Roland Werner

366 mal Hoffnung


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der „Odem“ schnell ausgeht? Das kenne ich nur zu gut. Wir wohnen in Marburg in der Oberstadt, die, wie der Name schon sagt, oben liegt. Das heißt Bergsteigen, einfach, um nach Hause zu kommen. Und es heißt auch, dass ich öfter außer Atem komme. Erschreckend, aber wahr.

      Das bringt es so mit sich, wenn man als Mann im mittleren Alter vor allem geistige Arbeit macht. Die trainiert vielleicht die Gehirnmuskeln, aber nicht so sehr die sonstigen. Arbeitskreise, Vorstände, Ausschüsse, überall wird gesessen. Auch in Gebetskreisen und Andachten. Und nicht zuletzt im Gottesdienst. Wir sitzen und sitzen und sitzen. Das Sitzen scheint des Christen liebste Haltung zu sein.

      Für das Sitzen lässt sich natürlich auch eine gute biblische Begründung finden. Schließlich saß auch Maria, die Schwester von Marta und Lazarus, zu den Füßen von Jesus. Und als Marta ihr Beine machen wollte, nahm Jesus Maria in Schutz (Lukas 10, 38 - 42). Er erlaubte ihr, zu seinen Füßen zu sitzen, wie die anderen Jünger, und von ihm zu lernen. Jesus bestätigte damit, dass Maria gleichwertig war, genauso wichtig und fähig zum Lehren wie die Männer, die er berufen hatte.

      Was Jesus aber sicher nicht wollte, war, eine bewegungsfeindliche Sitzkultur zu rechtfertigen. Manche Christen meinen ja, dass es auf den Körper nicht so sehr ankommt wie auf den Geist und die Seele. Doch Gott hat uns als ganze Menschen geschaffen, mit Körper, Geist und Seele. Alles, was wir sind und haben, soll Gott loben. Leib, Seele und Geist sollen geheiligt, also in den Dienst Gottes gestellt werden. Also: „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!“ Bewegung, Klatschen und Tanzen als Ausdruck des Gotteslobes sind also nicht nur erlaubt, sondern ganz im Sinne dessen, der den Menschen geschaffen hat, mit Körper, Seele und Geist. Und: Es macht auch noch Spaß und Freude! Und die sind auch nicht verboten.

       Verantwortung für die Zukunft übernehmen

       Das, was du von mir gehört hast vor vielen Zeugen, das übergib du wiederum anderen zuverlässigen Menschen, die dann auch in der Lage sein werden, andere zu unterrichten.

      2. TIMOTHEUS 2, 2

      Wie kann die christliche Gemeinde über Generationen lebendig bleiben? Wie kann der Glaube durch die Zeiten hindurch weitergegeben werden? Das war von Anfang an eine wichtige Frage.

      Jede Lebensphase bringt neue Verantwortung und neue Chancen mit sich. Wenn wir älter werden, sollen wir das, was wir empfangen haben an Einsicht, an Wissen, an Erfahrung, an die nächste Generation weitergeben. Je früher wir damit anfangen, umso besser.

      Paulus ist am Ende seines Lebens. In seinem Abschiedsbrief an Timotheus will er ihm den Blick für diese Aufgabe schärfen. Das, was Paulus Timotheus anvertraut hat, soll dieser an vertrauenswürdige Menschen weitergeben, die wiederum die nächste Generation unterrichten können. In diesem Satz ist die Weitergabe der Botschaft von Jesus über vier Generationen beschrieben.

      Diese Generationenweitergabe des Glaubens ist auch heute noch ein Gebot der Stunde. Hier hakt es häufig. Viele Christen haben in ihrer Jugend das Evangelium für sich angenommen. Sie kennen die Bibel und haben verstanden, wer Jesus ist und was er für ihr Leben bedeutet. Doch dabei bleibt es. Sie haben viel empfangen, schaffen es jedoch nicht, diesen Schatz an die nächste Generation weiterzugeben.

      Doch das ist auch für uns ein Teil unserer Berufung. Wir haben eine Verantwortung für die junge Generation. Wir sollen Jüngere ermutigen, sie, wenn nötig, auch liebevoll korrigieren, sie unterstützen und freisetzen, damit sie ihrerseits zu starken und reifen Nachfolgern von Jesus werden.

      Sind wir bereit, so in die Sache Gottes in der Zukunft zu investieren? Sind wir bereit, das, was wir empfangen haben, auch weiterzugeben? Dass das nötig ist, macht uns Paulus eindrücklich deutlich. Wir alle haben Verantwortung für die Zukunft.

