In der Literatur wird somit der vorliegende Fall dahingehend gelöst, dass die Nachzahlung im aktuellen Jahr berücksichtigt wird.6)
Handelt es sich nicht um laufenden Arbeitslohn, sondern um sonstige Bezüge, ist der Arbeitslohn in dem Kalenderjahr zu versteuern, in dem der Zufluss stattfindet (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG).
Beispiel
Ein Arbeitnehmer erhält seinen laufenden Dezemberlohn erst am 15. Januar des folgenden Jahres.
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG i. V. mit § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG gilt der Lohn im alten Jahr als zugeflossen.
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10-Tage-Regel
Bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen erfolgt der Ansatz nach der wirtschaftlichen Zuordnung der Einnahmen bzw. Ausgaben. Regelmäßig wiederkehrend sind Zahlungen, die sich in gewissen Zeitabständen aufgrund eines Dauerrechtsverhältnisses (z. B. Mietzahlungen, Schuldzinsen, Unterhaltszahlungen, Versicherungsbeiträge) wiederholen. Die Zahlungen müssen nur gleichartig sein, auf eine Gleichwertigkeit kommt es nicht an. Daraus folgt, dass die Höhe der einzelnen Beträge durchaus schwanken kann.
Grundvoraussetzung für den Ansatz nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit ist jedoch, dass der Zu- bzw. Abfluss kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem er wirtschaftlich gehört, stattfindet (§ 11 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 2 EStG). Als kurze Zeit gilt ein Zeitraum von zehn Tagen. Innerhalb dieses Zeitraums müssen die Zahlungen fällig und geleistet worden sein (H 11 „Allgemeines – Kurze Zeit“ EStH).
Beispiel
A (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG) bezahlt die Ladenmiete für Januar 2019 bereits am 28. 12. 2018.
Da es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe handelt, die innerhalb kurzer Zeit geleistet wird, wird die Ausgabe in 2019 erfasst (§ 11 Abs. 2 Satz 2 EStG, H 11 „Allgemeines – Kurze Zeit“ EStH).
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Nutzungsüberlassungen
Eine Ausnahme des Zu- bzw. Abflussprinzips des § 11 EStG gibt es bei im Voraus geleisteten Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren. Die Ausgaben sind insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG muss eine Verteilung des Aufwands für ein Damnum oder Disagio nur vorgenommen werden, soweit dieses nicht den marktüblichen Konditionen entspricht. Die Marktüblichkeit liegt nach herrschender Meinung vor, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Damnum von bis zu 5 % vereinbart worden ist7).
Diese Ausnahme besteht grundsätzlich auch bei Zufluss. Hier existiert jedoch ein Wahlrecht, ob eine Verteilung vorgenommen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Beispiel
Steuerberater S ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Er hat seine Kanzleiräume ab dem 1. 7. 2019 für die Dauer von 10 Jahren von T gemietet. Der Mietzins beträgt monatlich 1.000 €. S und T vereinbaren, dass S am 1. 7. 2019 die Miete für den gesamten Mietzeitraum im Voraus entrichtet. Er erhält dafür einen Nachlass von 20 %. S hat am 10. 7. 2019 an T einen Betrag von 96.000 € (120 Monate × 1.000 €, hiervon 80 %) überwiesen.
§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG führt dazu, dass S die Betriebsausgabe von 96.000 € nicht in voller Höhe in 2019 abziehen kann, sondern auf die Laufzeit des Mietvertrags verteilen muss. Er kann in 2019 lediglich 4.800 € (96.000 € / 10 Jahre, hiervon 50 %) als Betriebsausgabe abziehen. Er wird also hinsichtlich seiner Mietvorauszahlungen einem bilanzierenden Steuerpflichtigen gleichgestellt.
T kann nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG die Mieteinnahmen analog zu S auf den Mietzeitraum verteilen, sodass er in 2019 lediglich 4.800 € versteuern muss.
