Roland Werner

366 mal Hoffnung


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Willen, ihm zu gehorchen und unser Verhalten von Güte und Demut prägen zu lassen: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was der HERR von dir fordert … “

      Was machen wir mit Gottes Forderungen, mit der Erwartung, die er an seine Leute hat? An der Antwort auf diese Frage entscheidet sich, ob unser Glaube echt ist und unser Leben seine Gerechtigkeit, Freundlichkeit und Güte widerspiegelt.

       Hier und heute himmlisch leben

       Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.

      1. JOHANNES 4, 21

      Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten gehören zusammen. Daran erinnert Johannes und beruft sich dabei auf Jesus: „Dieses Gebot haben wir von ihm … “ Es stimmt: Jesus hat seinen Jüngern deutlich gesagt, dass dies ihre Aufgabe ist. Noch am letzten Abend vor seiner Hinrichtung wusch er ihnen die Füße und sagte: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.“ (Johannes 13, 15) Glaube und praktische Liebe, Vertrauen auf Gott und Dienst für den Nächsten gehören zusammen.

      Selbstverständlich ist das nicht für uns. Tief in der westlichen Kultur ist die Trennung zwischen Glauben und Leben verankert. Wir sehen unseren Glauben als Privatsache an. Doch Glaube ist immer eine Gemeinschaftssache. Zur Gottesliebe gehört die Nächstenliebe.

      Gott ist Liebe! In diesem Satz bündelt sich die ganze biblische Offenbarung: Gott ist Liebe. Ganz und gar und uneingeschränkt. Gott ist von Ewigkeit her Liebe, unverbrüchlich und treu. In der Liebe sind Vater, Sohn und Heiliger Geist untrennbar und unteilbar verbunden. Das ist das Geheimnis der Dreieinheit Gottes.

      Es ist unglaublich, aber wahr: Wir sollen eintreten in diese ewige Beziehung der Liebe. Nein, wir werden nicht zu Gott. Die Unterscheidung bleibt, da ist ein Abstand, der nicht überwunden wird. Aber wir können etwas widerspiegeln vom Wesen Gottes, das Liebe ist. Das tun wir, indem wir einander in Liebe begegnen.

      Das bedeutet nicht, dass Christen keine Konflikte untereinander erleben. Auch Jesus hat nicht zu allem, was seine Jünger taten, Ja und Amen gesagt. Liebe kann auch konfrontativ sein. Dennoch bleibt die Frage, ob wir uns auch bei Meinungsverschiedenheiten um Liebe bemühen und unser Handeln danach ausrichten. Dann können wir schon hier und jetzt ein Stück Himmel auf der Erde erleben. Denn die Liebe ist die einzige Währung, die Bestand hat, in Zeit und Ewigkeit.

       Leben im Licht

       Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.

      1. JOHANNES 1, 7 - 9

      Wahre Gemeinschaft mit Gott und untereinander entsteht nur, wenn wir heraustreten aus der Ecke, in die wir uns allzu oft zurückziehen. Wenn wir es wagen, in das Licht zu treten, weil Gott Licht ist. Ins Licht treten heißt ehrlich werden – vor uns selbst und vor den anderen. Das wagen wir nur, wenn wir tief im Herzen verstanden haben, dass Gott uns liebt, wirklich und persönlich und unbegrenzt, trotz unserer Fehler und unseres Versagens. Sein Licht ist nicht das Neonlicht einer ungemütlichen Amtsstube, sondern das wärmende Licht des Kaminfeuers, wo wir ganz zu Hause sein können und ganz geborgen sind.

      Das ist das Ziel unserer Gemeinschaft mit Gott und untereinander: „Und das schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen sei.“ (1. Johannes 1, 4) Vollkommene, selbstvergessene Freude, wie bei einem großen Fest. Gemeinschaft mit Gott – das ist das Fest der Versöhnung, das Fest der Wiedereinsetzung als Söhne und Töchter. Es ist das Fest der Heimgekehrten, das Fest der Abgebrannten, die nichts zu bringen haben als sich selbst. Und die alles geschenkt bekommen. Die Vergebung und Annahme erleben, gerade, weil sie Sünder sind.

      So öffnet das Eingeständnis unserer Schuld die Tür zu echter Gemeinschaft. Das kann direkt vor Gott geschehen. Aber tiefe Gemeinschaft zwischen Menschen entsteht, wenn wir es auch wagen, ins Licht vor andere zu treten und voreinander unsere Schuld zu bekennen.