       Salz und Licht

       Ihr seid unglaublich wichtig für die Welt, genauso unverzichtbar wie Salz … Ihr seid unendlich wichtig! Genau wie das Licht, das die Welt erleuchtet.

      MATTHÄUS 5, 13 - 14

      Das ist eine gewaltige Zusage von Jesus. Sie könnte uns zu einem überzogenen Selbstbewusstsein verleiten. Es könnte glatt dazu verleiten, die Hände in den Schoß zu legen und unsere missionarische Aufgabe zu vernachlässigen. Schließlich können wir als „Licht der Welt“ einfach darauf warten, dass die anderen unser Licht sehen!

      Diese Einstellung ist gar nicht so selten. Häufig hört man diese Meinung. Das klingt dann so: „Wir sollen nicht so viel von Jesus reden, sondern lieber so leben, dass wir gefragt werden.“ Und dann nicken viele Häupter zustimmend. Dieser Satz wird übrigens meist Franz von Assisi zugeschrieben.

      Ob er das wirklich so gesagt hat? Und stimmt das eigentlich? Wer hat das schon einmal erlebt? Ich jedenfalls nicht. Wer will schon sagen, dass er so überzeugend, christlich, jesus-mäßig lebt, dass die Leute ihn erstaunt fragen, wie man solch einen ungewöhnlich heiligen Charakter entwickeln kann? Ich halte dies für eine Fiktion, für eine sehr fromm daherkommende Ausrede für unseren mangelnden missionarischen Eifer.

      Es bleibt dabei: Die Menschen in unserem Land werden nur dann eine Chance haben, von Jesus zu hören, wenn wir Jesusjünger ihnen von ihm erzählen.

      Hoffnung für das Leben des Einzelnen, für die Zukunft der Kirchen insgesamt und auch für das soziale Miteinander in unserer Gesellschaft erwächst aus dem Zeugnis des Glaubens.

      Wenn wir dieser Herausforderung ausweichen, mit welchen Argumenten auch immer, dann könnte dies der erste Schritt sein auf dem Weg in eine Gesellschaft, in der es zwar eine christliche Geschichte, aber keine christliche Zukunft mehr gibt.

       Missionsorientierte Gemeinde?!

       Als sie Gott den Herrn anbeteten und dabei fasteten, sprach der heilige Gottesgeist zu ihnen: „Stellt mir Barnabas und Saulus ganz zur Verfügung für die Aufgabe, in die ich sie hineingerufen habe!“ Dann fasteten und beteten sie, legten die Hände auf sie und schickten sie los.

      APOSTELGESCHICHTE 13, 3

      Wir werfen einen Blick in das erste Jahrzehnt der Christenheit. Es brauchte ein deutliches Reden des Heiligen Geistes, bis die Gemeinde in Antiochien sich die Weltmission auf die Fahnen schrieb. Durch eine Verfolgungswelle waren Jesusjünger aus Judäa und Galiläa hierhingekommen. So hatte sich eine Gemeinde aus Juden und Nichtjuden gebildet, eine Gemeinde mit multikulturellem und multiethnischem Hintergrund. Auch die Gemeindeleitung bestand aus einem bunten Team. Da waren Barnabas, der aus Zypern stammte, der schwarzafrikanische Simeon, Lucius aus Nordafrika, dann noch Manahen, ein Mann aus der judäischen Oberschicht, und Saulus, der ehemalige Rabbiner.

      Als diese unterschiedlichen Männer gemeinsam beteten und fasteten, gab der Geist Gottes einen klaren Auftrag: „Stellt mir Barnabas und Saulus ganz zur Verfügung für die Aufgabe, in die ich sie hineingerufen habe!“

      Dieses Gebetstreffen war der Startschuss für die organisierte Weltmission der Kirche. Barnabas und Paulus wurden auf ihre erste Missionsreise ausgesandt. Immer wieder kehrten sie nach Antiochien zurück, um dort zu berichten. Immer neu wurden sie ausgesandt, um die gute Nachricht in immer neue Regionen zu tragen. Die Gemeinde in Antiochia hatte Weltmission auf ihre Tagesordnung gesetzt.

      Gemeinde und Mission – dieses Verhältnis ist bis heute eine spannende Sache. Ohne Mission entsteht keine Gemeinde. Und eine Kirche, die ihren Auftrag zur Mission nicht wahrnimmt, ist auf Dauer nicht lebensfähig. Der Geist Gottes ist ein missionarischer Geist. Er will uns auch heute dazu bewegen, die schützenden Grenzen unserer Gemeinden zu überschreiten und den Menschen Gottes Liebe in Jesus weiterzusagen.

       Wer bleibt, wenn keiner bleibt?

       Dem König aller Könige und Herrn aller Herren, der allein