Christine Metzger

Herzstücke in Oberbayern


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natürliche Farbe, die ist aus einer Baumrinde.« Zuschneiden, Nähen, Besticken mit Eichen- und Weinlaubblattmotiven – alles Handarbeit, wie er sie von seinem Vater gelernt hat. Nur das Leder kommt heute aus Neuseeland, aber ein bisschen Innovation darf ja sein im Land von Lederhose und Laptop.

      Lederhosen Stangassinger · Mo–Fr 8.30–12, 13–18, Sa 8.30–12 Uhr · Marktplatz 10 83471 Berchtesgaden · Tel. 08652/26 85 · www.lederhosenmacher.com

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       MARIABRUNN: HEILENDES WASSER, SÜFFIGES BIER

       »Ich will Dich in das kleine Dorf führen, wo die Geschichten spielen. Du bist schon dort gewesen oder doch daran vorbeigefahren, aber Du hast nicht Acht darauf gehabt. Denn wer die Gegend nur flüchtig sieht, mag sie wohl für reizlos halten«, schrieb Ludwig Thoma in seinem Erstlingswerk Agricola.

      Thoma lebte von 1894 bis 1897 in Dachau und verliebte sich in dieses sanft geschwungene Land und die Dörfer, »wo die Geschichten spielen«. Auch Mariabrunn hat viel zu erzählen, und die Schlosswirtschaft mit ihrem schattigen Biergarten ist der rechte Ort, um hineinzulauschen in die Vergangenheit. Der Duft von frischen Brezn, das Klirren der Bierkrüge, das süffige Mariabrunn Dunkel … Durst hatte auch der Waldarbeiter Georg Schlairböck. Den stillte er im Jahr 1662 an einer Quelle – und siehe da, das Bruchleiden, das ihn jahrelang gequält hatte, verschwand. Natürlich hatte Maria das heilende Wasser sprudeln lassen (wir sind in Bayern), und so entstand der Wallfahrtsort Mariabrunn. Das war die erste Geschichte.

      Die zweite beginnt mit Amalie Hohenester, Spross einer berüchtigten Familie. Räuberei und Wilderei lagen in den Genen, die Mutter war »Engelmacherin«. Die Tochter brachte keine Schande über die Familie, auch sie wurde mehrmals verhaftet. Von der Mutter erlernte Amalie die Kräuterheilkunde, doch als sie ihre eigene Praxis eröffnete, kam es wieder zur Anklage: Kurpfuscherei und Quacksalberei. Dahinter standen die Neider – die »Doktorbäuerin« war gut und verdiente gut. 1862 erwarb sie das Kurbad Mariabrunn und beugte weiteren Klagen vor, indem sie pro forma einen Arzt einstellte. Bald hatte sie auch Protektion: Zu ihren Patienten gehörten hochgestellte Persönlichkeiten aus ganz Europa, auch Kaiserin Sisi war da. Mit 50 Jahren war Amalie steinreich, aber auch schon tot. Ein trauriges Ende. Weitere Geschichten? Lassen Sie sich inspirieren. Von dem imposanten Taubenhaus im Gutshof oder der Kapelle, die sich im Besitz der Wirtsleute befindet. Hier wird gern geheiratet, und so eine Ehegeschichte kann ja auch ein Happy End haben.

      Schlosswirtschaft Mariabrunn · Mi–Fr 17–24, Sa, So 11–24 Uhr, Biergarten im Sommer ab 11 Uhr 85244 Mariabrunn · Tel. 08139/86 61 · www.schlosswirtschaft-mariabrunn.de

       DA WILL

       ICH HIN

       TRADITION, ÜBERRASCHENDES, MODERNES LEBEN

       19 München: Oberbayern ist eine Schäferin

       20 Neuried: eintreten oder austreten?

       21 Neuhausen: kein Killer, kein Opfer

       22 Wie der Masskrug seinen Deckel verlor

       23 Kirchseeon: das Fürchten lernen

       24 Ein großer kleiner Finger

       25 Schöngeising: Licht in allen Straßen

       26 Unterbrunn: Wo die Meisterdiebe wohnen

       27 Zugspitze: cool und kalt

       28 Schachen: oben, »weit, in der Türkei«

       29 Die Storchenwürde ist unantastbar

       30 Lenggries: Steine gab’s und wenig Brot

       31 Gmund: Papier für die Welt

       32 Hausham: Kunst und Kohle

       33 Bad Aibling: Historismus und Jugendstil

       34 Schloss Amerang: offen für alle

       35 Wasserburg: Sommerfrische fürs Bier

       36 Freilassing: Karussell für Lokomotiven

       37 Mühldorf: Skurriles für Jäger und Gejagte

       38 Wolnzach: Bier und Schokolade

       39 Hochfelln: in memoriam Loriot

       40 Hinterkaifeck: blutige Provinz

       41 Eine urbayerische Maschine

       42 Möckenlohe: der Bauer als Historiker

       43 Altmühltal: Lammabtrieb

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       MÜNCHEN: OBERBAYERN IST EINE SCHÄFERIN

       Herzeigen, was man hat. Heute ist ein ganzer Berufsstand