Anna Malou

Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus


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versorgt mich mit einem Plan des Ortskerns und schickt mich in die richtige Richtung zur alten Kirche. Dort will ich mir meinen Pilgerstempel abholen. Ich laufe durch Ausläufer des kleinen Ortes auf einem unbefestigten Weg an einem Maisfeld entlang, dessen Pflanzen eine Größe von gut drei Metern haben. In diesem Dschungel fühle ich mich etwas einsam und fast erscheint mir der Weg unheimlich, obwohl es hell ist.

      Auf einmal sehe ich schon von weitem die „Fortaleza de Sagres“, die alte Festung, die auf einem Felsplateau hoch über dem Meer thront, umgeben von einer weißen Mauer. Auch auf dem Weg dorthin und beim ca. drei Kilometer langen Rundgang um das riesige Areal ergeben sich immer wieder wundervolle Ausblicke auf das durch die Sonne schillernde Meer. Auch wenn nur noch ein paar Gebäude auf diesem riesigen Hochplateau erhalten sind, ist das Ausmaß dieser Anlage gigantisch.

      Im Zentrum der Anlage entdecke ich den ehemaligen Brunnen und gar nicht weit davon entfernt den Platz, wo offensichtlich die Toten nach den Gefechten verbrannt wurden. Beim Rundgang fasziniert mich sehr der mit weißlichen, unterschiedlich großen Platten gepflasterte Rundweg. Es ist schon erstaunlich, dass diese Pflasterung über Jahrhunderte in einem derartig guten Zustand erhalten geblieben ist. Als ich jedoch an der kleinen Kirche vorbeikomme, muss ich feststellen, dass die Tür zwar geöffnet ist und einen Einblick in das Innere gestattet, dass jedoch ein Gitter davor gestellt wurde, weil zurzeit Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Also gibt es wieder keinen Pilgerstempel für mich und meinen Pilgerpass.

      Beim Herausgehen aus der Anlage frage ich zwar noch einmal an der Kasse, an der ich beim Hereingehen 1,50 Euro Eintritt gezahlt habe, nach einem Stempel. Jedoch kann man mir dort nicht weiterhelfen.

      So laufe ich zurück zur Bushaltestelle und frage noch einmal in der gegenüber liegenden Touristeninformation, bei der ich schließlich meinen heutigen Pilgerstempel erhalte.

      Als ich nun an der Bushaltestelle auf meinen Bus zurück warte und auf der Bank Platz genommen habe, kommt eine sympathische Frau mittleren Alters auf mich zu und spricht mich auf Deutsch an: „Hallo, sind wir uns nicht vorhin schon am Cabo San Vincente begegnet?“ – „Ja, richtig, Sie sind mir dort auch schon aufgefallen. Reisen Sie auch allein?“ – „Ja, ich bin mit einer Reisegruppe in einem Hotel in der Nähe von Lagos. Aber ich fühle mich ziemlich einsam, denn in meinem Hotel sind nur Pärchen und Familien. Wahrscheinlich habe ich das falsche Hotel gewählt. Ich bin einfach kurz entschlossen noch einmal für eine Woche in den Süden geflogen.“ Als ich ihr daraufhin erzähle, dass ich vorhabe, sechs Wochen alleine herumzureisen, staunt sie, da sie bereits nach drei Tagen früher abreisen will, weil sie sich einsam fühlt. Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile miteinander und sie erzählt mir, dass sie aus Göttingen stammt. Schließlich kommt unser Bus, der uns beide nach Lagos bringen soll. Da meine neue Bekannte vier Kilometer vor Lagos aussteigen will, überlegt sie, ob sie bis Lagos fahren muss, um dann wieder mit einem anderen Bus zurückzufahren. Schließlich tut sie das, was sie bei den anderen Fahrgästen beobachtet hat: Sie drückt auf den Klingelknopf über ihrem Sitz, der ein Surren von sich gibt, und wirklich, der Fahrer fährt die nächste Haltemöglichkeit an und meine Bekannte kann aussteigen. Wir wünschen uns gegenseitig noch eine schöne Reisezeit und verabschieden uns voneinander.

      Der Bus bringt mich schließlich zurück nach Lagos, wo ich den Abend in Ruhe ausklingen lasse. Nun brauche ich erst einmal Zeit, um all die neuen Eindrücke zu verarbeiten.

      Auch heute kann ich noch einmal ganz entspannt auf meinem Balkon frühstücken. Da ich mir gestern Vollkornbrötchen besorgt habe, ist mein Frühstück fast wie zu Hause und ich genieße die vertraute, zurückgezogene Atmosphäre. Es ist einfach schön, ohne so viele verschiedene fremde Menschen den eigenen Weg gehen zu können. Ich genieße mein Vollkornfrühstück, zumal hier in Portugal, so wie ich es vom letzten Jahr in Spanien gewohnt bin, fast ausschließlich weißes Brot verkauft wird. So sitze ich entspannt auf „meinem“ Balkon, beobachte die Leute und fühle mich nur wohl. Schön! Auf den Straßen unter mir herrscht inzwischen reges Treiben, die Menschen gehen einkaufen, halten mit dem Nachbarn ein Schwätzchen und dazwischen manövriert sich immer wieder mal vorsichtig ein Auto hindurch. Die Gassen sind hier so schmal, so dass sie eigentlich überhaupt nicht für den Autoverkehr ausgelegt sind. In den Altstadtbereichen wird das Auto zwar geduldet, aber nicht hofiert. Für mich ist auffällig, dass um diese Zeit keine Kinder auf den Straßen zu sehen sind. Offensichtlich befinden diese sich am Vormittag in der Schule. So trubelt das Leben vor meinen Blicken und ich fühle mich beim Zuschauen wie vor dem Fernseher, nur dass dieses hier das reale Leben ist.

