Er war von Gebäuden und Soldaten umgeben, es gab Geschrei und Rauch. Sie konnte sehen, wie jemand ein Gewehr über seinen Kopf hielt ... und in diesem Moment wachte sie auf.
Die vier Tage, in denen sie in der Kabine blieb und nichts außer Haferschleim aß, begannen an ihr zu zehren. Sie betete, dass ihnen der Wind gewogen war und die Reise so schnell wie möglich endete! Sie hatte jedes Schiff, mit dem sie reisen konnte, genauestens studiert und hatte diesen Schoner aufgrund seines Rufes gewählt, einer der schnellsten und windschnittigsten zu sein. Allerdings waren sie immer noch den Gnaden des Wetters ausgesetzt. Sie war entschlossen, sich unter Kontrolle zu halten, aber sie musste bald den Himmel sehen und frische Luft atmen. Wollte dieser nervtötende Kapitän eigentlich nie schlafen? In ihren Gedanken wurde er immer mehr zu einem Unhold, je mehr Zeit verging.
Charles besuchte sie mehrmals am Tag, um mit ihr Karten zu spielen, was die Langeweile ein wenig zerstreute. Aber er hatte noch keine Gelegenheit gefunden, zu der Kapitän Harris schlief und sie wach war. Es kam ihr fast vor, als würde der Kapitän von ihrem Vorhaben wissen und mit Absicht wach bleiben. Sie wusste, dass es albern war, so etwas überhaupt zu denken, aber vielleicht hinterließ diese hölzerne Kiste ohne frische Luft und Tageslicht doch langsam ihre Spuren bei ihr.
Sie ließ den Haferschleim von ihrem Löffel fallen und dachte, sogar ich könnte etwas Besseres kochen. Dennoch, obwohl sie noch nie eine Reise gemacht hatte, bei dem sie einen Ozean überquerte, wurde ihr bewusst, dass es vielleicht nichts anderes gab, was man kochen konnte.
Ihr gelüstete nach einem weichgekochten Ei, knusprigem Speck und frischen, warmen Scones, direkt aus dem Ofen. Sie warf den Löffel in die Schüssel - sie musste aufhören, sich selbst zu quälen. Eine weitere Erinnerung an Aidan stieg in ihr auf - sie hatte ihn an jenem Morgen vor langer Zeit heimlich getroffen, und er hatte ihr nicht nur gezeigt, wie man angelt, sondern auch, wie man den Fisch zubereitet.
„Jetzt nehmen Sie den Fisch bei den Kiemen, damit er sich nicht mehr bewegt, und entfernen vorsichtig den Haken.“
Sie starrte ihn ausdruckslos an.
„Nur zu“, ermutigte er sie.
Sie berührte mit einem zitternden Finger den Fisch, der daraufhin in alle Richtungen zuckte und zappelte, worauf hin sie erschrak.
Aidan lachte leise. „Ich werde es diesmal nicht für Sie tun.“
Anjou verzog frustriert ihr Gesicht, ergriff den Fisch und nahm ihn vom Haken, wie Aidan es ihr gezeigt hatte. Allerdings warf sie ihn danach so schnell wie sie nur konnte angeekelt auf den Boden.
„Immerhin ein Anfang“, sagte er amüsiert. „Jetzt müssen Sie ihn kochen.“
Er nahm einen der Fische, den er gefangen hatte, und zeigte ihr, wie sie ihn vorbereiten musste. Er gab ihr ein Messer und sie folgte seinem Beispiel, obwohl sich ihr Magen regelrecht umdrehte. Sie war entschlossen ihm zu zeigen, dass sie es konnte. Sie wollte nicht, dass er glaubte, sie sei ein Feigling.
Er legte den vorbereiteten Fisch in eine Pfanne und stapelte einige Äste, die er für ein Feuer gesammelt hatte. Er zog Schlagstahl und Zunder aus einem kleinen Beutel und zündete das Holz an. Es gab eine kleine blaue Rauchwolke, gefolgt von winzigen orangefarbenen Flammen, die am Zunder leckten.
„Wo haben Sie das alles gelernt?“, fragte sie.