Beispiel
52Dr. Willi Wichtig (WW) hat eine Zahnarztpraxis in Würzburg. Der Gewinn wird nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Die Steuererklärung für das Jahr 2018 ist unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) veranlagt worden. Hierbei wurde der angegebene Gewinn von 500.000 € übernommen. Bei einer im Mai 2019 stattfindenden Betriebsprüfung stellte der Betriebsprüfer Folgendes fest:
1. | Aufgrund der nachhaltig gesunkenen Preise für Zahngold hat WW einen zutreffend ermittelten Betrag von 11.000 € für Wertminderung seines bevorrateten Zahngolds als Betriebsausgabe abgesetzt. |
2. | Am 23. 12. 2018 wurde WW ein neuer Behandlungsstuhl geliefert, den er nach der im Kaufvertrag vereinbarten Montage durch den Hersteller am 7. 1. 2019 sofort in Betrieb nahm. WW machte in 2018 AfA für den Behandlungsstuhl (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer: sechs Jahre) i. H. von 30 % von 400.000 € (Anschaffungskosten) = 120.000 € nach § 7 Abs. 2 EStG geltend. (Hinweis: Auf § 7g EStG ist nicht einzugehen). |
3. | WW hat am 31. 12. 2018 seinen alten Behandlungsstuhl (zutreffender Restbuchwert 31. 12. 2018: 30.000 €) für 40.000 € an einen Berufskollegen verkauft. Dieser hat den Stuhl zwar noch am 31. 12. 2018 abgeholt, den fälligen Kaufpreis i. H. von 40.000 € aber erst am 3. 1. 2019 in bar an WW übergeben. Diesen Vorgang hat WW bisher in seiner Gewinnermittlung unberücksichtigt gelassen. |
4. | WW hat am 28. 12. 2018 ein Handy, das er ausschließlich beruflich nutzt, angeschafft. Den Kaufpreis i. H. von 490 € hat WW am 5. 1. 2019 unter Abzug von 3 % Skonto (15 €) bezahlt. WW hat in 2018 die Anschaffungskosten i. H. von 475 € als Betriebsausgabe behandelt. |
5. | WW hat am 27. 12. 2018 ein Beistelltischchen für den Warteraum bestellt und den Kaufpreis i. H. von 120 € sofort bar bezahlt und auch noch in 2018 als Betriebsausgabe aufgezeichnet. Die Lieferung erfolgte am 10. 1. 2019. |
6. | Am 26. 12. 2018 wurde in die Praxisräume eingebrochen. Hierbei wurde das im Schreibtisch des WW befindliche Geld i. H. von 1.000 €, das aus einer Honorarzahlung eines Patienten stammte, entwendet. WW hat den Geldverlust in 2018 als Gewinnminderung berücksichtigt. |
7. | Eine Zahnarzthelferin von WW hat von den Bareinnahmen des Jahres 2018 2.000 € für sich behalten. Diese Unterschlagung wurde vom Steuerberater im Rahmen der Abschlussarbeiten in 2019 aufgedeckt. Daraufhin hat die Zahnarzthelferin den Schaden in voller Höhe ersetzt. Bei den Betriebseinnahmen für 2018 sind die 2.000 € bisher nicht berücksichtigt worden. |
Aufgabe
Stellen Sie die sich aus den Sachverhalten ergebenden Gewinnkorrekturen für 2018 dar. Unterstellen Sie dabei, dass WW von der Regelung des § 6 Abs. 2a EStG in 2018 bereits Gebrauch gemacht hat.
Lösung
1. | Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG ist eine Teilwertabschreibung nur beim Betriebsvermögensvergleich möglich, da bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG der Wert des Vermögens unberücksichtigt bleibt. Die von WW vorgenommene Teilwertabschreibung i. H. von 11.000 € ist daher wieder rückgängig zu machen. |
2. | Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG gelten auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung die Vorschriften über die AfA. Der Zahlungszeitpunkt ist bei Wirtschaftsgütern, die dem Unternehmen längerfristig dienen (Anlagevermögen), für den Betriebsausgabenzeitpunkt unerheblich. WW erhält in 2018 trotz der Lieferung am 23. 12. 2018 keine Abschreibung. Da die Montage durch den Hersteller erfolgt, gilt das Wirtschaftsgut erst in 2019 als angeschafft (R 7.4 Abs. 1 Satz 3 EStR). Der Gewinn 2018 ist um 120.000 € zu erhöhen. |
3. | Bei Ausscheiden eines Wirtschaftsgutes ist der Anlagenabgang als Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 EStG) zu erfassen. Der bei der Veräußerung erzielte Erlös zählt zu den Betriebseinnahmen (R 4.5 Abs. 3 Satz 1 EStR). Der Restbuchwert von 30.000 € ist folglich noch in 2018 als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (H 4.5 Abs. 3 „Veräußerung abnutzbarer Wirtschaftsgüter“ EStH). Die Einnahme i. H. von 40.000 € fließt dagegen erst in 2019 zu. Sie ist demnach erst zu diesem Zeitpunkt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen (H 4.5 Abs. 2 „Zufluss . . .“ EStH). Die Ausnahmeregel
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