Vergänglichkeit unseres Lebens ist eine Tatsache. Es gibt Augenblicke, in denen sie uns plötzlich aufschreckt wie das grelle Licht eines Scheinwerfers eines Autos, das uns entgegenkommt. Das Lied der süddeutschen Band Gracetown fasst diese Tatsache in ergreifende Worte: „Seit tausend Jahren dreht sich unser Planet, und unser Leben dreht sich unaufhörlich mit. Und jeder Mensch hat sein Sonnensystem, in dem die Sterne und Kometen verglüh‘n. Was heute ist, ist morgen schon Vergangenheit, verschwindet, kaum erlebt, in Lichtgeschwindigkeit. Wir unterliegen dem Gesetz von Raum und Zeit und streben immer weiter nach Unendlichkeit … “
Das ist genau die Spannung, in der wir leben. Wir wissen es, wenn wir es auch oft verdrängen, dass wir vergänglich sind. Unser Leben ist begrenzt, eingeschlossen in Raum und Zeit, mit Anfang und Ende. Und doch: Etwas in uns lehnt sich dagegen auf. Wir können uns nicht abfinden mit dieser Unausweichlichkeit. In uns ruft etwas nach Unvergänglichkeit, nach Ewigkeit, nach einer anderen, unzerstörbaren Wirklichkeit.
Diese Sehnsucht läuft nicht ins Leere. Die offene Frage nach dem, was bleibt, findet ihre Antwort. Jedoch nicht in uns. Sondern in Gott: „Dem König aller Könige und Herrn aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat … “
Und wir? Die gute Nachricht ist, dass er, der ewige Gott, uns Anteil gibt an dem, was nur er allein besitzt. Er nimmt uns hinein in seine ewige, unerschütterliche Wirklichkeit. „Wer den Sohn – Jesus – hat, der hat das Leben.“ (1. Johannes 5, 12) Weil das stimmt, singen Christen auch an den Gräbern ihre Glaubenslieder gegen den Tod und die Vergänglichkeit. Deshalb stimmt auch Paulus ein Siegeslied an: „ … dem sei Ehre und ewige Macht!“ Wer bleibt, wenn keiner bleibt? Es ist Jesus, der Auferstandene. Und alle, die ihr Leben mit ihm verbinden, in Zeit und Ewigkeit.
18. FEBRUAR
Sind Sie auch ein Gotteskind?
Gottes Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind.
RÖMER 8, 16
Es war während meiner Studentenzeit. Ich fuhr mit dem Zug von Köln nach Gießen. In Wetzlar stieg eine ältere Dame ein, die offenbar fast blind war. Also half ich ihr, einen Sitzplatz zu finden. Kaum hatten wir uns in dem vollen Abteil hingesetzt, drehte sie sich zu mir und fragte: „Und Sie, junger Mann, sind Sie auch ein Gotteskind?“ Natürlich nahm ich allen Mut zusammen und stammelte irgendetwas wie: „Ja, und ich studiere auch Theologie … “ Warum war mir die Frage peinlich? Ich hätte doch ganz fröhlich und unbekümmert sagen können: „Ja, natürlich, und das ist die beste Sache in meinem Leben! Ja, ich bin ein Gotteskind!“
Die Frage nach der Heilsgewissheit ist zum Randthema geworden. Und doch stand sie bei allen geistlichen Erneuerungsbewegungen im Zentrum. Es war die Erfahrung der Heilsgewissheit, die Martin Luther dazu befähigte, die freie, unverdiente Gnade Gottes als Grundlage unserer Gewissheit zu verkündigen. Paul Gerhardt dichtete seine Lieder inmitten der Nöte des Dreißigjährigen Krieges in dem Bewusstsein, bei Gott geborgen und seines Heils gewiss zu sein. Die britische Erweckungsbewegung im 18. Jahrhundert nahm ihren Anstoß in der Erfahrung, dass Gottes Geist uns bezeugt: Du bist ein Kind Gottes!
Heilsgewissheit wurzelt nach biblischem Verständnis immer in Gott, nicht in uns selbst. Nicht was ich oder du getan haben, sondern was Christus für uns getan hat, ist Wurzelgrund unseres Christseins. So sagt es auch Paulus in seinem Hohelied der Gewissheit: „Ist Gott für uns, wer kann dann wider uns sein?“ (Römer 8, 31)
Diese Gewissheit entstammt nicht unseren religiösen Erfahrungen oder frommen Leistungen. Nein, sie wurzelt in dem, was Gott durch Jesus getan hat. Seine Liebe ist es, die uns trägt. Seine Kraft ist es, die uns erhält. Seine Treue ist es, die uns zum Ziel bringt. Sein Geist selbst besiegelt es in uns: Wir dürfen Kinder Gottes sein!
