Marcel Zischg

Der verlassene Rummelplatz


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      Marcel Zischg

       DER VERLASSENE RUMMELPLATZ

      Erzählungen

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2016

      Marcel Zischg wurde 1988 in Meran geboren. Nach dem Besuch der Handelsoberschule Franz Kafka in Meran studierte er Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft in Innsbruck. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Marcel Zischg lebt als Freier Autor in Naturns (Südtirol). Er schreibt vorwiegend Kurzgeschichten und Märchen für und über Kinder.

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

       Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

       detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Handlung und alle handelnden Personen dieses Buches sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen wäre rein zufällig.

      Lektorat Dallmann

      Dipl.-Ing. Jonas-Philipp Dallmann

      Schollenhof 20

      D-13509 Berlin

      (030) 3384 1414

       [email protected]

      Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte bei Marcel Zischg

      Titelillustration © Jonas-Philipp Dallmann

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

      1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

       www.engelsdorfer-verlag.de

       Für Constanze John

       INHALT

       Cover

       Titel

       Zum Autor

       Impressum

       Widmung

       Das Karussell

       Grüne Haare

       Schattenturmgeschichte

       Der Käfig von Herrn G

       Der Hund

       Die böse Marie

       Spielzeugpistole

       Bin ich schuld?

       Der Junge

       Leo und Diego

       Der Riese

       Der kleine Raum

       Der verlassene Rummelplatz

      »Warum hat Papa uns verlassen?«, fragte die zehnjährige Lisa ihre Mutter.

      Lisa hat immer wieder gehört, ihr Vater ist tot. Heute hat eine Schulfreundin ihr versichert, dass er überfahren worden sei. Das hat Lisa veranlasst, ihre Mutter danach zu fragen. Aber die sagte wie immer nichts, schickte Lisa und ihren Bruder Tobias ins Bett und wollte nur in Ruhe gelassen werden. Tobias wollte auch nicht über seinen Vater sprechen. »Wenn er uns wirklich verlassen hat, wie Mama sagt, dann soll er auch fortbleiben.«

      Die Mutter legte sich ins Bett und dachte nach. Die Kinder wussten es nicht. Es gab auf dem Friedhof nicht einmal ein Grab ihres Vaters, weil er in einem weit entfernten Dorf ruhte, im Grab seiner Eltern, die schon vor Tobias’ Geburt gestorben waren. Tobias und Lisa waren noch nie in dem Dorf ihrer Großeltern gewesen.

      Als die Mutter endlich einschlief, träumte sie einen Traum, den sie schon öfter geträumt hatte: den Traum von dem Karussell. In ihrem Traum war sie nicht sie selbst, sondern Lisa, ihre Tochter. Dann fühlte sie sich wie ein zehnjähriges Mädchen, das jemandem von seinem Traum erzählte.

      Der Tag war warm. Mama schickte uns hinaus zum Spielen, wir hatten Sommerferien, Tobias und ich. Mein großer Bruder war zwölf, ich elf. Wir trabten über die Straße von unserem Haus weg. Mama rief uns aus dem Fenster hinterher: »Bleibt nicht zu lange weg!«

      Wir wussten aber, dass wir bis zum Abend fortbleiben durften, weil wir Mama bei der Hausarbeit im Weg waren, sie in der Fabrik heute Nachtschicht hatte und es noch nicht dunkel war, wenn sie losgehen würde. Außerdem führte ihr Weg zur Fabrik am Spielplatz vorbei.

      Tobias hielt seinen Fußball in der Hand. Er war einen Kopf größer als ich und hatte strohblondes Haar und weiße Zähne, weil er ein Junge war, der seine Zähne sorgfältig putzte, anders als ich. Er war ein guter Schüler, in allen Fächern Einser und Zweier. Als wir durch Sonne und Schatten unter den Ahornbäumen zum Spielplatz gingen, lächelte er ein Sommerferienlächeln. Daran kann ich mich noch erinnern, an das Lächeln vor dem Spielplatz, vor dem Karussell.

      »Morgen hast du Geburtstag, Lisa«, sagte er verheißungsvoll, was wünscht du dir?«

      »Keine Ahnung«, sagte ich. »Wenn wir zusammen auf den Spielplatz gehen, reicht mir das.«

      Es war ein kleiner Spielplatz: eine kurze Rutschbahn, eine Schaukel, ein Sandkasten und ein Karussell. Aber es war unser Spielplatz. Im Traum hatten wir den ganzen Spielplatz für uns, und wir wollten zwischen Rutschbahn, Schaukel, Sandkasten und Karussell Fußball spielen.

      Plötzlich kam ein merkwürdiger Junge auf uns zu. Er sah Tobias ähnlich: Er war gleich groß, hatte dieselbe Haarfarbe, dieselbe Frisur, dieselben graublauen Augen und sogar ähnliche Gesichtszüge. Nur ein Muttermal trug er an seinem Hals, das hatte Tobias nicht. Auch er hielt einen Fußball in seiner Hand und forderte meinen Bruder und mich heraus: »Spielen wir zusammen?«

      Irgendwie störte mich der Junge. Ich hatte mit meinem Bruder allein spielen wollen. Es dauerte auch gar nicht lange, bis ich aufgab,