      Die Aussage am Anfang des ersten Johannesbriefs ist kein Gesetz und auch keine geistliche Leistung. In Wirklichkeit ist sie eine Einladung, ausgesprochen von einem, der selbst in das Licht Gottes getreten ist. Und der deshalb durchgebrochen ist zu echter und bleibender Gemeinschaft.

       Das Geschenk der Beichte

       Bekennt einander eure Sünden!

      JAKOBUS 5, 16

      Zum Leben im Licht, zum Leben des Christen in der Gemeinschaft, gehört die Beichte grundlegend dazu. Beichte bedeutet, dass ich ins Licht trete und Gott alles sage und benenne, was in mir ist. Mit Beichte ist kein Ritual gemeint, sondern, dass ich endlich schonungslos offen und ehrlich werden kann.

      Beichte heißt, dass ich meine Sünden Gott in Anwesenheit eines anderen Christen bekenne. Und dass dieser Mitchrist mir die Vergebung zuspricht, die Gott uns in Jesus schenkt. Wichtig ist dabei: Nicht der andere vergibt die Sünden, sondern Gott hat sie schon vergeben. Aber der andere spricht mir zu, dass das auch für mich gilt. Der Zuspruch der Vergebung durch einen anderen kann in uns die Gewissheit der Vergebung stärken. So betont es Dietrich Bonhoeffer in seinem Buch „Gemeinsames Leben“: „Wie das Bekenntnis meiner Sünde dort vor dem Selbstbetrug entzogen wird, wo es vor dem Bruder geschieht, so ist auch die Zusage der Vergebung mir erst dort ganz gewiss, wo sie der Bruder mir im Auftrag und im Namen Gottes zuspricht.“

      In der Beichte begegnen sich Sünder. Der, der die Beichte hört, steht nicht über dem, der seine Sünden bekennt. Aber er spricht dem anderen zu, dass Gott gern Sünden vergibt – aufgrund dessen, was Jesus getan hat. Gemeinsam mit dem, der seine Schuld bekennt, kommt er zum Kreuz und spricht ihm zu, was Johannes der Täufer über Jesus sagte: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ (Johannes 1, 29). Er zeigt dem anderen das Kreuz.

      Die Erfahrung der Beichte ermöglicht neue, echte, tiefe Gemeinschaft. Wer es wagt, sich vor einem anderen zu öffnen und seine Schuld offen auszusprechen, geht einen Schritt in Richtung Freiheit.

      „Bekennt einander eure Sünden!“ Wenn wir das tun, erfahren wir in der Tiefe, was das Kreuz bedeutet. Die ausgebreiteten Arme des angenagelten Jesus schaffen den weiten Raum, in dem wir Vergebung, Heilung und Versöhnung finden.

       Leben in der Gemeinschaft der Heiligen

       Denn auch der Leib ist nicht „ein“ Glied, sondern viele.

      1. KORINTHER 12, 14

      „Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen.“ So lautet ein Satz aus dem apostolischen Glaubensbekenntnis. Doch wo können wir „Gemeinschaft der Heiligen“ erleben? Was bedeutet das praktisch?

      Ein Blick auf die Herkunft des Wortes kann uns weiterhelfen: „Gemeinschaft“ ist die Übersetzung des griechischen Wortes koinonia. Und das bedeutet eigentlich Tischgemeinschaft, also das Miteinander im Haus, im Alltag, das Mitteilen und Anteilgeben, der Austausch von Menschen, die zusammengehören.

      „Heilige“ andererseits sind im Neuen Testament schlicht und einfach die Menschen, die zu Jesus gehören, die sich seiner Führung anvertraut haben und dadurch „heilig“ sind. Sie sind nicht „heilig“ in sich selbst. „Heilig“ ist keine Eigenschaft, sondern bezeichnet die Zugehörigkeit. So sind „Heilige“ Menschen wie du und ich – mit der besonderen Eigenschaft allerdings, dass sie Jesus gehören. Das gilt für alle Christen, auch die Leute aus der etwas komischen Gemeinde um die Ecke.

      Jetzt merke ich, wie dieser Begriff mir näher kommt, ja fast ungemütlich auf die Haut rückt. Denn das zu leben – Gemeinschaft der Heiligen – bedeutet dann doch: Ich bin aufgefordert zum Austausch mit anderen Christen, zur Anteilnahme