19. FEBRUAR
Weitergeben
Erzählt unter den Nationen von seiner Herrlichkeit und unter allen Völkern von seinen Wundertaten!
PSALM 96, 3
Ein Freund hatte ein inneres geistliches Bild: Einen Stausee, bis an den Rand gefüllt mit Wasser. Er drohte überzulaufen und so die Staumauer und alles Land dahinter zu zerstören. Das Wort, das sich mit dem Bild verband, war: Öffnet die Schleusen! Lasst das Wasser kanalisiert abfließen! So bringt es Nutzen, wo immer es hingelangt.
Dieses Bild zeigt den Schlüssel für geistliche Lebendigkeit: Weiterzugeben, was wir bekommen haben. Nur so kann man verhindern, dass das Wasser abgestanden und schal wird. Mit anderen Worten: Wir sollen von dem weitersagen, was Gott uns geschenkt hat. Aber wie können wir das lernen, ganz praktisch?
Beim Weitersagen und Miteinanderteilen ist der erste Schritt, selbst zu erkennen, was Gott uns gegeben hat. Hier kann ein Tagebuch helfen, in dem wir festhalten, was uns an Wirken Gottes, an Führungen und Wundern in unserem Leben begegnet.
Dann ist der zweite Schritt nicht mehr weit: Weitersagen, was uns wichtig geworden ist. Wenn wir es zunächst wieder lernen, in unseren Begegnungen in der Familie, dem Hauskreis oder der Gemeinde unsere Erfahrungen mit Gott in Worte zu fassen, werden wir anschließend auch wieder sprachfähig für die Menschen in unserer Umgebung, die noch nicht entdeckt haben, dass Gott für sie eine persönliche Gottesgeschichte bereit hält.
Aber Vorsicht: Wir sollten nicht nur die positiven Dinge, die Erfolge und Gebetserhörungen weitererzählen. Wir dürfen auch die Zeiten erwähnen, wo wir Rückschritte erlebt, Fehler gemacht haben und eine Heilung oder Veränderung bislang ausgeblieben ist. So wird unsere Geschichte echt und nachvollziehbar.
Wenn wir die persönliche Gottesgeschichte unseres Lebens neu entdecken, wird unser Herz erfüllt von Dankbarkeit und unser Mund frei, anderen von Gottes Liebe und von seinem Handeln in unserem Leben zu erzählen.
20. FEBRUAR
Freundschaft leben
Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde.
JOHANNES 15, 15
Freundschaft leben. Das ist ein Traum! Freundschaft. Das Wort erscheint wie eine Postkarte aus einem fernen Land. Dort möchte ich sein! Dort möchte ich entspannen, aufatmen, aufleben. In dieser Landschaft könnte ich mich einfach fallen lassen.
Freundschaft. Dieses Wort ist auch ein Leitbild, ein Idealentwurf. So möchte ich leben, so möchte ich sein. Ich möchte Anteilnahme, Aufmerksamkeit und Freundschaft schenken. Ich möchte ein Freund sein für meine Nächsten, meine Mitarbeiter, meine Nachbarn, ja, eigentlich für alle.
Doch dann merke ich, dass ich an Grenzen komme. Meine Vorsätze tragen nicht. Ich scheitere an meinen eigenen Zielen. Es ist eine Selbstüberschätzung zu meinen, dass es nur mein gutes Wollen braucht, um Freund zu sein und Freundschaft zu leben. Freundlichkeit, die Voraussetzung für Freundschaft, ist nicht immer abrufbar, weder bei mir noch bei meinem Gegenüber. Am Ende von gemeinsamen Wegen kann, allem guten Willen und allen Bemühungen zum Trotz, auch das Gegenteil stehen: Zerbrochene Beziehungen, Unverständnis, Traurigkeit und offene Fragen.
„Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde.“ Diese Aussage von Jesus zeigt einen anderen Weg. Sie steht quer gegen alle eigenen Versuche, Freundschaft zu leben. Ich merke: Hier bin nicht mehr ich im Zentrum, und auch nicht der andere Mensch, der Nächste, sondern Jesus. In seiner Autorität nennt er uns seine Freunde.
Was er sagt, wird Wirklichkeit. Jesusjünger sind nicht Knechte, sondern seine Freunde. Sie sind nicht mehr abhängig von Lob und Tadel, von Lohn und Leistung: „Ich nenne euch Freunde. Ihr dürft mir nahe sein. Nicht, weil ihr etwas Besonderes getan habt, sondern weil ich Ja zu euch sage.“
Freundschaft mit dem, dessen Liebe keine Grenzen kennt. Wenn das stimmt, Jesus, dass du wirklich so unser Freund, ja auch mein Freund bist, dann … kann ich einfach Danke sagen und lernen, als Freund zu leben.
21.