„Von meinem Großvater. Er war Soldat und davon überzeugt, dass alle Männer wissen sollten, wie man allein zurechtkommt.“
„Ich nehme an, dass das für einen Soldaten wichtig zu wissen ist.“
„Vielleicht auch für die Frau eines Soldaten“, sagte er mit scheuem Lächeln.
Wie sanft und freundlich Aidan doch war. Nicht so ein brutaler Mann wie dieser Kapitän Harris! Wenn man es zusammenzählte, hatte sie weniger als zwei Wochen mit Aidan verbracht. Wie gut hatte sie den Mann, den sie geheiratet hatte, wirklich gekannt? Wie viele ihrer Gefühle waren ein Produkt ihrer eigenen Wünsche und Träume?
Mit ihrem jungen Herzen hatte sie sich nach ihm gesehnt, sie hatte Angst um ihn gehabt, ihn betrauert und beklagt, aber dennoch kannte sie ihn kaum. Würde sie ihn heutzutage überhaupt wiedererkennen?
Sie klammerte sich verzweifelt an die Erinnerungen, in denen sie beide noch Kinder waren - obwohl das auch nur wenige waren. Sie konnte sich nicht länger an sein Gesicht oder seinen Geruch erinnern, ohne dass sie ein Bild von ihm sah, oder seine vier Briefe.
Wie naiv sie doch gewesen war! In den vergangenen vier Jahren hatte sie die gehobene Gesellschaft mit Abstand betrachtet und ihr wurde bewusst, dass sie vollkommen ahnungslos war, als sie geheiratet hatten. Wie auch immer, wenn sie die Gelegenheit gehabt hätten, sich täglich zu sehen und kennenzulernen, hätten sie es zweifelsohne durchgestanden.
Aber wie würde es sein, wenn sie ihn fände? Hatte er sich bewusst dagegen entschieden, zu ihr zurückzukehren? Etwas tief in ihrem Herzen sagte ihr, dass er nicht tot war, was sie noch mehr fürchtete, als wenn er es wirklich wäre.
Hör auf damit, schimpfte sie mit sich selbst. Du kannst nicht deine eigenen Gedanken gegen ihn vergiften. Dennoch, sagte ihr Verstand, du kannst der Sache auch nicht unvorbereitet entgegentreten. Was, wenn er entstellt oder verkrüppelt ist? Er würde nicht wollen, dass sie ihn so sähe. Vielleicht beging sie einen Fehler, aber es würde nicht richtig sein. Nein, sie musste endlich Frieden in ihrem Herzen haben. Jetzt war es zu spät, um umzukehren - sie war bereits mitten auf dem Ozean.
Anjou war froh, dass niemand wusste, dass sie verheiratet war. Sie war nicht davon überzeugt, dass viele es verstehen würden, falls sie zurückkam und nicht Trauer tragen würde, wo sie doch bereits ihre ganze Jugend mit Tränen und Trauer verbracht hatte. Es war ein Kampf zwischen Schuld und der Qual, den Aufmerksamkeiten charmanter junger Männer zu widerstehen, die ansonsten eine passende Partie für sie wären, während sie sich gleichzeitig fragte, ob es nicht sinnlos sei. Ihre Eltern hatten ihr die Ehe erlaubt, als sie ihnen keine andere Wahl gelassen hatte. Aber sie hatten sie schnell dazu ermutigt, ihr Leben wie gehabt weiterzuführen, als das Kriegsministerium ihn als im Kampf gefallen erklärte; speziell nachdem drei Jahre vergangen waren, in denen es keine Hinweise darauf gab, dass er in Gefangenschaft war.
Es erschien ihr immer noch unwirklich. Einerseits kam sie sich vor wie in einem Märchen aus einem ihrer Tagträume. Andererseits fühlte es sich an, als würde sie immer noch darauf warten, dass er zu ihr zurückkäme.
„Sie ist wirklich stur. Irgendwann muss ich schlafen“, sagte Edward, ohne dabei jemanden direkt anzusprechen.
„Wer ist stur?“, fragte Charles, obwohl er die Antwort schon wusste.
„Wir hatten jetzt Haferbrei zu jeder Mahlzeit. Wenn das so weiter geht, haben wir alle Skorbut, bevor die Reise zu Ende ist.“
„Dann solltest du meine Schwester um Hilfe bitten, obwohl ich keine Ahnung, wie gut sie sich eignet.“
„Noch