      Nach meinem Frühstück muss ich das erste Mal hier in Portugal von der Bank Geld holen, was sich als gar nicht so einfach erweist, da ich zwar eine Bank finde, wo ich jedoch, als ich den innen liegenden Automaten benutzen will, die Meldung erhalte – keine geeignete Karte – so in etwa soll es wohl ins Deutsche übersetzt heißen. Etwas verunsichert gehe ich nun zum Schalter, warte endlos, bis ich an der Reihe bin und frage auf Englisch. Zuerst erklärt mir der Bankangestellte, dass ich zwanzig Kilometer weiterfahren müsste, bis er mich dann endlich versteht. Der EC-, Visa- usw. Automat befindet sich draußen an der Straße und nicht in der Bank. So gehe ich nach draußen und hier gelingt mir mein Ansinnen problemlos, jedoch liegt das Limit bei 200,00 Euro, so dass ich bei den Preisen an der Algave wohl nicht allzu lange mit meinem Geld auskommen kann.

      Froh, dieses Problem nun gelöst zu haben, laufe ich mit meiner Barschaft und der EC-Karte, beides sicher in meiner Bauchtasche verstaut, in mein Quartier, welches mir doch, da es privat ist, so sicher erscheint, dass ich meine Wertsachen, zwar versteckt, aber doch im Apartment lasse. Das ist auch notwendig, da ich meine Wertsachen nicht mit an den Strand nehmen will und kann, da mir das zu gefährlich erscheint, wenn ich auch am Strand laufen oder baden möchte.

      Nun mache ich mich für den Strand fertig. Den „Hausstrand“ von Lagos kann ich von meinem Quartier aus problemlos innerhalb von zehn Minuten erreichen, da dieser im Gegensatz zu vielen anderen Stränden der Algarve direkt in der Stadt liegt. Hier kann ich gut zu Fuß gehen, wenn ich zu dem Strand gehe, der als Sandstrand, von Felsen umrahmt, liegt. Der zweite Strandabschnitt befindet sich dann auf der anderen Seite eines flussähnlichen Meeresarmes, so dass ich hier eine Fähre benutzen müsste. Auf dem Weg zum Strand komme ich an der berühmten alten Kirche von Lagos, der „Igreja de Santo Antonio“, dem „Monumento National“ und einer der schönsten Kirchen Portugals vorbei, bei der ich mir meinen Pilgerstempel holen möchte und die ich mir noch gerne ansehe. Jedoch ist die Kirche verschlossen und wird nur zu bestimmten Besuchszeiten geöffnet.

      So entscheide ich, eine halbe Stunde bei einem Café com Leite zu warten. Hier in der Fußgängerzone herrscht eine reges Treiben, ein Kommen und Gehen. Zwei, drei Pärchen sitzen nebeneinander und schweigen sich an. Ist ihnen bei diesem schönen Wetter die Urlaubslaune verregnet? Familien mit Kindern sitzen hier, mit den Kindern locker im Gespräch vertieft. Aber auch Einzelreisende haben Platz genommen und genießen die Pause zur Mittagszeit.

      Als ich dann schließlich die Kirche besichtigen will, schließt das angrenzende Museum gerade. Man teilt mir mit, dass ich heute Nachmittag ab 14.00 Uhr kommen könne.

      Also gehe ich doch zuerst zum Strand, der mich mit seinem Felsenpanorama begeistert. Zwischen einzelnen Strandabschnitten gibt es Durchgänge durch die Felsen, die Wasser umspült, zum nächsten Strandabschnitt den Zugang frei geben. Bereits vorgestern habe ich auf der Bootstour gehört, dass man bei Niedrigwasser fast durch alle Felsendurchgänge hindurchlaufen könne. Zurzeit jedoch ist das Wasser recht hoch, so dass ich nur bis zur nächsten Bucht komme.

      So liege ich in der Sonne und genieße das südliche Ambiente, muss mehrfach ins Wasser gehen, weil mir am Strand einfach zu heiß ist und ich mich abkühlen will. Das Wasser ist in meiner kleinen Bucht zwar etwas wärmer, als ich es die letzten Male beim Baden erlebt habe, aber es ist immer noch ziemlich kalt. Deswegen tauche ich nur kurz unter, um mich zu erfrischen und genieße diese schöne Landschaft lieber von meinem Badetuch aus.

      Ich sitze mit dem Rücken am Felsen und kann so wundervoll das Strandleben beobachten: Viele Kinder tollen im Wasser herum, offenbar macht es ihnen nichts aus, dass das Meer so kalt ist. Viele schwimmen bis zu einem großen Felsen, der eine